0795 - Entführt in die Totenstadt
hätte sein müssen, doch die unbequemste Mitstreiterin gewesen war, die er jemals gehabt hatte, schlug nicht mehr.
Verbissen wandte Zamorra sich an den Totengott Yama, der dieses ganze Schauspiel inszeniert hatte.
»Er hat deinen Kämpfer besiegt«, sagte Nicole in diesem Moment mit einer derart kalten Stimme, dass Zamorra sie überrascht ansah.
Yama starrte Zamorra hasserfüllt an, Nicole ignorierte er auch jetzt. »Du wirst sehen, Künder, dass ich zu meinem Wort stehe. Ich werde euch gestatten, Yamapura zu verlassen. Dir und dem Weib an deiner Seite! Und den Kadaver der Mutter des Halbgottes könnt ihr gleich mitnehmen! Ich brauche sie hier nicht. Sie ist keine würdige Tote, dass sie in meiner Stadt wandeln könnte.«
»Zuerst führe uns zu Vasu. Wir werden das Baby mitnehmen in unsere Welt, denn dort ist der Platz, an den es hingehört.«
»Haben wir je von Vasu gesprochen?« Die Stimme des Totengottes klang höhnisch. Diesen letzten Triumph über seinen siegreichen Gegner kostete er genussvoll aus.
Ehe Zamorra oder Nicole einen Einwand Vorbringen konnten, verblasste die Umgebung der Totenstadt. Die Konturen der allgegenwärtigen grauen Häuser verschwammen und lösten sich komplett auf.
Yama schickte sie weg aus Yamapura, zurück auf die Erde.
Wieder erschien es den beiden, als geschehe die Reise in einem einzigen Augenblick. Sie waren zurück auf der Erde, doch die Mission war ein Misserfolg auf ganzer Linie gewesen. Nicht nur, dass die Befreiung Vasus fehlgeschlagen war, sie ihn noch nicht einmal gesehen und sich von seiner Unversehrtheit überzeugt hatten.
Schlimmeres war geschehen.
Als sie ihre neue Umgebung wahrnehmen konnten, starrten sie beide fassungslos auf den toten Körper vor ihren Füßen.
***
Zamorra und Nicole befanden sich in einem Tempel. Das Ambiente ließ keinen Zweifel darüber, dass sie sich in Indien befanden.
Sie wurden bereits erwartet.
Doch nicht von Menschen, sondern von einem Gott, der körperliche Gestalt angenommen hatte.
Der greisenhafte Mund des Gottes verzog sich zu einem dünnen Lächeln. Die Augen nahmen einen undefinierbaren Ausdruck an. Shiva, der Mondgott der Berge, sah aus wie immer, wenn sie ihn in den letzten Monaten getroffen hatten. Wieder saß er mit untergeschlagenen Beinen auf dem Boden.
Er sah Zamorra in die Augen, dann Nicole. Schließlich ruhte sein Blick auf der toten Asha Devi. Seine folgenden Worte versetzten Zamorra einen weiteren Schlag und enttäuschten ihn maßlos. »Es ist alles in Ordnung«, stellte er mit zufriedener Stimme fest.
Zamorra glaubte seinen Ohren nicht zu trauen. Sie hatten einen der größten Misserfolge der letzten Zeit erlebt, und der, dem sie vertraut hatten, der sie letztlich auf ihre Mission geschickt hatte, war sichtlich zufrieden.
Es gab nur eine Erklärung. Sie waren betrogen worden.
Ihre Niederlage war vollkommen.
Shiva hatte ein falsches Spiel mit ihnen getrieben.
***
In der Totenstadt Yamapura
Der Totengott Yama wandte sich von den sterblichen Überresten seiner Affenkreatur ab. Es ärgerte ihn über alle Maßen, dass Zamorra im Zweikampf gesiegt hatte. Sollte er ihn je wieder treffen, würde er ihm keinen Ausweg lassen.
Doch das hatte Zeit. Es gab Wichtigeres zu tun.
Viel Wichtigeres.
Die Episode mit den Suchern des Halbgottes Vasu hatte genug Zeit beansprucht. Dass die Mutter Vasus aus dem Weg geräumt war, weil sie ihr Temperament nicht hatte im Zaum halten können, kam ihm gelegen. Sie war lästig gewesen. Und ihm war sofort klar gewesen, als er sie gesehen hatte, dass mit ihr etwas nicht so war, wie es den Anschein erweckte.
Anfangs hatte es ihn gereizt, das Rätsel zu lösen, doch das war nun, mit ihrem Tod, hinfällig geworden.
Er begab sich zu dem magischen Kerker, in den er den Halbgott nach dessen erster Flucht eingeschlossen hatte. Es war ein zusätzlich durch Magie abgesicherter Raum in einem Seitenflügel seines Palastes Kalichi. Auf dem Weg dorthin begegnete er seinem Boten Yamaduta.
»Ich habe wieder einmal eine Reise beendet und dir neue Leichen in die Totenstadt transportiert.« Yamaduta wirkte sehr zufrieden. Als er den grimmigen Gesichtsausdruck seines rot und grün gewandeten Herrn sah, fügte er hinzu: »Was ist aus dem Künder und den beiden Frauen geworden?«
»Die Mutter des Halbgottes ist tot, doch ich wollte sie nicht hier haben. Ich schickte sie zurück in die Menschenwelt. Ihren Körper hier wandeln zu lassen, wäre eine stete Beleidigung für mich.« Mit diesen Worten
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