0798 - Der Hausmeister
über sein Bett hinweg, und es sah aus, als wäre er es gewesen, den der Geist in die Höhe gewirbelt hatte, denn plötzlich zuckte er der Decke entgegen und war verschwunden.
Don lag schweißgebadet unter der dünnen Decke. Er hörte sich selbst keuchen und jammern. Jemand knipste das Licht der Nachttischleuchte an. Es war die Nachtschwester, eine zierliche Vietnamesin, deren besorgter Blick auf sein verzerrtes und schweißnasses Gesicht fiel.
»Ist alles in Ordnung?«, fragte sie wider besseres Wissen. »Was haben Sie? Was ist mit Ihnen?«
Er wollte der Schwester eine Antwort geben, nur fiel es ihm zu schwer, die Worte auszustoßen. Das aus seinem Mund fließende Krächzen klang dünn und zischelnd. Er war nicht mehr in der Lage, vernünftig zu reden.
»Haben Sie schlecht geträumt?«
»Was… darf ich Wasser haben?«
»Ja, gern.«
Auf dem Nachttisch stand eine Flasche mit stillem Wasser und ein dazugehöriges Glas. Die Schwester füllte es zur Hälfte, und sie unterstützte den Mann beim Trinken.
Dabei sprach sie beruhigend auf ihn ein, doch er hörte nicht zu.
Die Worte glitten an ihm vorbei, denn seine Gedanken bewegten sich bereits in andere Richtungen.
Er dachte an sein schreckliches Erlebnis. Noch immer steckte die Furcht wie die Klinge eines Beils in seiner Brust, und über den Rand des Glases schaute er auf das Fenster.
Es blieb der Schwester nicht verborgen. Sie blickte ebenfalls hin und fragte: »Ist dort etwas?«
Don Cavendish löste seine Lippen vom Glasrand. »Nein, nein, da ist nichts. Ich… ich dachte nur …« Er stieß die Hand zu hastig zur Seite, und Wasser schwappte über. »Ich habe mir wohl etwas eingebildet, denke ich.«
Die Schwester kannte diese Probleme. Sie waren ihr nicht neu, und sie wusste auch die Lösung. »Ich denke, dass Sie schlecht geträumt haben, Mister Cavendish.«
»Ja, das wird es wohl gewesen sein. Ganz sicher sogar. Ich… ich … es tut mir leid.«
»Was denn?«
»Sie sind extra zu mir gekommen und…«
»Nein, nein, das bin ich nicht, Mister Cavendish. Sie müssen doch wissen, dass wir Schwestern verpflichtet sind, jede Nacht die Runde zu machen. Da kommen wir auch zu Ihnen.«
»Das hatte ich vergessen – sorry.«
Die Vietnamesin tupfte dem Mann mit einem Tuch den Schweiß von der Stirn. »Wenn Sie möchten, bleibe ich in der nächsten halben Stunde noch bei Ihnen…«
Endlich schaffte er ein Lächeln. »Nein, um Himmels willen, nur das nicht, Schwester.«
Sie war skeptisch. »Geht es Ihnen wirklich wieder besser?«
Er lächelte noch einmal. »Beinahe schon wieder optimal, Schwester, ehrlich.«
»Nun ja.« Sie hob die Schultern. »Dann will ich Ihnen das mal glauben, Mister Cavendish.«
»Danke.«
Die Krankenschwester stand auf. Sie lächelte ihm zu, als sie ging, doch in ihren Augen stand große Sorge. Leise schloss sie die Tür hinter sich.
Die Symptome waren ihr irgendwie bekannt. Don Cavendish war nicht der erste Patient, den der Krankenhauskoller erwischt hatte.
Halluzinationen oder schlimme Träume setzten vielen Patienten zu.
Das legte sich dann später wieder.
Die Schwester ahnte nicht, dass es bei Don Cavendish anders sein würde. Sie hatte einen Mann allein im Zimmer zurückgelassen, der auch jetzt nicht einschlafen konnte.
Er starrte zum Fenster.
Nichts passierte dort. Aber Don traute dem Frieden nicht mehr. Er glaubte daran, dass sich sein zukünftiges Schicksal und auch das seiner Familie zu einer dunklen Wolke zusammengeballt hatte, die immer näher auf sie zuschwebte.
Die Drohung des Geistes, die seine Tochter betraf, hatte er nicht vergessen. Nach wie vor erfüllte sie sein Denken…
***
Die Vorspeise, Salat mit gerösteten Speckwürfeln, hatten wir hinter uns, auch das erste Glas Wein geleert, und ich erlebte einen etwas entspannteren Don Cavendish, der seit einigen Wochen bei uns im Innendienst arbeitete.
Es gab wohl keinen Kollegen, der über sein Schicksal nicht informiert war, und auch ich wusste, dass er im letzten Jahr um seine Tochter gekämpft und einen grausamen Mörder durch mehrere Schüsse getötet hatte. In der Presse war der Fall groß aufgerollt worden, danach aber schnell in Vergessenheit geraten, denn in einer Millionenstadt wie London passierte immer etwas.
Don Cavendish hatte mich zum Essen eingeladen. Da wir uns relativ fremd waren, hatte ich mir eigentlich keinen freundschaftlichen Grund vorstellen können, und damit hatte ich auch nicht falsch gelegen, denn Don Cavendish brauchte meine
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