0795 - Vater, Mutter, Satanskind
wir sind real.«
Er drückte den Korken wieder zurück in die Öffnung und lauschte dem Quietschen. »Hat es Sinn, Sie nach den Gründen zu fragen?«
»Wenig.«
»Dachte ich mir.« Er hob sein Glas an, wir griffen nach den anderen. »Dann Prost.«
Wir machten es wie der Bauer. Wir tranken nicht einfach, sondern kippten das Zeug weg. Obwohl es verdammt scharf war, tat es mir gut, denn im Magen löste es die Kälte auf und verbreitete dort ein wohliges Gefühl. Delia und Darius husteten leicht, was der Bauer mit einem Grinsen quittierte, wobei er bemüht war, nicht zu genau die fast nackte Frau anzuschauen. »Ja, das ist hartes Gesöff, aber es tut gut.«
»Das denken wir uns auch«, sagte ich.
»Noch einen?«
»Nein.«
Der Mann war neugierig. »Sie wollen wahrscheinlich in dieses verdammte Hotel, ohne jedoch zu ihnen zu gehören.«
»Wer sind sie denn?«
»Menschen«, sagte er, lachte dann und schüttelte dabei den Kopf.
»Nein, es sind keine Menschen, es sind auch keine Toten, es ist ein verdammtes Mittelding zwischen ihnen, und wir sagen immer, dass es Personen sind, die der Teufel am Leben gehalten hat, um irgendwann einmal Nachschub für sein Höllenfeuer zu bekommen.«
»Ach ja.«
Er grinste mich an. »Tun Sie nicht so, als hätten Sie das nicht gewusst.«
»Ich weiß nicht, was dort im Hotel gespielt wird, jedenfalls weiß ich es nicht genau.«
Er schaute Delia und Darius an. »Aber Sie und Ihre Begleiter wollen dorthin.«
»Sicher.«
Für einen Moment starrte er gegen die Tischplatte. Dann sagte er:
»Dann werden Sie ja alles erleben können.«
»Bitte, sagen Sie mir konkret, was dort abläuft.«
»Das kann ich nicht.«
»Was vermuten Sie denn?«
»Die Jugend«, flüsterte er. »Die Alten sollen die Jugend zurückbekommen. So und nicht anders läuft das ab. Dieses verdammte Hotel ist nie richtig leer gewesen. Über all die Jahrzehnte hinweg sind die letzten Gäste, die dort eine satanische Abschiedsorgie gefeiert haben, am Leben geblieben, auf welche Weise auch immer. Sie vegetierten in den Keller- und Vorratsräumen dahin, denn sie warteten einzig und allein auf den Zeitpunkt oder die Nacht der Erneuerung, und die ist heute da.«
»Was geschieht?«
»Ich weiß es nicht.«
»Aber andere aus dem Dorf wissen es.«
»Kann sein.«
»Die Fuhrmanns?«, fragte ich ihn.
Er schaute mich nur an, ohne ein Wort zu sagen, aber sein Blick war Antwort genug. »Reden Sie!«, forderte ich ihn auf.
»Ja, die Fuhrmanns. Vater und Sohn wollten herausfinden, was dort vorgeht. Sie waren im Hotel. Als sie zurückkehrten, hatten sie sich verändert. Sie haben nie darüber gesprochen, doch seit dieser Zeit haben viele im Dorf Angst vor ihnen. Angeblich haben sie nur die Fremden suchen wollen, die ins Hotel gingen und nie wieder zurückkehrten, aber ich kann es nicht glauben.«
»Sie waren nie dort?«
»Nein, wo denken Sie hin. Für meine Familie war das Hotel tabu. Da ist kein Leben mehr, obwohl noch jemand existiert. Sogar ein Kind soll eine Rolle gespielt haben, ich…«
Als er Delias Schrei hörte, unterbrach er seine Erzählung und drehte sich um. »Habe ich was Schlimmes gesagt?«
»Nein, nein.«
Er glaubte ihr nicht, wurde aber abgelenkt, denn seine Frau kehrte mit Kleidung zurück. »Hier, mehr habe ich nicht gefunden. Ich kann nur hoffen, dass es passt.«
»Danke«, sagten beide.
Eine Hose, einen Pullover und einen Mantel hatte Elfriede für Delia mitgebracht. Sogar flache Schuhe, die zwar etwas groß waren, aber ihren Zweck erfüllten.
Darius erhielt ebenfalls eine Hose. Es war eine alte Jeans. Ein Hemd und eine Jacke konnte er auch überstreifen, und die Schuhe passten ihm ebenfalls leidlich.
»Ich danke Ihnen, dass Sie das für uns getan haben«, sagte ich leise.
»Man holt sich ja den Tod, wenn man fast nackt herumläuft«, sagte die Bäuerin.
»Die wollen zum Hotel, Elfriede.«
»Was?« Die Frau fuhr herum und schaute ihren Gatten aus großen Augen an. »Das darf doch nicht wahr sein.«
Ich nickte. »Es stimmt.«
»Wissen Sie denn, was dort abläuft in dieser Nacht?«
»Wir werden es stoppen.«
Die Bäuerin schlug ein Kreuzzeichen. »Nein, nein, das kann kein Mensch. Die meisten hier haben Angst. Viele wollten den Ort schon verlassen, aber sie wussten nicht, wohin sie gehen sollten. Da lauert eine Meute, die all die lange Zeit überstanden hat. Der Teufel hat diesen Ort in seinen Besitz genommen. Das ist kein Hotel mehr, das ist ein Paradies des Bösen und nicht für Menschen
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