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0788 - Herr der Insekten

0788 - Herr der Insekten

Titel: 0788 - Herr der Insekten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W.K. Giesa
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jemand ein Tuch gezogen hatte. Sie für den Abtransport in einen Leichensack zu packen, hatte Robin bisher untersagt.
    Einer der Schwarz gekleideten Männer aus dem Bestatterfahrzeug trat zu Zamorra. »Sie sind der Vater? Meine aufrichtige Anteilnahme…«
    Zamorra winkte ab. »Nein, bin ich nicht. - Pierre«, wandte er sich an den Inspektor, »kannst du diesen Bereich absperren lassen, bevor hier jeder durchtrampelt? Ich brauche Ruhe.«
    Robin, Wisslaire und Brunot begannen ihn vor den Neugierigen abzuschirmen, was deren Neugier natürlich noch weiter steigerte.
    Er trug sein Hemd unter dem weißen Anzug halb offen und zog jetzt das am Silberkettchen hängende Amulett hervor. Weder erwärmte es sich, noch vibrierte es leicht. Also konnte es keine dämonische oder schwarzmagische Kraft in unmittelbarer Nähe erkennen.
    Zamorra versenkte sich mit einem posthypnotischen Schaltwort in Halbtrance und aktivierte die Zeitschau der Silberscheibe, die vor knapp einem Jahrtausend der Zauberer Merlin aus der Kraft einer entarteten Sonne geschaffen hatte, nachdem er einen Stern vom Himmel holte. Der stilisierte Drudenfuß im Zentrum des handtellergroßen magischen Artefakts wurde zu einer Art Mini-Bildschirm und zeigte die unmittelbare Umgebung wie in einem rückwärts laufenden Film.
    Zamorra sah die Polizisten und den Arzt, die sich mit der Toten befassten. Er sah einen Schatten davonrasen -einen Schatten, wie er niemals von einem Menschen geworfen werden konnte, aber das Wesen, von dem dieser Schatten stammte, war nicht zu erfassen.
    Dann sah er, weiter zurück gehend, wie das Mädchen starb.
    Und er sah den jungen Mann, der mit ihr beschäftigt war. Er schien völlig von Sinnen zu sein. Er ignorierte die Abwehr des Mädchens einfach. Auch er war nicht eindeutig zu erkennen…
    Und da waren Insekten…
    Jäh riss die Zeitschau ab, und Zamorras Geist kehrte in die Gegenwart zurück, erwachte ohne das entsprechende Schaltwort. Verwirrt sah der Meister des Übersinnlichen sich um, suchte nach einer fremden Kraft, die ihn regelrecht herausgerissen hatte.
    Aber er konnte nichts feststellen.
    Langsam ging er zu Robin hinüber. »Sie kann weggebracht werden«, sagte er leise. »Ich glaube, mehr als ich gesehen habe, kann ich in diesem Fall nicht herausfinden.«
    »Und was hast du gesehen?«, wollte Robin wissen.
    »Insekten«, sagte Zamorra. »Eine ganze Armee…«
    ***
    Van Yol zuckte heftig zusammen. »Was hast du gesagt, Daro?«
    »›Wenn du meinst‹, sagte ich. Du willst doch in Ruhe gelassen werden, oder?«
    »Du hast das gehört?«, wunderte Van sich.
    »Na, du hast ja nicht gerade geflüstert. Du… Moment mal!« Jetzt setzte auch bei Daro Yol das Begreifen ein.
    »Du hast gar nichts gesagt, nicht wahr? Du hast es nur gedacht, oder…?«
    »Ja«, sagte Van heiser. »Daro, seit wann kannst du das? Seit wann kannst du meine Gedanken lesen?«
    »Ich habe es nie gekonnt«, versicherte Daro, »und ich bin nicht sicher, ob ich es jetzt kann! Ich - ich will es auch nicht können! Gedanken, Van… Gedanken sind das einzige unveräußerliche Gut, das ein Mensch besitzt!«
    »Aber vielleicht… bin ich kein Mensch, Vater!«
    Zum ersten Mal nannte er ihn so. Seit er sich erinnern konnte, hatte er ihn immer mit seinem Namen Daro angesprochen.
    »Was glaubst du denn, was du sonst bist, wenn kein Mensch?«
    »Ein Ungeheuer, Daro. Ich bin ein Monster!«
    »Blödsinn«, brummte Daro Yol, kehrte zu seinem Sohn zurück und legte ihm den Arm um die Schultern. »Natürlich bist du ein Mensch und kein Monster.«
    Da wäre ich mir an deiner Stelle gar nicht so sicher, dachte Van, um im nächsten Moment zu ›hören‹, was sein Vater ›sagte‹: Natürlich bin ich sicher, denn sonst müsste ich ja auch ein Monster sein, von dem du abstammst!
    Da wusste er, dass er ebenso Gedanken lesen konnte wie sein Vater.
    Sie brauchten beide keine Stimme mehr, um sich zu unterhalten. Über ihre Gedanken konnten sie es viel einfacher und auch viel besser, unmissverständlicher Unmissverständlich war auch Daros Ankündigung: Van, unten wartet die Polizei, um auch dich zu befragen.
    Er hatte nichts anderes erwartet.
    ***
    »Meinem Sohn war übel, deshalb hatte er sich zurückgezogen und ich musste ihn erst suchen«, sagte Daro Yol.
    Zamorra zwang sich zu einem Lächeln. Es fiel ihm schwer angesichts des Erinnerungsbildes, das ihm das Grauen gezeigt hatte, wie es aus Claudine Mesmers totem Leib kroch. Van Yol schien von der Erklärung seines Vaters nicht

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