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0788 - Herr der Insekten

0788 - Herr der Insekten

Titel: 0788 - Herr der Insekten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W.K. Giesa
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gelegenen Atomkraftwerk stattfand. Große Teile Europas wurden radioaktiv belastet. Die Strahlung in Tschernobyl selbst war so intensiv, dass das Unfallgebiet weiträumig evakuiert werden musste.
    Trotz der Katastrophe wurde der Betrieb des Kernkraftwerks in dreien der vier Reaktorblöcke weitergeführt. Erst am 15. Dezember 2000 wurde schließlich der letzte Reaktorblock aus der Atomstrom-Produktion genommen und stillgelegt.
    DYC übernahm damals Teile der Evakuierungsflüge. Daro Yol, der dafür sorgte, dass die Frachtmaschine auch Menschen transportieren konnte, befand sich noch selbst in der 16.800-Einwohner-Stadt, als er gleich dreimal von Wespen gestochen wurde. Danach stach ihn nie wieder ein Insekt.
    Ein halbes Jahr danach heiratete er seine damalige Lebensgefährtin, die um ihn gebangt hatte, als er in der Ukraine war, und zeugte wenig später seinen Sohn. Seinen einzigen Sohn, der sein Ein und Alles wurde, als die Mutter starb. Es hieß, sie habe sich einfach zum Schlafen niedergelegt und sei nie wieder erwacht…
    »Woran denkst du? Wieder an sie?«, fragte jemand, der lautlos hinter Van Yol auf den Balkon getreten war. Sein Vater, dessen Haar schneeweiß geworden war, legte Van die Hand auf die Schulter.
    Unglaublich ähnlich sahen sie sich; der weißhaarige alte Mann sah jünger aus als er es wirklich war, und der dunkelhaarige Junge wirkte wie ein Endzwanziger. Auf den ersten Blick konnte man sie für Brüder halten, zwischen denen nur eine Handvoll Jahre lag.
    »Ja«, erwiderte Van. Er deutete auf den Porsche. »Ich frage mich, was sie dazu gesagt hätte.«
    »Gefällt er dir nicht?«, fragte Daro anstelle einer Antwort.
    »Was soll ich mit einem Auto, das ich nicht fahren darf? Ein Porsche mit Chauffeur? Daro, ich bitte dich! Man wird mich auslachen!«
    Daro verzog das Gesicht. »Ich dachte, er würde dir gefallen«, sagte er. »Du hast dir neulich einen solchen Wagen sehr interessiert angeschaut…«
    »Das heißt aber nur, dass ich mich für ihn interessiere, nicht dass ich ihn haben will. Ich kann doch ohnehin noch nichts damit anfangen, und wenn… warte, Daro«, stoppte er seinen Vater, der etwas dazu sagen wollte, »wenn ich in zwei Jahren damit auftauche, ist er schon hoffnungslos veraltet. Kannst du ihn an den Händler zurückgeben oder anderweitig verkaufen, wenn das nicht geht?«
    Daro schluckte. »Ich versuch’s«, murmelte er und verließ den Balkon.
    Ein paar Fliegen kreisten in der Nähe.
    Wenn die ihm doch mal auf die Nerven gehen würden, dachte Van, der selbst noch nie Probleme mit Insekten gehabt hatte. Los, hetzt ihn!
    Zu seiner Verblüffung begannen die Fliegen dem Mann zu folgen und ihn zu verfolgen…
    ***
    Der hochgewachsene, dunkelblonde Mann gähnte ausgiebig. Seine und Nicole Duvals Koffer ließ er im Auto zurück, hakte sich bei seiner Gefährtin unter und betrat Château Montagne. Um das Gepäck konnte Butler William sich kümmern.
    Sie kamen gerade aus Indonesien zurück.
    Liebend gern hätte Professor Zamorra einen Direktflug nach Lyon genommen, aber das hätte nur am Folgetag geklappt. So lange wollte er aber nicht mehr warten, und als es dann hieß, der Shuttleflieger nach Lyon würde von Paris aus erst nach frühestens zehn Stunden starten, weil es am Regionalflughafen von Lyon eine Sperrung wegen einer Attentatsdrohung gäbe, hatten sie noch vom Flugzeug aus umdisponiert und William angerufen, dass er sie mit dem Auto abholte.
    »Kleine Heimtücken des Schicksals«, nannte Nicole Duval es. »Jemand will nicht, dass wir vor einem bestimmten Zeitpunkt zu Hause sind.«
    »Mal bloß nicht den Teufel an die Wand«, hatte Zamorra aufgestöhnt. Für die nächsten Tage - und wenn’s nach ihm ging, auch die nächsten Wochen und Monate und Jahre - konnten die Höllenmächte ruhig mal Urlaub machen und die Menschen in Ruhe lassen. Die machten einander schon genug zu schaffen.
    Manchmal war Zamorra froh, dass er sich »nur« mit magischen Problemen herumzuschlagen hatte. In den letzten Tagen mit dem Reptilmann von Lombok, davor mit dem Seelenangler, dem Dorf, das es nicht gab, den Werwolf-Horden in Los Angeles… und davor die Kämpfe in der Spiegelwelt, die einige seiner Freunde und Mitstreiter das Leben gekostet hatten…
    »Ruhe«, brummte Zamorra vor sich hin. »Nichts als Ruhe, für ein paar Tage… mit dir allein sein, Nici… mehr will ich überhaupt nicht. Aber wie ich die Sache einschätze, wird schon wieder einiges an furchtbar dringenden und entsetzlich wichtigen

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