0796 - Larissas blutiger Weg
Okay?«
»Ja, das ist gut.«
»Dann schließe die Augen.« Sie wartete nicht erst ab, ob ich es tat, sondern fing damit am, mein Hemd aufzuknöpfen. Den Krawattenknoten hatte sie dabei zur Seite geschoben.
Larissa spielte mit mir, sie genoss es, mich zu haben. Ich war die Maus, sie die Katze. Ihre Fingernägel strichen an der dünnen Haut meiner Kehle entlang, als wären sie prüfende Messer, die irgendwann einmal hineinschneiden wollten.
»Es wird dir gut gehen, John. Es wird so gut wie nie zuvor gehen, das glaube mir. Ich kenne mich aus und werde dir die Liebe zeigen wie niemand zuvor…«
Ihre Worte tropften in meine Sinne. Sie waren wie ein süßes Gift, das mich betäuben und wegführen sollte von dem Ort der Wirklichkeit. Dabei war ich nicht als normaler Kunde zu ihr gekommen. Ich hatte einem Verdacht nachgehen müssen und musste mich entsprechend benehmen, was mir ungemein schwer fiel.
Hier passte alles zusammen. Das Licht der Kerzen, die nackte Frau, das sinnverwirrende Parfüm und natürlich die schmeichelnde Stimme. Verführung wie im Kitschroman, hier war sie zur Realität geworden.
Ich hatte die Augen geschlossen, weil ich hoffte, mich so auf mich konzentrieren zu können. Es gab keine optische Ablenkung, doch allein ihre Worte reichten aus, um mich immer tiefer in ihren Bann zu ziehen, und sie setzte zudem ihren Körper ein, der noch näher an mich heranglitt, so dass ich all seine weichen Kurven an meiner Seite spürte. Sie glitten darüber hinweg, geschmeidig wie eine Schlange, sie veränderten ihre Lage, und ich merkte, dass sie auf mich kletterte. Alles war so weich und fern geworden, da zerflossen die Konturen, das Leben hatte seine Ecken und Kanten für mich verloren.
Ich sah Farben, die ineinander liefen, und über allem schwebte der herrliche Duft wie eine große Glocke. Das mehr als sinnliche Parfüm wollte mich weg aus der Realität reißen und hineinführen in die ewigen Wonnen.
Es war verrückt, dass mir dieser kitschige Vergleich in den Sinn kam, doch ich konnte mich gegen ihn einfach nicht wehren. Ihre über meinen Körper streichenden Finger waren wie Betäubungsmittel, und ohne dass ich es mitbekam, hatte sie die beiden obersten Knöpfe meines Hemds geöffnet.
Meinem Kreuz galt ein flüchtiger Gedanke. Ich spürte auch den Druck nicht mehr auf der Brust. Durch meine Bewegungen war es verrutscht und wurde halb eingeklemmt durch mein Gewicht.
Noch immer saß sie auf mir und bewegte sich dabei in einem langsamen bestimmten Rhythmus.
Geschmeidig glitt sie vor und zurück, dabei stöhnte sie, ließ die Finger wandern, strich mit den Nägeln über den Hemdstoff und auch über die freiliegende Haut. Ich hörte sie stöhnen und achtete zudem auf meinen eigenen schweren Atem.
Wenn es jemand schaffte, einem Mann den Himmel auf Erden zu bereiten, dann war es diese junge Russin, aber ich war doch nicht gekommen, um mich von ihr einfangen zu lassen. Ich musste einfach dagegen ankämpfen, alles andere hatte keinen Sinn. Ich konnte mich hier nicht einlullen lassen und musste etwas unternehmen, bevor es zu spät war.
Ich kam mir vor wie jemand, der wahnsinnig tief und fest geschlafen hat und deshalb nicht ohne Mühe seine Augen öffnen konnte.
Sehr schwer fiel mir das. Zuerst mussten Bleiplatten von meinen Augenlidern geschoben werden, damit ich endlich wieder in die Wirklichkeit zurückkehren konnte.
Das Bild entstand nur langsam, als hätte es etwas dagegen, von mir wahrgenommen zu werden.
Larissa saß tatsächlich auf mir. Sie trug noch immer ihren seidenen Hausmantel, nur hätte sie ihn auch weglassen können, denn sie war so gut wie nackt.
Der Mantel wurde nur noch von den Schultern gehalten. Ihr Körper lag an der Vorderseite frei. Dass sie den Mantel noch trug, gab der Situation einen zusätzlichen erotischen Reiz.
Das Licht der beiden Kerzen bewegte sich und schuf ein Muster.
Es blieb nicht allein auf ein Zentrum fixiert, es wanderte weiter und traf den nackten Körper, der mir vorkam wie eine Projektion aus der Welt des Eros.
Vor meinen Augen schaukelten ihre Brüste. Sie strömten eine gewisse Wildheit aus, als wollten sie mir das Verlangen dokumentieren, es doch endlich zu tun.
Mein Hals war trocken geworden. Die Luft um mich herum zitterte. Der Parfümduft umwehte mich wie ein Schleier, der einfach nie reißen wollte.
Mein Blick wanderte von ihrem Körper weg in das Gesicht der schönen Larissa. Das Haar hatte sich längst gelöst. Fahnengleich hing es um den Kopf.
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