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0779 - Der Nebelwolf

0779 - Der Nebelwolf

Titel: 0779 - Der Nebelwolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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sorgte für eine gute Deckung. Er würde auch noch bleiben, und ich machte mich auf einen weiteren Angriff gefasst. Ein anderer jedoch war wichtiger.
    Hoss Ivory hatte eine Chance erhalten, sie jedoch nicht genutzt.
    Vielleicht hatte er auch zuschauen wollen, wie mich der Werwolf zerfleischte, das allerdings war nicht geschehen, und ich musste mich um Hoss kümmern.
    Er stand wieder auf den Beinen.
    Langsam ging er zurück, schaute sich um und schien noch nicht begriffen zu haben, dass ich sein Gewehr besaß.
    Zwar war es mir entfallen, doch ich brauchte mich nur zu bücken, um es aufzuheben.
    Wieder legte ich auf ihn an.
    Diesmal war niemand in der Nähe, der ihm helfen konnte. Aber er wollte auch nicht aufgeben. Der Nebel sollte ihn schützen. Ich vereitelte eine Flucht, war mit wenigen Schritten bei ihm und stieß Hoss zurück.
    Er stolperte über seine eigenen Füße und fiel gegen die weichen Äste der Trauerweide, die ihn nicht auffingen. Zwar wollte er sich noch daran festklammern, es gelang ihm jedoch nicht. Die dünnen Ruten rutschten durch seine Hände. Beinahe im Zeitlupentempo fiel er auf den Rücken.
    Ich drückte mich ebenfalls durch den Vorhang, richtete das Gewehr nach unten, legte auf ihn an und ließ ihn in die Mündung schauen. »Es hat keinen Sinn, Hoss.«
    Ivory sagte nichts. Er blies mir nur seinen keuchenden Atem entgegen. Wir beide waren unterhalb des Baumes nicht mehr als Schatten und schienen zu einem Teil der Finsternis geworden zu sein. Ich wechselte das Gewehr in die linke Hand und klemmte den Kolben unter dem Arm fest. So konnte ich auf Ivory zielen und hatte die rechte Hand für meine Lampe frei.
    Ich musste einfach in sein Gesicht leuchten, um zu sehen, ob sich dort etwas verändert hatte. Der Blick seiner Augen würde mir einiges sagen. Er konnte sie nicht schnell genug schließen, als der Strahl sie erwischte.
    Ich hatte genug gesehen.
    Die Augen hatten sich verändert. Sie waren verdreht und stumpf, sie hatten ihren alten Glanz verloren und einen starren Ausdruck angenommen. Hoss war nass, er roch nach altem Wasser, aber er war nicht ertrunken. Jemandhatte ihn gerettet. Ich ging davon aus, dass es der Nebelwolf gewesen war, weil der wiederum einen Diener brauchte.
    »Kannst du reden?«
    Ivory verzog den Mund. Tief aus seiner Kehle drang ein Urlaut, der kaum mehr etwas Menschliches an sich hatte. Ich wusste Bescheid. Hoss stand voll und ganz unter dem Einfluss des Bösen.
    Dann kroch er zurück. Die Augen hielt er geschlossen, er drehte sich auch, sodass ich auf seinen Rücken schauen konnte. Mir wurde in diesem Augenblick klar, dass ich von einem Menschen wie ihm nichts erfahren würde.
    Es gab deshalb nur eine Möglichkeit für mich. Ich musste Hoss Ivory ausschalten. Allerdings auf eine Art und Weise, die meinem persönlichen Gusto entsprach.
    Bevor er mir »entkriechen« konnte, stand ich neben ihm. Mit dem Fuß drehte ich ihn auf den Rücken. Er schrie wütend auf und schlug mit einer ungelenk wirkenden Armbewegung nach mir.
    Das Gewehr war schneller.
    Ich hatte es gedreht. Der Kolben krachte gegen seinen Kopf. Nach dem dumpfen Geräusch fiel Hoss zur Seite und blieb bewusstlos liegen. Es war aus und vorbei.
    Ich fühlte nach seinem Puls. Positiv.
    Auch sein Herzschlag war noch zu spüren. Ich konnte nur hoffen, dass die Bewusstlosigkeit lange genug anhielt. Vielleicht würde alles anders werden, wenn erst einmal der Tag angebrochen war und die Dunkelheit vertrieben wurde.
    Stille umgab mich, hin und wieder unterbrochen, wenn sich die dünnen Zweige der Trauerweide durch einen Windstoß bewegten.
    Ich hatte vorgehabt, zu den Graves zurückzugehen, um zu telefonieren. Das hatte ich auchnicht vergessen und verließ den Schutz der Trauerweide. Das Gewehr nahm ich mit.
    Ich sah das Licht hinter den Fenstern, das mir sehr schwammig vorkam, als wäre es verdunkelt worden. Dies wiederum gab mir zu denken. Es bestand die Gefahr, dass die dunklen Nebelschleier und düsteren Wolken durch das Mauerwerk des Hauses nach innen gedrungen waren und dort die Menschen beeinflusst hatten.
    Die Sorgen, die ich mir um Vater und Sohn machte, wuchsen an.
    Das Haus kam mir unheimlich vor, ich selbst wurde zu einem Menschen, der sich einem Totenhaus näherte.
    Nein, ich spürte keine Angst.
    Es war etwas anderes, das in mir hochgekommen war. Ein Gefühl der Spannung, der Unruhe und gleichzeitig auch der Depression, denn ich würde kaum etwas gegen den Nebel ausrichten können, falls er das Haus

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