Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0786 - Ort ohne Wiederkehr

0786 - Ort ohne Wiederkehr

Titel: 0786 - Ort ohne Wiederkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timothy Stahl
Vom Netzwerk:
Dorf so fehl am Platze war, wie es nur sein konnte.
    Als ihm, wie erwartet, keine der Türen aufgetan wurde, stellte er fest, dass sie zudem noch abgesperrt beziehungsweise verriegelt waren. Und mit Gewalt wollte er sich nicht Einlass verschaffen -noch nicht zumindest…
    Er versuchte, durch Fenster ins Innere einiger Häuser zu sehen. Aber die Scheiben starrten derart vor Dreck, dass er nichts erkennen konnte.
    Dann verlegte er sich aufs Rufen. Der Nebel dämpfte seine Stimme. Dennoch musste man ihn hören, wenn sich jemand in der Nähe befand. Aber es antwortete niemand.
    Das Dorf war leer.
    Nein, korrigierte er sich im Stillen, es war wie ausgestorben. Regelrecht tot.
    Zamorra konnte es spüren, als sei der Tod selbst anwesend Als schliche ihm der Schnitter höchstpersönlich nach, mit erhobener Sense, um sich auch ihn, den einzigen Lebenden hier, noch zu holen.
    Unwillkürlich und schaudernd warf der Parapsychologe einen Blick über die Schulter - und erstarrte.
    Er musste sein eben gefasstes Urteil revidieren.
    Das Dorf war nicht bar allen Lebens.
    Nicht ganz jedenfalls…
    Ein Stück entfernt, an der Ecke eines Hauses, stand ein kleines Mädchen.
    Und es sah ihn an, als warte es auf ihn,
    ***
    Das Mädchen mochte acht oder neun Jahre alt sein. Schwarze Locken umrahmten ein blasses Gesicht mit ausdrucksloser Miene, die dunklen Augen fixierten Zamorra. Das Kind trug ein hübsches, mit Rüschen verziertes Kleidchen; wohl das, was man früher einmal Sonntagskleid genannt hatte.
    Ebenso wie das plötzliche Auftauchen des Mädchens überraschte Zamorra aber noch etwas anderes, das er erst auf den zweiten Blick feststellte: Die Kleine kam ihm bekannt vor, vertraut. Zugleich aber war er sich ziemlich sicher, sie noch nie gesehen zu haben.
    Merkwürdig …, dachte er, behalf sich aber mit der Erklärung, dass das Mädchen ihn wohl nur an jemanden erinnerte, den er einmal gekannt hatte. Vielleicht an ein Mädchen aus seiner Schulzeit, deren Namen er längst vergessen hatte.
    Dennoch, er konnte nicht leugnen, dass der Anblick des Kindes etwas in ihm anrührte. Es weckte seinen Beschützerinstinkt mit einer Macht, die über das normale Maß hinausging.
    Sehr seltsam, befand er abermals. Dann endlich setzte er ein Lächeln auf und sprach das Mädchen an.
    »Hallo.«
    Mit unverändert regloser Miene dr ehte sich das Mädchen um und verschwand hinter der Hausecke.
    »Hab ich was Falsches gesagt?«, wunderte sich Zamorra mit einem schiefen Grinsen, eilte zu der Ecke und sah herum .
    In einiger Entfernung zeichnete sich die Gestalt des Mädchens schemenhaft im Nebel ab. Und wenn er sich nicht täuschte, winkte ihm die Kleine zu. Öder bedeutete ihm mit einer Geste, ihr weiter zu folgen, ehe sie sich tiefer in die zunehmend dichter werdende »Waschküche« zurückzog.
    »Warte!«, rief Zamorra ihr zu. »Ich möchte nur mit dir reden!«
    Aber da war das Kind bereits verschwunden.
    Zamorra folgte ihm, fand es wieder, aber auch jetzt hieß ihn das Mädchen nur mit einer Handbewegung, ihm nachzugehen, ohne etwas zu sagen.
    Das wiederholte sich noch ein paar Mal, bis Zamorra klar wurde, dass das Mädchen ihn zur Kirche des Dorfes führte. Aber nicht etwa hinein, sondern daran vorbei und durch ein eisernes Gittertor, das in eine knapp mannshohe Bruchsteinmauer eingelassen war.
    Sie befanden sich jetzt auf dem Friedhof, den Zamorra schon von außerhalb des Dorfes aus gesehen hatte.
    Nebelschwaden krochen wie die Geister der hier Begrabenen um die Grabsteine und -kreuze herum, als suchten sie Ritzen im Boden, um zu ihren sterblichen Überresten hinab zu gelangen.
    Das Mädchen stand rechter Hand inmitten eines augenscheinlich frischen Gräberfeldes. Die länglichen Erdhügel waren noch nicht eingesunken, die Grabsteine nicht verwittert und moosbewachsen.
    Die Grabsteine…
    Etwas daran irritierte Zamorra ein wenig. Er ließ den Blick über den Friedhof schweifen, und dann wusste er, was es war.
    Die anderen Grabsteine des Friedhofs unterschieden sich voneinander, in Form und Größe etwa. Die Grabmäler, die in drei säuberlichen Reihen um das Mädchen her standen, glichen einander, fast wie ein Ei dem anderen. Und sie waren sehr schlicht gehalten, ohne liebevolle, aufwendige Verzierungen und dergleichen.
    Das war natürlich nicht wirklich ein Grund, argwöhnisch zu werden, aber für Zamorra auf jeden Fall Grund genug, sich diese Grabsteine einmal aus der Nähe anzusehen. Zumal er dort ja sowieso hinwollte, weil er endlich mit dem

Weitere Kostenlose Bücher