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0779 - Der Nebelwolf

0779 - Der Nebelwolf

Titel: 0779 - Der Nebelwolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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tatsächlich erreicht hatte.
    Die Eingangstür war nicht verschlossen. Mit dem Knie drückte ich sie auf. Dabei lauschte ich dem knirschenden Geräusch, das bei ihrer Bewegung entstand.
    Stille…
    Eine gefährliche Stille. Ich kannte diese Totenruhe und konnte nicht eben behaupten, dass ich mich wohl fühlte. Keine Stimme, die mich begrüßte, nicht einmal ein Räuspern oder ein anderer Laut. Die Ruhe lag wie ein dickes Tuch über der Wohnung.
    Ich ging weiter. Meine Füße schleiften über den Boden. Ich räusperte mich. Wenn jemand im Haus war, sollte er wissen, dass er Besuch bekommen hatte. Vielleicht verhielt ich mich taktisch falsch, was mir in diesem Augenblick egal war.
    Es gab keine Reaktion. Niemand fragte, wer da war und warum er gekommen war.
    Nur die Stille blieb.
    Ich wandte mich nach links. Dort ging es zum Wohnraum. Ein schwacher Lichtstreifen wies mir den Weg. Falls sich die Schatten in diesem Haus ausgebreitet hatten, dann würden sie auch dem Licht einen Teil seiner Helligkeit genommen haben.
    Der Weg in den Wohnraum fiel mir auch deshalb schwer, weil mich mein Optimismus verlassen hatte. Es war alles so anders geworden. Dieses Haus hatte einen unsichtbaren Gast bekommen, und ich machte mich auf das Schlimmste gefasst.
    Das Licht im Wohnraum brannte noch. Allerdings so schwach, dass es den Namen kaum verdiente.
    Ich betrat den Raum und lehnte das Gewehr neben der Tür an die Wand. Es gibt Momente, da muss man sich einfach auf sein Gespür verlassen. Das trat hier ein. Ich wusste, dass ich nicht allein im Wohnraum war, und ich wusste gleichzeitig, dass die Gefahr mich nicht unmittelbar berührte.
    Links von mir stand das Sofa. Als ich hinschaute, sah ich es leer, aber vor dem Sitzmöbel lag ein langer Schatten am Boden, der in seiner oberen Hälfte einen helleren Umriss bekommen hatte. Der Schatten bewegte sich nicht. Er war starr wie ein Toter, und als ich ihn Sekunden später im Schein meiner kleinen Leuchte genauer sah, da musste ich feststellen, dass er tatsächlich tot war.
    Erstickt durch ein Kissen!
    Es lag auf seinem Gesicht. Trotzdem wusste ich, dass es Malcolm Graves war. Ich zog das Kissen zur Seite und schaute in ein Gesicht, dessen Ausdruck mich schaudern ließ.
    Der Mund stand noch weit offen. Zähne hatten in das Kissen hineingebissen und einen Abdruck hinterlassen. Der Mann hatte versucht, bis zum letzten Augenblick in seinem Leben nach Atem zu schnappen. Es war ihm nicht mehr gelungen. Er war elendig erstickt, er hatte es auch nicht geschafft, das Kissen von seinem Gesicht zu lösen. Wahrscheinlich deshalb nicht, weil es sein Mörder mit großer Kraftanstrengung festgehalten hatte, bis der Mann tot gewesen war.
    Ein Mörder, den ich kannte.
    Jim Graves, der Sohn!
    Es war furchtbar für mich, diesen Gedanken zu führen. Ich würde mich damit nicht anfreunden können, aber ich musste es leider akzeptieren, und ich fühlte mich verdammt schlecht. Zusätzlich auch so schrecklich einsam und verlassen. Hier hatte die normale Welt einen Riss bekommen. Das Böse hatte es geschafft, sich den Weg zu bahnen, und auch ich war davon nicht verschont geblieben. Indirekt hatte es mich erwischt und mir demonstriert, wie machtlos ich war.
    Diese Entdeckung war insofern so schlimm für mich, weil ich davon ausging, dass dies kein Einzelfall war. Die schwarze Flut hatte den gesamten Ort überschwemmt. Mir war nicht bekannt, wie viele Menschen hier lebten, doch jedes Opfer war zu viel. Das konzentrierte Böse schaffte es, die Menschen zu verändern. Es drückte die guten, die positiven Seiten zurück und holte das andere hervor, sodass der Teufel darüber lachen konnte.
    Ich war in ein tiefes Loch gefallen. Hinein in die Erde, die mich verschlang. Das Wissen, völlig allein zu stehen, machte mich bald wahnsinnig, und dabei hatte diese verdammte Nacht erst angefangen.
    Als meine Knie anfingen zu schmerzen, da spürte ich, wie angestrengt meine Haltung war. Ich stand auf, drehte mich um, sah das schwache Licht und leuchtete mit der eigenen Lampe durch den Raum, ohne etwas entdecken zu können.
    Natürlich machte ich mir meine Gedanken, und fragte mich, ob sich der Mörder noch im Haus aufhielt. Es wäre eigentlich Unsinn gewesen, wenn er das getan hätte, aber man konnte bei ihm nie wissen, wie er sich verhielt. Vielleicht war er dem Werwolf nachgelaufen oder hatte sich an einen anderen Ort begeben, um dort in Ruhe weitertöten zu können. Die schwarze Flut hatte die Menschen verändert. Nichts war mehr

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