0796 - Larissas blutiger Weg
Überraschten zurück in sein Büro.
Der ging einige Schritte zurück, breitete die Arme aus, stotterte, aber Suko wusste, dass alles nur gespielt war. Smirnow ließ sich in den Ledersessel hinter seinem Schreibtisch fallen. Die nüchterne Atmosphäre stand im krassen Gegensatz zur Einrichtung der Bar. Hier fand sich der Besucher tatsächlich nur in einem Geschäftsraum wieder.
»Ich denke, wir beide müssen uns mal einige Wahrheiten sagen.«
Suko hatte auf der Schreibtischkante seinen Platz gefunden. Er schaute schräg auf Smirnow herab.
Der lächelte unsicher. »Welche Wahrheiten? Dass Sie bedroht wurden, war ein Versehen. Ich wusste ja nicht, mit welchen raffinierten Mitteln Sie hier…«
»Reden Sie keinen Mist! Darum geht es jetzt nicht. Für mich sind Larissa und ihr Gast wichtig.«
»Die ist mit ihm weg.«
»Ich weiß.« Sukos Lächeln blieb. »Beide sind verschwunden, und so ist es schon öfter gegangen, denke ich.«
»Ja.«
»Dabei hat es drei Tote gegeben.«
Smirnow holte tief Luft. »Nein«, sagte er dann, »Sie wollen doch nicht behaupten, dass Larissa die Männer umgebracht hat.«
»Wäre das so erstaunlich?«
Der Russe lachte wiehernd. »Da wäre sie dumm. Daran kann man doch riechen, denke ich. Außerdem haben die Männer ihr Geld gebracht. Warum sollte sie die töten?«
»Das weiß ich nicht. Fest steht, dass sie mit einem vierten verschwunden ist. Und ich will wissen, wo sich die beiden versteckt halten, Smirnow.«
Der Russe schaute sich um, als sähe er die Einrichtung des Büros zum ersten Mal. Sein Blick blieb am Aktenschrank hängen, als könnte er dort die Lösung seiner Probleme ablesen. »Ich habe keine Ahnung. Larissa ist eben anders.«
»Dann haben Sie die Mädchen so wenig im Griff, Smirnow? Das kann ich nicht glauben. In den Medien werden ganz andere Berichte durchgespult. Da stimmt etwas nicht.«
»Die Medien erzählen viel, wenn es ihnen in den Kram passt.«
»In diesem Fall glaube ich ihnen.«
»Was denn?«
»Dass die russischen Mädchen hier völlig ohne Rechte sind, reagieren wie Maschinen und Angst haben, ein Wort zu sagen. Man spricht nicht grundlos von der Russen-Mafia, die schon ihr Netz über Europa ausgebreitet hat und sich auch mit der italienischen verbündete. Es sind da Abkommen geschlossen, wir wissen dies. Es gibt keine Zeugen, niemand will reden, der Druck ist unwahrscheinlich. Alles wie gehabt, wie schon längst erkannt. Deshalb wundert es mich ja, dass ausgerechnet diese Larissa Sie so vorführt und ihren eigenen Weg geht. Das würden sie den anderen Mädchen bestimmt nicht erlauben.«
»Woher wissen Sie das?«
»Ich kann eins und eins zusammenzählen. Und jetzt zur Sache, Valentin. Es sieht für Sie nicht gut aus. Was also ist mit Larissa los? Warum wird sie wie eine Ausnahmeerscheinung behandelt?«
»Wird sie das?«
Er sperrte sich, aber er war keinesfalls überzeugt, wie Suko erkannte. »Tun Sie nicht so! Ich lasse mich nicht hinhalten. Noch haben Sie Glück, aber es kommt allein auf Sie an, wie lange das Glück anhält. Ich kann Ihre verdammte Bude auch auf den Kopf stellen lassen, und das werde ich tun, wenn Sie mir innerhalb von fünf Minuten nicht die Wahrheit gesagt haben.«
»Ich kann sie nicht kontrollieren.«
»Tatsächlich? Seit wann das nicht?«
Valentin Smirnow schlug mit beiden Händen auf den Schreibtisch.
»Wenn ein Gast ein Mädchen will und auch das nötige Geld dafür hinlegt, dann kann er die Kleine für den Rest der Nacht loskaufen. Ist nicht billig, besonders nicht bei Larissa. Dass der letzte Gast ein Bulle ist, hat sie ihm nicht angesehen. Es stand ja nicht auf seiner Stirn geschrieben. Kein Mensch ist davor sicher, reingelegt zu werden. Die beiden sind eben weggefahren. Larissa hat das Geld bekommen.«
»Alles richtig. Wohin fuhren sie?«
»Ich habe keine Ahnung.«
»Warum lügen Sie?«
Smirnow sprang hoch. »Verdammt noch mal!«, keuchte er, »ich weiß es nicht. Die können sich woanders ein Zimmer nehmen, die können auch im Wagen bumsen oder auf der Wiese oder unter einer Brücke oder meinetwegen im Stall. Das ist doch alles egal. Der Kunde hat bezahlt, der Kunde kann bestimmen.«
»Und die drei Toten, die als Lebende bei Ihnen Gäste gewesen waren, haben Sie nicht überrascht?«
»Ich habe davon gelesen, mehr nicht. Wenn Sie Larissa für eine Mörderin halten, ist das Ihre Meinung, aber nicht die meinige. Fragen Sie sie, wenn sie zurückkehrt.«
»Am nächsten Morgen.«
»Ist durchaus möglich.«
Suko
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