079 - Im Würgegriff des Nachtmahres
Managements ging auf.
Larry ließ seinen Blick in die Runde schweifen und sah, daß Morna
sich von ihrem Platz erhob, ihrem älteren Begleiter lächelnd etwas zuflüsterte
und dann an der Bar vorbei nach draußen ging.
X-RAY-3 nutzte die Gelegenheit, erhob sich ebenfalls und folgte
ihr im Halblicht des Raums unbemerkt nach.
Morna verließ den Nightclub.
Lautlos stiefelte Larry hinter ihr her.
„Du brauchst dir keine besondere Mühe zu geben, du müder
Krieger", sagte da die Schwedin, noch ehe Larry sich bemerkbar gemacht
hatte. „Du schlurfst hinter mir her, daß ein Tauber merkt, woher der Wind weht,
Sohnemann."
„Du hast mich schon entdeckt, Schwedengirl? Wie kommt denn
dieses?"
„Dieses kommt von erhöhter Aufmerksamkeit. War ja eine
Prunkleistung vorhin, als du dem Schmetterling das Bein stelltest. Ich war ganz
stolz auf dich."
Larry pfiff leise durch die Zähne. „Dir entgeht aber auch gar
nichts. Da kann man sich noch so leise verhalten. Du hörst die Flöhe
husten." Er betrachtete sie von Kopf bis Fuß. Das Kleid war schlicht
geschnitten, aber auf Mornas Körper von großartiger Wirkung.
„Es gefällt dir, nicht wahr?" fragte sie, seinen Blick
bemerkend.
X-RAY-3 verzog keine Miene. „Daran kann man erkennen, wie man mit
wenig was erreicht."
„Du bist unmöglich."
„Das geht auf unser gespanntes Verhältnis zurück. Da kommt man
nach langer Reise auf eine Stipvisite nach Paris, hofft einen Drink mit der
Herzallerliebsten zu nehmen und muß erfahren, daß die Dame bereits anderweitig
Verpflichtungen hat. Wie stehen die Aktien, Schwedengirl? Ich hoffe, ich treffe
dich in bester Verfassung an. Dein Auftritt auf der Bühne mit Sheherezade hat
mir den Angstschweiß auf die Stirn getrieben. Mußte das sein?"
„Meine Freunde haben mich gedrängt. Sie waren gespannt darauf, was
es wohl aus meiner bewegten Vergangenheit zu berichten gäbe. Da ich die ein
wenig überspannte Lebedame mime und mein bisheriges Leben mit dem Schleier des
Geheimnisses umhülle, hoffte man, auf diese Weise einen Zipfel zu lüften. Aber
der Hauptgrund war, mein eigenes Interesse. Als Sheherezade die erstaunlichen
Einzelheiten bei meinem Vorgänger bekanntgab, da stand für mich eins fest: Mit
der müßt du sprechen. Ich hoffte im tiefsten Innern meiner Seele, daß die Dame
keine Sperenzien macht und mich in Gefahr bringt. Dies hat sich erfüllt. Und
sogar noch mehr: Sie hat mich gewarnt."
„Ei, wovor, Blondie? Vor dem Grauhaarigen mit der Fliege?"
Morna nickte. „Vielleicht."
„Nun, er hat mindestens ein Auge auf dich geworfen. Es ist mir
nicht entgangen, wie ihr miteinander geflirtet habt. Dabei hat er doch einen
heißblütigen Vamp neben sich sitzen. Ich gehe doch nicht fehl in der Annahme,
daß dies gewiß nicht seine Schwester ist. Geliebte?"
„Gattin."
„Armer Vamp." Larry blickte sich aufmerksam um und folgte dem
schnellen Blick Mornas, die sich vergewisserte, daß niemand sonst in der Nähe
war, der ihre Begegnung mit Larry Brent hätte beobachten können.
Morna trat einen Schritt zur Seite, auf die Schaukästen zu, die an
der Wand hingen und delikate Fotos zeigten. „Ich darf nicht zu lange draußen
bleiben. Ich habe gesagt, ich will nach der Aufregung nur mal schnell Luft
schnappen."
„In der Hoffnung, daß ich hinter dir hermarschiere. Und ich Trottel
hab's getan!"
„Genau, Sohnemann. — Der langen Rede kurzer Sinn: Das mit der
angekündigten Heirat ist gar nicht mal so absurd. Sheherezades Blick in die
Zukunft kann schon bald der Wirklichkeit entsprechen."
„Ah. Wer ist der Glückliche? Du hattest mir _ewige Treue
geschworen, falls ich dich daran erinnern darf, Schwedenbaby."
„Dreimal darfst du raten."
„Wenn du mich so fragst, dann habe ich gleich eine furchtbare
Intuition. Doch nicht etwa der Opa, der dir so heiße Blicke zuwirft?"
„Erraten. Im Kombinieren warst du schon immer ein As. Der
ehrwürdige Monsieur de Ayudelle hat sich in mich verknallt. Genau nach
Plan."
Larry griff sich an den Kragen. „Ich sehe schon, ich habe dich zu
lange aus den Augen gelassen. Ich bin nicht mehr auf dem laufenden. Zu wissen,
daß du in Paris bist, und das seit vier Wochen — das allein genügt eben nicht.
In Stichworten, Darling."
„Monsieur de Ayudelle ist ein heiratslustiger Mensch. Daß er
besonders junge Frauen liebt, ist seine Schwäche. Er hat das Geld, sich diese
Schwäche leisten zu können. Seltsam ist, daß die angetrauten Damen meistens
zwischen dem dritten und vierten Ehejahr an
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