0790 - Der Satanskopf
habe ihn entdeckt. Ich nahm ihn mit, ich bin sein Meister. Ich spürte sofort, dass er mein wertvollstes Indiz war, das ich auf all meinen Reisen gefunden habe.« Er beugte sich der Horror-Oma entgegen. »Ein Souvenir des Teufels, wenn Sie verstehen.«
Lady Sarah griff zu einem alten Trick. Sie wollte den Mann bei Laune und damit auch am Reden halten, denn für sie war es wichtig, genügend Zeit zu gewinnen. Es konnte ja sein, dass sich noch immer eine Chance fand, dem Tod zu entwischen. »Und wo fanden Sie ihn? Woher haben Sie diesen hässlichen Abdruck des Satans.«
Sarrazins Augen fingen an zu strahlen. »Satan ist gut«, sagte er, »ja, das ist sogar sehr gut. Dieser Mann hat damals dem Satan sehr nahe gestanden!«
»Wann damals?«
Mit dem Ärmel wischte Sarrazin Speichel von seinen Lippen. »Vor einigen hundert Jahren, in der Hochblüte der Inquisition. Das war eine wundervolle Zeit.«
Sarah Goldwyn bewies, dass sie auch über Geschichtskenntnisse verfügte. »In Spanien also.«
»Richtig. In der Nähe von Madrid. Ich fand ihn in einer alten Höhle. Sie hatten ihn dort vergraben, nachdem sie den Kopf vom Leib schlugen. Der Torso war vermodert, aber der Kopf lebte noch. Er glühte in dieser herrlichen Farbe, und ich erkannte in seinen Pupillen das harte und kalte Rot der Hölle. Als ich zum ersten Mal dem Blick dieser Augen begegnete, da wusste ich, dass mir der Teufel durch sie eine Botschaft zusenden wollte, und ich nahm sie an. Ich schaffte den Schädel nicht nur aus der Höhle heraus, ich brachte ihn auch außer Landes. Ja, ich nahm ihn mit in meine Heimat.« Er tippte gegen seine Brust. »Er war mir so dankbar. Seit ich ihn habe, bin ich noch erfolgreicher geworden und dränge mittlerweile der Spitze entgegen. Das alles hat allein in seiner Macht gelegen, und von ihm werde ich nicht lassen. Niemand, der ihn sieht – als Fremder, meine ich –, wird auf den Gedanken kommen, dass er noch lebt. Dass eine Kraft in ihm steckt, die ihn leitet. Sie führt ihn voran, sie sorgt dafür, dass er nicht eingeht, wenn Sie verstehen. Er lebt, ich lebe.« Sarrazin breitete die Arme aus, die Hände führte er zu einem Kreis zusammen. »Das hier ist unsere Symbiose, und ich bin nach wie vor stolz auf ihn. Er und ich wissen, dass wir uns aufeinander verlassen können. Er beschützt mich, und ich beschütze ihn, das ist alles.«
»Ja«, flüsterte Sarah, »ich habe Sie verstanden. Aber er tötet auch, und das kann ich nicht verstehen.«
Juri Sarrazin hob die Schultern. »Es ist eine Begleiterscheinung, aber was sind schon einige Tote gegen den Erfolg, den ich durch ihn erzielt habe.«
Sarah verzog den Mund. »Ich hasse Ihren verfluchten Zynismus!«, zischte sie. »Ja, ich hasse ihn! Ich könnte vor Ihnen ausspeien, und ich werde Ihnen niemals…«
Mit einer scharfen Bewegung seiner rechten Hand brachte er Sarah Goldwyn zum Schweigen. »Menschen machen Fehler, Sie haben sie auch begangen. Sie hätten nicht kommen sollen…«
»Es war harmlos, Mr. Sarrazin!«
»Ja, das glaube ich Ihnen sogar.« Seine Augen fingen an zu leuchten. »Es war sicherlich harmlos. Nur haben Sie einen Fehler begangen, denn sie hätten sich trotz allem besser über mich informieren sollen. Ich bin nicht harmlos, Lady. Ich habe Ihren Freund John Sinclair im Auge behalten, zwangsläufig auch dessen Umfeld, und da sind Sie mir, wie ich schon erwähnte, aufgefallen. Als Sie sich anmeldeten, wusste ich sofort Bescheid. Ich habe sogar damit gerechnet, dass Sinclair Sie geschickt hat, weil er selbst zu feige ist oder es als harmlos ansah, sich einer alten Frau zu bedienen, die mich besser ausspionieren kann.«
»Nichts von dem stimmt.«
Sarrazin reckte sich. »Das mag sein. Es ist mir auch egal. Für mich zählt nur, dass Sie hier nicht mehr als lebende Person wegkommen. Alles andere können wir vergessen. Ich will Sie haben, und zwar als Leiche.«
»Damit haben Sie John Sinclair nicht vom Hals. Sie wissen, dass sich meine Spur leicht aufnehmen lässt. Sicherlich auch die der Toten hier.«
Beinahe bekümmert sah sein Nicken aus. »Ja, das weiß ich, damit rechne ich auch, aber es gibt eben Dinge, die sich nicht ändern lassen. Zudem bin ich kreativ genug, um mich gewissen Vorgängen entziehen zu können. Glauben Sie mir.«
Diese letzte Erklärung hatte abschließend geklungen, und Sarah befürchtete, dass sie sich nicht irrte. Es begann mit einer Drehung, denn Sarrazin konzentrierte sich voll und ganz auf seinen Helfer, den Satanskopf.
Er
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