0796 - Larissas blutiger Weg
kannst ihm keine Vorschriften machen, denke ich.«
»Leider.«
Larissa lächelte in sich hinein. Ihr neuer Plan stand längst fest. Sie stand auf, holte sich eine Tasse und zwei Toastscheiben, die aus dem auf der Theke stehenden Automaten gehüpft waren. Sie nahm noch Konfitüre mit, aß und wurde dabei misstrauisch von ihrem Gegenüber beäugt. Als sie Kaffee einschenkte, fragte sie: »Was ist? Habe ich etwas an mir?«
»Nein.«
»Sondern?«
»Mir hat es nicht gefallen, wie du dich am vergangenen Abend benommen hast.«
»Warum nicht?«
Er holte tief Luft. Larissa schaute ihn über den Rand der Tasse hinweg an. »Du hättest noch Geld machen können.«
Sie trank erst, stellte dann die Frage. »War denn noch viel los?«
»Es ging.«
»Wir haben auch andere Mädchen.«
Valentin empfand ihr Lächeln als spöttisch. »Ja, das haben wir, aber du bringst am meisten. Auf dich sind sie scharf, und so etwas wie in der letzten Nacht wird es nicht mehr geben, Süße.«
»Meinst du?«
Er streckte den Arm aus und ließ den Mittelfinger von der Stirn her über den Nasenrücken hinweg bis zu ihren Lippen wandern.
»Und ob ich das meine, Süße. Jetzt habe ich den Finger genommen. Beim nächsten Mal wird es ein Messer sein, das Narben hinterlässt. Und da wird dich keiner mehr anschauen wollen.«
Larissa stellte die Tasse weg. Regungslos blieb sie sitzen. Ihr Gesicht war vereist, über den Ausdruck in ihren Augen erschrak selbst der abgebrühte Russe. »Ich denke nicht, mein lieber Valentin, dass es je dazu kommen wird.«
Er beherrschte sich mühsam. »Dann wirst du demnächst tun, was ich anordne.«
»Wir werden sehen.« Gelassen aß sie weiter. Der Mann hatte keinen Nerv mehr, in den Gazetten zu blättern. Er stand auf und verließ die Bar. Larissa blieb zurück. Sie lächelte in sich hinein, und sie sah wieder das Bild der alten Mamutschka vor ihrem geistigen Auge.
Aber sie sah auch das Blut, nickte sich selbst zu und nahm sich vor, an diesem Tag besonders stark zu werden. Sie würde ihre Flasche hervorholen und einige Tropfen schlucken.
Dann würde es einen vierten Mord geben, und sie war gespannt darauf, wer das Opfer sein würde…
***
Ich hatte noch Zeit genug gehabt, mich vorzubereiten, und Suko und ich weihten unseren Chef, Sir James, ein, der gegen diesen Job nichts einzuwenden hatte, denn es war gut, wenn sich die einzelnen Abteilungen gegenseitig halfen.
Der Nachmittag war schon vorbei, als Suko und ich uns getrennt auf den Weg machten.
Wir hatten keinen direkten Plan gebastelt und wollten uns überraschen lassen. Ich würde versuchen, an Larissa heranzukommen, man hatte sie mir beschrieben, und Suko wollte sich um einen gewissen Valentin Smirnow kümmern und ihn nicht aus den Augen lassen. So war es abgesprochen, und beide hofften wir, dass sich der Plan wenigstens in seinen Grundmustern erfüllen würde.
Da die Moskau-Bar erst gegen Abend öffnete, hatten wir uns Zeit lassen können. Es war so abgesprochen, dass wir nicht gemeinsam kamen, und ich würde als Erster gehen.
Ein Taxi hatte mich hingebracht. Als ich zahlte, grinste der Fahrer.
»Eine gute Adresse«, sagte er.
»Wieso?«
»Scharfe Russinnen sind in.«
»Das sagte man mir.«
»Viel Spaß, Sir.«
»Danke.«
Ich stieg aus, ließ den Wagen abfahren und blieb zunächst vor der Bar stehen, wobei ich einen ziemlich unschlüssigen Eindruck machte wie jemand, der sich noch nicht traute. Das Lokal lag in Soho. Früher hatte man hier mal gut essen können, aber den Leuten fehlte das Kleingeld, und mit Mädchen und scharfen Getränken ließ sich wohl mehr Geld verdienen. Man hatte in der äußeren Aufmachung dem Namen Moskau-Bar Rechnung getragen, denn über dem Eingang war ein Teil des Kremls aus Glasröhren nachgebaut worden. Das Licht darin zeigte einen rötlich bis violetten Schimmer und erfasste jeden Gast, der die schwarze Tür aufstoßen wollte. Auch ich wurde davon nicht verschont und geriet nicht in einen Vorraum, sondern stand direkt in der Bar, die einen ebenfalls russischen und stark verkitschten Touch zeigte. Sei es von der plüschigen Einrichtung her oder von den Bildern längst vergangener Politiker, die im Großformat an den Wänden klebten, aber stets auch mit nackten Mädchen in herausfordernden Posen geschmückt waren.
Nischen waren ebenso vorhanden wie zwei kleine Tanzflächen.
Eine lag im farbigen Drehlicht einer Lampe, die zweite hielt sich tiefer in der Dunkelheit versteckt.
Ich ging direkt auf die Theke zu, wo
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