0796 - Larissas blutiger Weg
Antwort klang diplomatischer. »Ich weiß nicht, aber hinter deiner Frage lauert eine Falle.«
»Wie kommst du darauf?«
»Weil ich dich kenne.«
»Okay, dann möchte ich euch einweihen. Ihr werdet bald Besuch von einem lieben Bekannten oder Freund bekommen.«
»Ist es Bill?«, fragte ich.
»Nein, ein Mann mit Hut.«
Suko und ich schauten uns an, verdrehten die Augen, nickten zugleich und gaben fast gleichzeitig die Antwort.
»Chiefinspector Tanner.«
»Sehr richtig.«
»Und was will er?«
Glenda hob die Schultern. »Das hat er mir leider nicht gesagt.«
Ich gähnte und schenkte mir den ersten Kaffee ein. »Wie klang er denn, der gute Filzesser?«
»Sauer.«
»Und warum?«, fragte Suko. »Was haben wir ihm denn getan?«
Glenda konnte sich ein süffisantes Lächeln nicht verkneifen. »Es gibt eben Menschen, die sind früher auf den Beinen als ihr. Wahrscheinlich ärgern sie sich dann darüber, dass sie andere nicht erreichen. So ist das eben.«
»Wir werden sehen, was er will.« Ich balancierte Tasse und Untertasse in Richtung Büro. »Eine Uhrzeit hat er nicht gesagt – oder?«, fragte ich, drückte die Tür – und zuckte zusammen.
Schwapp, der Kaffee fand als Folge der unkontrollierten Bewegung seinen Weg über den Tassenrand hinweg, breitete sich auf der Untertasse aus, und einige Tropfen landeten auf meinem Handrücken.
Der Grund für mein Erschrecken saß auf meinem eigentlichen Bürostuhl. Es war kein Monster, kein Dämon, es war genau der Mann, von dem wir kurz zuvor gesprochen hatten, Chiefinspector Tanner persönlich, und er machte ein Gesicht wie eine Bulldogge, der jemand den Fressnapf gestohlen hatte.
»Ein Komplott!«, beschwerte ich mich, wobei ich die Tasse zur Seite stellte. »Ein Komplott zwischen Glenda und dir, Tanner.«
Ich hörte unsere Sekretärin lachen, auch Suko grinste, als er das Büro betrat, reichte Tanner die Hand, um ihn zu begrüßen, während ich meine trocken tupfte.
»Was habt ihr euch denn dabei gedacht?«
Tanner schlug auf den Schreibtisch. »Ich wollte nur mal mitbekommen, wann ihr hier antanzt. War gespannt auf eure Dienstauffassung.«
»Bist du jetzt schlauer?«
»Ja.«
Ich zog mir einen Besucherstuhl heran, trank den Kaffee trotzdem und beobachtete den Mann mit dem Hut, den hatte Tanner auch in unserem Büro nicht abgenommen.
»Es gibt also Ärger«, stellte Suko fest.
»Sicher.«
»Und trotz aller Gegensätze in Bezug auf die Arbeitsmoral bist du zu uns gekommen?«
»So ist es.«
»Dann ist der Hammer aber groß, der zugeschlagen hat.«
Der Chiefinspector nickte. Er beugte sich vor und fürchte seine Stirn. »Drei Tote«, sagte er. »Es geht um drei Männer, die auf schreckliche Art und Weise ums Leben gekommen sind. Ich will nicht eben sagen, dass man sie blutleer fand, aber viel hat nicht gefehlt.«
»Ein Vampir?«, fragte ich.
»Nein, das nicht. Keine Sorge, Mallmann hat sich nicht ausgebreitet. Es war ein anderer Täter, und ich bin mir nicht mal sicher, ob ich euch mit meinen Problemen belästigen kann, aber ich habe das Gefühl, dass dieser Fall in eine bestimmte Richtung läuft, für die ihr dann zuständig seid.«
Ich machte meine Beine lang. »Okay, wir hören zu.«
Tanner berichtete. Viel gab es nicht zu erzählen. Drei Tote, die an drei verschiedenen Orten aufgefunden worden waren. Dabei schrecklich zugerichtet, und auch Männer, die sich nicht gekannt hatten, bei denen es trotzdem eine Gemeinsamkeit gab. Sie alle waren Besucher der Moskau-Bar gewesen, und dort hatte sich Tanner ebenfalls umgeschaut.
Er berichtete uns von seinem Gespräch mit einer gewissen Larissa, einer jungen Russin, die in der Bar arbeitete. Bei ihr waren die drei Kunden gewesen.
»Verdächtigst du sie?«, fragte ich ihn.
»Ist die Frage.«
»Ja oder nein?«
Tanner wiegte den Kopf. »Sagen wir so, Freunde. Ich habe das Gefühl, dass sie etwas damit zu tun hat, nicht nur weil sie mit den Männern zusammen war.«
»Das verstehe ich nicht.«
»Und ich schließe mich John an«, meinte Suko.
Der Chiefinspector wand sich. »Wie soll ich sagen? Ich habe ja mit ihr geredet, sie hat mir auch Antworten gegeben, aber ich wurde einfach den Eindruck nicht los, dass sie mich vorgeführt hat.« Er hob eine Hand und ließ sie wieder fallen, als wollte er eine Mauer aufbauen. »Da war etwas, das ich als Mauer ansehen möchte. Sie stand zwischen ihr und mir. Ich schaute sie an, ich sah in ihre Augen und spürte den Block. Gleichzeitig kam ich mir vor, als hätte man
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