0796 - Larissas blutiger Weg
Sitzecke mit der halbrunden Couch. »Dort ist ihr Stammplatz. Nehmen Sie da Platz. Eine Flasche Krimsekt gehört natürlich dazu.«
»Keine Frage.«
Er zwinkerte mir zu. »Sie wird kommen, und ich darf Ihnen schon jetzt zu dieser Wahl gratulieren und dazu, dass Sie so früh erschienen sind. Später ist sie ausgebucht.«
»Das sagte man mir.«
»Sie kommen auf Empfehlung.«
»Natürlich.«
»Das ist gut.« Valentin fragte nicht nach dem Namen, es wäre auch unüblich gewesen, denn Namen sind in diesem Gewerbe wie Schall und Rauch. Man kümmerte sich hier um andere Dinge.
Ich rutschte vom Hocker und musste eingestehen, dass die Moskau-Bar wirklich einen guten Zulauf hatte. Die Mädchen hatten genügend Kunden, mit denen sie sich beschäftigen konnten. Und es wurde fleißig an überteuren Getränken bestellt.
Ich hatte mich kaum gesetzt, da wurde der Eiskühler gebracht, aus dem der Flaschenhals hervorschaute. Gläser stellte die Bedienung ebenfalls hin und schenkte sie direkt voll.
»Wird das Zeug nicht warm im Glas?«
»Larissa ist bald da. Ich darf bitte sehr abrechnen.«
Den Wodka zahlte ich mit. Dabei hatte ich Mühe, nicht rot zu werden, denn der Preis war eine reine Unverschämtheit, aber so etwas akzeptierten die Gäste hier. Wer noch ein Mädchen mitnehmen wollte, für den wurde es noch teurer.
Lange brauchte ich nicht mehr zu warten. Aus dem rauchigen Halbdunkel der Bar erschien Larissa wie ein helles Gespenst. Sie kam nicht einfach, sie hatte ihren Auftritt, und selbst ich, der ich mit allem gerechnet hatte, war von den Socken.
Vor mir stand keine Nutte, kein Animiermädchen, nein, ich schaute, als ich mich erhob, auf eine Unschuld vom Lande. So und nicht anders sah sie aus.
»Hallo«, sagte sie mit ihrer weichen Stimme. »Du willst zu mir?«
»Ja, nimm Platz.«
»Gern.« Sie setzte sich, und ich schaute sie genauer an. Das volle schwarze Haar war züchtig in die Höhe gekämmt und auf dem Kopf zu einem Zopfnest geflochten worden. Das ebenmäßige Gesicht war das einer Kindfrau, und nicht einmal Schminke entdeckte ich. Die Augenbrauen waren von Natur aus schwarz, und die Lippen rot gefärbt. Die Haut war hell, wie frisch gefallener Schnee.
Mit ihren feinen schmalen Fingern fasste sie nach dem Stiel des Glases. »Oh, es steht alles bereit.«
»Sicher.«
»Dann auf uns.«
Wir prosteten uns zu. Sie trank das Glas fast leer, ich nippte nur an dem Edelgesöff.
Larissa stellte das Glas weg und strich durch ihr Haar. »Nun ja«, sagte sie und lächelte. »Meinen Namen kennst du. Darf ich deinen erfahren?«
»John.«
Sie blickte mir ins Gesicht. Ich sah ihre Augen, die dunklen Seen glichen. Das Licht spiegelte sich in den Pupillen, und ich dachte daran, was mir Tanner erzählt hatte. Bei Larissas Blick hatte er Verdacht geschöpft. Ich war mir nicht sicher, bisher schaute sie mich ziemlich geheimnisvoll an, wie ich fand, und sie gab auch einen Kommentar zu meinem Namen. »John hört sich gut an.«
»Es geht.«
»Ich finde, er passt zu dir.« Sie strich mit beiden Handflächen über ihr Kleid, bei dem viel Stoff verwendet worden war. Der weite Schnitt hatte ihre Figur verborgen, nun nicht mehr, das Kleid lag enger an, und ich sah, dass sich die beiden Brusthügel darunter abzeichneten. Die aufgerichteten Spitzen drückten gegen den Stoff.
Verdammt, diese Larissa sah angezogen nackter aus als die anderen »Damen« des Hauses. Ich kriegte einen trockenen Gaumen und musste mich zusammenreißen, um an meinen Job zu denken. Man ist schließlich keine Maschine, und Frauen sind nun mal Wesen, die ich mag.
»Schenkst du mir noch einmal nach?«
Ich schüttelte den Kopf. »Pardon, natürlich, ich… ich … war etwas in Gedanken.«
Sie lachte, weil sie meine Gedanken kannte. Sie strich mir verständnisvoll über die Wange.
Ich ärgerte mich darüber, dass mein Arm leicht zitterte, als ich den Sekt ins Glas goss. Larissa tat allerdings so, als würde sie es nicht sehen.
Wir tranken uns noch einmal zu, dann fragte sie: »Wie hast du dir den Fortgang des Abends denn vorgestellt, John?«
»Was kannst du bieten?«
»Fast alles.«
»Hm. Kommt nur auf den Preis an – oder?«
»Stimmt.«
»Was ist, wenn ich dich für eine Nacht haben möchte? Geht das auch?«
Sie blieb steif sitzen. Hatte ich etwas Falsches gesagt und wollte schon zu einer Erklärung ansetzen, als sie sich wieder entspannte und herrlich mädchenhaft lächelte. »Natürlich können wir eine Nacht zusammenbleiben. Valentin wird
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