078 - Küss’ niemals Choppers Geisterbraut
auch etwas mit dem mysteriösen Verschwinden
von acht Menschen zu tun zu haben. Hing das alles irgendwie zusammen?
»Was soll ich dir verraten?«
»Zum Beispiel: Wer ist Billy?«
»Er wohnt hier. Ein Bekannter. Er besorgt mir all die
schönen Sachen. Ihm fällt immer etwas Neues ein. Er ist ein prima Kerl.«
»Hm, scheint mir auch so. Dies Haus ist ein wahres
Paradies.«
»Ja, man kann wunderbar in ihm spielen.«
»Gehst du auch manchmal raus, Mee?« Da fuhr sie
zusammen und wirkte erschrocken. »Nein, niemals. Und dir würde ich es auch
nicht empfehlen. Billy ist der Einzige, der es wagen kann. Ich nehme an, dass
er dich heimlich mitgebracht hat.« Nun wuchs Larrys Überraschung wieder. Der
Widerspruch zu vorhin war allzu offensichtlich. Da sprach Mee davon, dass sie Billy mit der Anwesenheit Larrys in
Aufregung versetzen wolle. Hatte sie vergessen, was sie da erwähnt hatte? Die
Frau war geistig umnachtet. Daran gab es keinen Zweifel. Sie hielt sich für eine
Neunjährige und war fest überzeugt davon, dass draußen vor der Tür eine
furchtbare Welt begann. Eine Welt, die sie zu meiden hatte. Dieses Haus war
ihre Welt, ihr Kosmos. Sie lebte zwischen all dem Plunder und schien sich darin
offensichtlich wohl zu fühlen. Larry war nicht weiter als zuvor. Mee deutete
nach oben zur hochgeklappten Bodenplatte.
»Öffne sie... wir steigen auf den Dachboden. Wenn
Billy heimkommt, lassen wir ihn suchen. Das ist mein liebstes Spiel... Manchmal
irrt er stundenlang durchs Haus, ehe er mich findet. Hier gibt’s tausend und
mehr Versteckmöglichkeiten. Schnell, ehe er wieder zurückkommt.« X-RAY-3
stellte sich auf die Zehenspitzen und zog die Luke herunter. Eine Notleiter
klappte heraus, auf der man zum Dachboden hinaufkam.
»Willst du kein Licht anknipsen, Mee?« fragte er. Das
Ganze spielte sich noch immer im Schein der Taschenlampe ab. »Nein, warum? In
der Dunkelheit ist das alles viel spannender.«
»Aber, auch gefährlicher«, ermahnte Larry die seltsame
Alte.
»Wieso gefährlich?«
»Man kann fallen und sich wehtun.«
»Unsinn. Doch nicht in der Dunkelheit.«
»Kannst du denn darin sehen, Mee?«
»Ja. Ich habe prima Augen. Billy sagt auch immer, dass
er im Dunkeln Schwierigkeiten hätte. Ich verstehe das nicht.« X-RAY-3
unterdrückte eine Bemerkung. Auch er verstand immer weniger. Dieses alte Haus
steckte voller Rätsel und Geheimnisse, und wahrscheinlich gab es nur eine
Person, die sie erklären konnte. William Wayer...
»Geh voran, Mee«, forderte er die Alte auf. Er konnte
sich einfach nicht vorstellen, wie sie mit dem großen Fell, in dem sie steckte,
die Nottreppe hochkommen und durch die quadratische Deckenöffnung schlüpfen
wollte. Das Fell wog einiges, und man merkte der alten Frau an, dass jeder
Schritt darin eine große Anstrengung für sie bedeutete. Dennoch gab sie nicht
auf. Stur und hartnäckig wie ein Kind wollte sie ihren Kopf durchsetzen. Es gelang ihr, auf die unterste
Stufe der Nottreppe zu kommen. In dem plumpen Kostüm wurde jeder Schritt zur
Qual.
»Leg’s ab«, schlug Larry Brent vor. »Es ist besser,
wenn du es auf dem Dachboden wieder anziehst. Warum machst du’s dir so schwer,
wenn’s auch einfacher zu haben ist?«
»Das ist mein Problem«, schnaufte Mee. Sie konnte sich
mit den großen Pranken kaum an der Leiter festhalten, und Larry fürchtete das
Schlimmste. »Ich hab mir das vorgenommen und dabei bleibt’s...« Sie war
starrsinnig. »Außerdem hast du mir nichts zu befehlen! Ich bin hier zu Hause...
und du bist nur gekommen, um mit mir zu spielen. Wenn du nicht tust, was ich
von dir verlange, werfe ich dich raus...«
Sie war fast so resolut wie Emily Bybbs, dachte Larry.
Er ließ die alte Mee gewähren, behielt sie aber im Auge, um sofort zuzupacken,
wenn es sich als notwendig erweisen sollte. Er wusste nicht, wohin dieses
seltsame Spiel, auf das er sich eingelassen hatte, führte. Aber er war bereit,
es bis zum Ende zu spielen, in der Hoffnung, einen Zipfel des Geheimnisses
dabei zu lösen, das dieses alte Haus umgab. Doch so weit kam es nicht.
Plötzlich flammte Licht auf. In den Räumen unten und im Treppenflur wurde es
schlagartig hell.
Der PSA-Agent wandte den Kopf. Vom Parterre näherten
sich Schritte. Sie wurden auf dem ächzenden Dielenboden nicht nur von einer
Person verursacht, sondern von mehreren. Mee zögerte sofort wie gelähmt mitten
in ihrem Aufstiegsversuch. Unten an der Treppe tauchten drei Personen auf.
Emily Bybbs, sein Freund Chief-Inspector
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