0783 - Der Tunnel
persönliche Zukunft. Er stellte sich vor, dass ihn die Vorgesetzten wieder einstellen mussten, anderes blieb ihnen nicht übrig. Es hatte sich alles aufgeklärt. Möglicherweise konnte Ed wieder so weit hergestellt werden, dass er seine Arbeit fortführte.
Natürlich musste er berichten, und Jake würde alles aus erster Hand erfahren. Diese Nacht würde sehr spannend werden.
Er blieb neben dem Telefon stehen. Die Nummer des Vizepräsidenten hatte er im Kopf. Was würde dieser Typ wohl sagen, wenn er ihn anrief und ihm die Wahrheit erklärte? Würde er durchdrehen, ihn auslachen oder alles glauben?
Nein, Hände weg vom Telefon! So leicht wollte er es den Typen nicht machen. Sie hatten ihn zu sehr malträtiert, er würde sich schon einen Plan ausdenken, das stand fest.
Das Glas war beinahe leer. Braddock spürte bereits die Wirkung.
Er kam sich leicht vor, die Probleme waren in den Hintergrund gedrückt worden, ohne allerdings zu verschwinden.
Aus dem Bad hörte er nichts. Wenn Lisa mit Ed sprach, tat sie es zumindest leise. Auch als Braddock in den Flur ging, war von den beiden nichts zu verstehen.
Er zündete sich eine Zigarette an. Er rauchte selten, eigentlich hatte Lisa immer geraucht, während der Schwangerschaft aber davon gelassen. Paffend schlenderte Jake auf und ab, jetzt brannte ihm die Zeit unter den Nägeln, und als er die Kippe in einem Ascher zerstampft hatte, wollte er nicht länger warten.
Er ging zu Lisa und Ed.
Sie sah ihn nicht kommen, weil sie der Tür den Rücken zudrehte und gebückt neben Halloran stand. Der sah aus wie eine Mumie.
Lisa hatte ihn so gut wie möglich verpflastert und verbunden. Jetzt konnte nur gehofft werden, dass die Wunden auch heilten.
Braddock räusperte sich.
Lisa fuhr hoch und drehte sich um. Sie hatte sich erschreckt.
»Himmel, kannst du nicht…?«
»Pardon, aber wie weit bist du?«
»Okay. Ich möchte nur, dass er von dir noch eine Hose und ein Hemd anzieht. Kannst du das holen?«
»Sicher.« Braddock verschwand nach oben, wo das Schlaf- und Ankleidezimmer der beiden lag. Er schaute in seinem Schrank nach.
Dort hing genügend Kleidung, die auch Halloran passen müsste.
Dass sie etwas zu weit war, sollte ihn nicht stören.
Er entschied sich für eine Cordhose und ein grünes Flanellhemd.
Auch eine schwarze Strickjacke nahm er mit. Die konnte sich Ed überstreifen, wenn er fror.
Wieder im Bad, wunderte er sich, denn jetzt stand sein Freund und Kollege auf beiden Beinen. In seinem Gesicht lagen nur die Augen frei, der rissige Mund und die Nasenlöcher. So lief er nicht Gefahr, zu ersticken und konnte auch selbst reden. Lisa zog ihn noch an und führte Ed wie ein Kind aus dem Bad.
Braddock war stolz auf seine Frau. Was sie schaffte, das hätten nur die wenigstens gebracht. Im Wohnraum wurde Ed in einen Sessel gedrückt. Er bekam Wasser zu trinken, um das er mit zitternder Stimme gebeten hatte.
»Auch etwas zu essen?«, erkundigte sich Lisa.
»Nein, nicht.«
»Aber noch Wasser?«
Als Antwort reichte er ihr das leere Glas. Braddock ging und füllte es wieder. Er kehrte zurück und sah, dass sein Freund die Beine ausgestreckt hatte. Er murmelte etwas vor sich hin, was Lisa und Jake nicht verstanden. Danach trank er. Er leerte das Glas bis zum letzten Tropfen, stellte es ab und lächelte.
Lisa krampfhaft zu. »Ich… ich muss mich bedanken …«
»Unsinn.«
»Doch, ich… ich …«, er wischte über seine Augen, in denen Tränenwasser schimmerte. »Ohne euch«, flüsterte er, »aber ich habe es aus eigener Kraft geschafft …« Seine Stimme versickerte.
Braddock hatte auf einem kleinen Hocker Platz gefunden. Es war mehr eine gepolsterte Bank mit vier krummen Füßen. »Kannst oder willst du uns denn sagen, was passiert ist?«
Ed überlegte.
»Bitte, Ed, du brauchst es nicht zu tun, aber ich hatte deinetwegen die Hölle durchgemacht. Mich wollen sie entlassen, weil du verschwunden bist und ich meine Aufsichtspflicht verletzt habe. Aber jetzt bist du wieder da, und man wird Erklärungen von dir erwarten…«
»Bitte, Jake«, unterbrach Lisa ihn. »Was ist unser Schicksal schon gegen das unseres Freundes?«
»Sorry, aber…«, Jake hob die Schultern. »Du weißt selbst, was ich durchgemacht habe.«
»Ich war im Tunnel!« Hallorans Worte tropften in die Stille. Sie zerstörten den Dialog der Eheleute.
»Was geschah dort?«
»Ich ging weiter. Ich fand die Höhle, dort sah ich die Dunkelheit. Sie hat mich gefressen…«
Braddock schloss die
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