0798 - Der Hausmeister
der Tür und weinte. Natürlich machte ich mir Sorgen, sie redete alles durcheinander. Es dauerte eine Weile, bis sie wieder normal sprechen und ich erfahren konnte, was sie erlebt hatte. Sie hatte schon geschlafen, als sie wach wurde.« Er tupfte mit der Stoffserviette den Schweiß von der Oberlippe und sprach weiter.
»Sie ist nicht einfach so wach geworden, wie sie sagte, sondern durch ein kaltes Gefühl, als würde ihr jemand mit Eishänden über den Körper streichen. Das riss sie aus dem Schlaf. Sie öffnete die Augen und konnte sich nicht bewegen, weil etwas Großes, Graues und Kaltes auf ihrer Brust hockte. Es war selbst im Dunkeln zu erkennen, und sie sah in diesem Geist den Hausmeister. Er war gekommen, er hatte sich lautlos in ihr Zimmer geschlichen, und er sandte ihr eine Botschaft zu. Er hat ihr erklärt, dass er wieder in der Schule ist.« Cavendish stierte mich an. »Haben Sie verstanden, John, in der Schule.«
Ich trank einen Schluck Wein. Bedächtig stellte ich das leere Glas zurück. »Ja, das habe ich gehört.«
»Was sagen Sie?«
»Es ist schwer, eine Antwort zu finden, da bin ich ehrlich. Wir haben nur die Aussage Ihrer Tochter, aber keinen Beweis.«
Damit war Don nicht einverstanden. Er tippte gegen seine Brust.
»Moment, so können Sie das nicht sehen. Ich habe dieses feinstoffliche und trotzdem existente Wesen auch gesehen. Es drang durch das Fenster des Krankenzimmers. Es hat auf meinem Bett gehockt, und ich habe die gleiche, trockene und auch eklige Kälte gespürt wie meine Tochter. Da hat sich Dinah nichts eingebildet.«
»Meinen Sie?«
»Ja, davon bin ich überzeugt.«
»Bitte, was geschah noch.«
»Wie gesagt, er hat mit ihr gesprochen. Sie weiß also, dass er wieder in der Schule ist. Er hat seine Totenwelt verlassen. Dies überhaupt einem Kind zu sagen, ist schon der reine Irrsinn, aber ich will nicht ablenken, denn er blieb noch bei ihr. Er erklärte ihr, dass er sie noch immer mag, und dass er sie bald holen würde, wie auch die anderen Kinder in der Schule. Er würde ihnen beim Lernen zuschauen. Er ist immer bei ihnen, er findet es toll.«
»Danke, das reicht zunächst.«
»Keine Fragen, John?«
»Und ob.«
Dazu kam ich nicht, denn unser Hauptgang wurde gebracht. Ich hatte mich für Lammfilet mit einer Kräuterkruste entschieden. Dazu gab es Kartoffelgratin, eine dunkle Soße und mit Knoblauch angereicherten Blattspinat. Don aß leichter. Er schaute auf seine Seezungenröllchen, die in einer Champagnersoße schwammen. Dazu reichten sie hier Reis und einfachen Blattsalat.
»Lassen Sie uns erst essen, John.«
Ich war auch dafür. Zudem konnte ich mir die Erklärungen des Kollegen durch den Kopf gehen lassen. Ich hielt ihn nicht für einen Spinner. Dieser Mann kannte sich aus. Der Job hatte ihn hart gemacht. Er stand mit beiden Beinen auf dem Boden der Tatsachen, und ich wollte nicht abstreiten oder konnte nicht abstreiten, dass es übersinnliche Phänomene gab, auch Geister oder Gespenster, was mir nicht neu war.
Vor unserem Treffen hatte ich mich mit den Hintergründen des Falles Trigger beschäftigt. Dieser Hausmeister war ein schlimmer Mensch gewesen. Er hatte es geschafft, das Vertrauen der Schulkinder zu finden und einige von ihnen missbraucht. Ein Mädchen war dann an den Folgen gestorben.
Wenn ich für alles mögliche Verständnis aufbrachte, auch für gewisse Dinge, die außerhalb des Gesetzes standen, bei Kindesmissbrauch setzte es bei mir aus. Da sah ich nicht nur rot, sondern dunkelrot vor Wut, Hass und Zorn. Was dieser Hausmeister den Kindern angetan hatte, konnte das Leben nicht mehr zurechtbiegen. Er war tot und ich empfand nicht das geringste Bedauern, aber dass er als Geist zurückgekommen sein sollte, das durfte nicht sein, auch wenn es den Tatsachen entsprach. Da musste er so schnell wie möglich gestoppt werden.
»Schmeckt es Ihnen, John?«
Ich krauste die Stirn. »Das Essen ist gut. Unter normalen Umständen hätte ich es genossen, in diesem Fall jedoch gehen meine Gedanken andere Wege.«
Don Cavendish nickte. Dabei zerstocherte er die Seezungenröllchen mit den Zinken der Gabel. »Dann können wir uns wohl die Hand reichen. Es ist kein guter Termin.«
»Weiß Ihre Frau von dem Treffen?«
»Nein.«
Ich aß ein Stück Lamm. Es war butterweich und ausgezeichnet gewürzt. »Aber sie weiß von der Entdeckung Ihrer Tochter, denke ich.«
»Darüber habe ich mit ihr gesprochen.«
»Wie hat sie reagiert?«
Cavendish hob die Schultern. »Sie hat
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