0784 - Die Rache der Feuerflieger
meinte ich, einen Wahn entwickelt, dem alles, was einer fortschrittlichen Technologie angehörte, gefährlich erschien.
Dann aber hatten sie sich ablenken lassen. Ich erinnerte mich deutlich, daß sie ihre feindselige Haltung nicht" gleich in dem Augenblick aufgegeben hatten, als Bluff unter dem offenen Luk erschien, sondern erst ein paar Sekunden später. Ursprünglich hatten sie auch den Jungen als Feind betrachtet. Dann aber war plötzlich ein radikaler Sinneswandel eingetreten. Ich konnte mir das lange Zeit nicht erklären - bis in meinem Gedächtnis die Erinnerung an eine Überlieferung aus der Frühgeschichte der Menschheit auftauchte.
Unter vielen primitiven Völkern, die die Erde noch fast bis zum Ausgang des zweiten Jahrtausends bevölkerten, hatte der Geistesgestörte als verehrungswürdig oder sogar heilig gegolten.
Man glaubte, daß übergeordnete Geister von seinem Verstand Besitz ergriffen hätten und sein Körper zur Wohnung der Geister geworden sei. Besonders intensiv war dieser Brauch unter den Indianern des amerikanischen Doppelkontinents gepflegt worden.
Bluff Pollard war sicherlich nicht im pathologischen Sinne geisteskrank. Aber er hatte von der Begegnung in Namsos schweren psychischen Schaden davongetragen.
Er war „nicht normal", wie sich der Laie ausdrückte. Die Frage war: Hatten die Mucierer seinen Zustand erkennen können? Und gab es unter ihnen dieselbe Einstellung Geisteskranken gegenüber, wie sie die Indianer des irdischen Altertums gehabt hatten?
Ich trug Douc Langur meine Hypothese vor. Aber der Forscher wußte weder etwas von den Bräuchen der alten Indianer, noch erschien ihm meine Theorie sonderlich plausibel. Er widersprach mir nicht direkt, dazu war er zu höflich. Aber er ließ das Thema bei nächster Gelegenheit wieder fallen.
Wir besprachen die Schritte, die als nächste getan werden mußten. Zwei Dinge standen zur Debatte: Bluffs Befreiung und das Auffinden der Station, deren Lage uns Jentho Kanthall offenbar nicht besonders genau geschildert hatte.
„Es scheint mir, daß der Junge sich in relativer Sicherheit befindet", ließ Douc Langur verlauten. „Solange er als Gottheit behandelt wird, geht es ihm gut. Vielleicht sollten wir also nach der Station suchen."
Ich war damit einverstanden, obwohl ich nicht mehr daran glaubte, daß die Besatzung der Station die Große Katastrophe überlebt hatte. Wir kehrten zur HÜPFER zurück. Douc Langur setzte das kleine Fahrzeug in Bewegung. Wir flogen zunächst um die östliche Rundung des Tafelfelsens herum und dann das Tal entlang nach Norden. Schließlich bogen wir nach Westen ein und erreichten die zerklüftete Bergkette, die den westlichen Rand des Hochtals bildete, an einem Punkt, der nordnordwestlich der ehemaligen Burg der Ploohn-Königin lag.
Von dort aus folgte Douc Langur dem Kamm des Gebirges in südlicher Richtung. Wir bewegten uns etliche hundert Meter über den höchsten Gipfeln und hatten einen weiten Rundblick. So, meinten wir, könne uns die Station nicht entgehen.
Innerhalb einer Stunde flogen wir den größten Teil des Westgebirges ab. Noch immer entzog sich die Station unseren Blicken. Auch Doucs Orter bekam die Station, nicht zu fassen.
Das bedeutete, daß die Geräte des kleinen Stützpunkts nicht mehr in Betrieb waren. Der Orter hätte sonst die energetische Streustrahlung bemerkt.
Allerdings mußte man bemerken, daß das Gebirge besonders im Südabschnitt von einer unglaublichen Wildheit und Zerrissenheit war. Wollten wir jede einzelne Schlucht, jedes Seitental, jeden der mitunter tausend Meter weit eingeschnittenen Talkessel absuchen, würden wir Jahre brauchen. Ich hatte eine andere Idee. Wenn hier in der Nähe Menschen lebten - oder gelebt hatten -dann mußte es von ihnen Spuren geben, die zu klein und zu undeutlich waren, als daß wir sie von Bord der HÜPFER aus hätten ausmachen können.
Ich dachte an weggeworfene Proviantbehälter, an Reste von Kleidungsstücken, vielleicht auch die Brennspur eines Blasterschusses. Um solche Spuren zu finden, mußten wir landen und uns zu Fuß umsehen. Douc Langur war mit meinem Vorschlag einverstanden. Er fand ein kleines Felsplateau, auf dem er die HÜPFER absetzte. Er selbst wollte an Bord bleiben.
Augustus und ich machten uns auf die Suche - getrennt, weil wir so eine größere Fläche bearbeiten konnten.
*
Das Gelände war schwierig. Unter normalen Schwerkraftverhältnissen hätte ich hier keinen Fuß vor den ändern setzen mögen. Aber die
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