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0793 - Als der Engel Trauer trug

0793 - Als der Engel Trauer trug

Titel: 0793 - Als der Engel Trauer trug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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tot ist, muss nicht immer so tot sein, wie du es kennst, mein lieber Freund. Das Jenseits oder die andere Welt ist einfach zu vielschichtig, um dies dem normalen Menschen begreifbar zu machen, aber du kannst mir glauben, dass ich tot bin.«
    »Tot und begraben?«
    »So ist es.«
    »Dann siehst du so aus?« Er ging zur Seite, weil er nicht mehr stehen konnte. Zum Glück stand der Stuhl weit genug von seinem Bett entfernt, als er sich setzte. Im Zimmer gab die Heizung Wärme ab, Pete fror trotzdem. Er hatte Mühe, das Klappern seiner Zähne zu unterdrücken. Am liebsten hätte er sich in das Bett verkrochen und die Decke bis weit über die Ohren gezogen.
    Tot!, hämmerte es in seinem Gehirn nach. Sie ist tot, und sie sieht so aus wie eine Lebende. Er hatte sie in den letzten Sekunden nicht mehr anschauen können, nun hob er wieder den Kopf und nahm zum ersten Mal richtig ihre Kleidung wahr.
    Wie sollte man sie bezeichnen? Als provozierend? Als sexy? Zumindest trug sie einen Mantel aus dunkelgrünem Stoff, den sie über die Schultern gehängt hatte. Er war nicht geschlossen, durch den weiten Schnitt ähnelte er mehr einem Poncho. Unter dem Mantel war sie nicht nackt, ein blauer Body, korsettähnlich geschneidert, lag eng um ihren Körper. Um den Hals trug sie ein grünes Samtband, und die blondroten Haare waren so weit zurückgekämmt, dass die Ohren frei lagen und zwei rubinrote Ringe freiließen. Dazu passte das Rot der Lippen. Das Gesicht zeigte eine dreieckige Form, schmal an der unteren Seite, am Kinn, dafür breit an der Stirn. Die Augen schauten ihn klar wie zwei Sterne an, aber dieser Blick gefiel dem Mann nicht.
    Den ersten Schrecken hatte Pete überwunden. Was kann mich noch erschüttern, dachte er voller Galgenhumor, aber die Nervosität war geblieben, und darüber ärgerte er sich, denn er hätte sich eigentlich mehr in der Gewalt haben müssen. Mit den Handflächen fuhr er über seine Oberschenkel hinweg und spürte unter der Haut den glatten Stoff des Bademantels. Dass sie gekommen war, sah er, aber Pete fragte sich, was sie wohl von ihm wollte? Warum hatte sie sich gerade ihn ausgesucht?
    »Was willst du?« Beinahe hätte er laut gejubelt, so sehr freute er sich darüber, dass er sprechen konnte.
    »Dich!«
    »W… was?« Die Angst kehrte zurück als Würgeklammer, die seinen Hals zuschnürte.
    »Ja, denn du bist wichtig für mich.«
    Er überlegte. Jetzt schwitzte er auch noch. Verdammt, ich muss mich zusammenreißen. Sein Blick fiel auf das Bett, wo er seine Kleidung verstreut hatte. Der seltsamen Toten machte es nichts aus, dass sie jetzt, als ›Lebende‹, zwischen diesen Klamotten saß, und der Vertreter befreite sich von dem Gedanken, dass vor ihm eine Tote saß.
    Er wischte mit dem Ärmel fahrig über seine Stirn hinweg, und er hörte die Frage.
    »Wie war das in der Nacht?«
    »Wie… wieso …?«
    »Rede! Die Frau mit dem Kind ist zu dir in den Wagen gestiegen, du hast sie mitgenommen.«
    »Ja… ja … das habe ich.«
    »Zum Friedhof, nicht?«
    »Stimmt.«
    »Und wo ist sie jetzt?«
    Pete Ashley hob die Schultern. »Ich weiß es nicht. Sie ist dann verschwunden.«
    »Mit dem Kind?«
    »Ja, mit ihm.«
    »Sie hat es mir nicht gegönnt!«, kreischte die ›Tote‹. »Sie hat es mir nicht gegönnt.«
    »Wer denn?«
    Die schöne Frau verzog den Mund, als sie antwortete. »Der andere Engel, verflucht!«
    Pete Ashley verstand die Welt nicht mehr. Er kam sich vor, als hätte man ihn in ein Loch gesetzt, wo er sich nicht mehr wegrühren durfte. Das war zu hoch für ihn, diese Antwort überstieg sein Begriffsvermögen. Wenn diese Person hier von einem anderen Engel sprach, dann musste sie ebenfalls ein Engel sein.
    Sollte er sie das fragen?
    Ihr Blick traf ihn hart und bohrend. In ihren Augen stand plötzlich ein Licht, vor dem er sich fürchtete. Er konnte darüber eigentlich nichts sagen, er hätte es auch nicht beschreiben können, obwohl er direkt damit konfrontiert wurde. Ihm kam es so vor, als wäre es ein Licht aus einer anderen Welt.
    Aus dem Jenseits vielleicht…
    »Bist du tot?« Die Worte rutschten über seine Lippen, und er hörte die Person lachen. »Bist du es…?«
    »Ja, ich bin tot.«
    »Und du hast einen Namen gehabt?«
    »Den habe ich jetzt noch.«
    »Jenna…?« Er dachte daran, was ihm das Zimmermädchen gesagt hatte, und nun nickte die Fremde. Pete streckte ihr den rechten Zeigefinger entgegen. »Du bist tot?«
    »Ja.«
    »Aber du sitzt doch hier.« Er hörte sich selbst sprechen

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