0779 - Der Nebelwolf
gegen die Treppe, auch sein Hinterkopf wurde nicht verschont. Ich hörte ihn noch seufzen, dann sackte er plötzlich zusammen und blieb bewusstlos liegen.
Glück gehabt, Alter, dachte ich und nahm Jim das Messer weg. Ich steckte die Klinge in den Spalt zwischen zwei Bohlen, gab seitlich Druck und brach sie ab.
Allmählich wurde es mir zu viel. Wieder einmal merkte ich, wie allein ich hier in Trevine stand. Und noch lauerte draußen der verfluchte Nebelwolf.
Ich hatte es auch gelernt, meine Kräfte richtig einzuschätzen. Es konnte durchaus sein, dass ich auf verlorenem Posten stand, aber das sollte nicht so bleiben.
Suko musste Bescheid wissen, auch Sir James. Er konnte die uniformierten Kollegen alarmieren, damit diese einen Ring um den Ort schlossen und niemanden herausließen.
Das war die einzige Möglichkeit, die mir blieb.
Diesmal wurde ich nicht gestört, als ich telefonierte. Nur meldete sich Suko nicht.
Ich spürte eine Gefühl wie Feuer in meinem Körper brennen. Da stieg die Wut in mir hoch. Ausgerechnet in dieser Nacht oder an diesem Abend war er nicht zu Hause. Enttäuscht legte ich den Hörer wieder auf. Ich ließ es bleiben und versuchte es bei Sir James. Oft genug saß er bis Mitternacht im Büro, aber auch er meldete sich nicht.
Allmählich wurde ich nervös.
Ich dachte an seinen Club. In den fuhr er beinahe jeden Tag. Wenn ich ihn dort nicht erreichen konnte, würde ich es in seiner Wohnung versuchen.
Im Club hatte ich Glück. Der Butler mit der etwas nasalen Stimme wurde von mir auf Vordermann gebracht, als er mir zu langsam reagierte. Zudem wusste er, dass Sir James des Öfteren gestört wurde und dass es immer wichtig war.
Darüber war auch Sir James informiert. Er ließ alle Floskeln beiseite und kam sofort zur Sache. »Was ist los, John?«
»Sir – die Hölle.«
»Aber Sie leben.«
»Ja, mehr schlecht als recht. Nur werde ich es allein kaum schaffen können. Ich brauche Unterstützung.«
»Bitte von vorn, John.«
Den Gefallen tat ich ihm gern. Ich redete knapp, ließ nichts Wichtiges aus und bat um zwei Dinge. »Schicken Sie mir Suko her und Bereitschaftspolizisten, die den Ort abriegeln.«
»Das lässt sich machen, John.«
»Gut. Und Suko.«
Der Superintendent räusperte sich. Ich hörte ihn laut atmen. »Genau das ist das Problem, John.«
Ich war noch zu sehr durcheinander, um sofort zu begreifen.
»Wieso ist das ein Problem?«
»Er ist nicht da.«
»Wie?«
»Nicht hier, John.«
»Sondern?«
»Da Sie nicht hier waren, musste ich ihn vor einigen Stunden nach Frankreich schicken. Abbé Bloch rief an. Er befürchtete das Schlimmste.«
Ich merkte, wie ich vereiste. »Was denn, Sir?«
»Den Massentod seiner Templer!«
***
Ich gehöre nicht zu den Menschen, die man schnell sprachlos machen kann. In diesem Fall aber versagte mir die Stimme, und in meinem Hals saß plötzlich ein Kloß. Der Boden und die Wände bewegten sich unter meinen Füßen, ich starrte gegen die Decke, die ebenfalls Wellen geworfen hatte. Ich räusperte mir die Kehle frei und wollte wissen, ob ich mich nicht verhört hatte.
»Nein, das haben Sie nicht.«
»Aber… aber … wieso denn?«
»Ich kann es Ihnen nicht sagen, John, aber der Abbé hat von einer schlimmen Gefahr gesprochen, die im Anmarsch ist. Er wollte Helfer haben, unter anderem auch Sie. Vor allem Sie, aber ich konnte da nichts für ihn tun. Deshalb ist Suko geflogen.«
Der Hörer in meiner Hand verwandelte sich in Blei. Er war schwer, ich hatte Mühe, ihn festzuhalten, starrte ins Leere und schüttelte einige Male den Kopf. Der kalte Schweiß war mir aus den Poren getreten, hinter meiner Stirn tuckerte es, und selbst meine Unterlippe bebte. »Damit habe ich nicht gerechnet, Sir.«
»Das kann ich mir denken.«
»Hat der Abbé denn nicht gesagt, welche Gefahr es ist, die sich da nähert?«
»Nein, er konnte sie selbst nicht identifizieren, aber er fürchtete auch um den Skelett-Sessel.«
»Ja, ja, das kann ich mir denken.«
»Ich hätte nicht anders handeln können. Jedenfalls sprach er von einer alten Gefahr aus der Ferne.«
»Das ist zu wenig.«
»Da stimme ich Ihnen zu, John.«
»Was haben Sie mit Suko vereinbart?«
»Nicht viel, das war auch nicht möglich. Ich habe ihm nur gesagt, dass er sich melden soll, wenn er in Alet-les-Bains ist. Das wird noch dauern, wie Sie wissen.«
»Klar, das weiß ich. Nur löst es mein Problem hier in Trevine leider nicht.«
»Wie schlimm ist es?«
»Ich habe mir noch keinen Überblick
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