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08-Die Abschussliste

08-Die Abschussliste

Titel: 08-Die Abschussliste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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Mann.«
    »Ihr Mann?«, sagte er mit einem Blick auf meine Uniform.
    »Vielleicht können wir die Behandlungskosten übernehmen«, erklärte ich.
    Das ließ ihn aufmerken. Er sah kurz zu den aufgereihten Schreibbrettern hinüber, als dächte er: Einer weg, zweihundert übrig.
    »Er liegt auf der Wachstation der Chirurgischen«, teilte er uns mit und deutete auf den Lift. »Erster Stock.«
    Er blieb hinter seiner Theke. Wir fuhren zu dritt in den ersten Stock hinauf, stiegen aus und folgten den Schildern zur chirurgischen Abteilung. Aus dem Stationszimmer vor dem Eingang kam eine Schwester, die uns anhielt. Ich zeigte ihr meine Plakette.

    »Pickles«, sagte ich.
    Sie deutete auf die geschlossene Tür eines Einzelzimmers jenseits des Korridors.
    »Nur fünf Minuten«, sagte sie. »Er ist sehr krank.«
    Trifonow lächelte. Wir überquerten den Korridor und öffneten die Tür des Einzelzimmers. Der Raum war schwach beleuchtet. In dem Bett lag ein Mann, der zu schlafen schien. Ob er groß oder klein war, ließ sich unmöglich feststellen. Man konnte nicht viel von ihm sehen. Er verschwand fast unter Pflasterverbänden. Seine Beine befanden sich in Streckverbänden, und er hatte dicke Verbände, wie sie nach Schusswunden angelegt werden, um beide Knie. An der Wand gegenüber dem Bettende war in Augenhöhe ein langer Leuchtkasten angebracht, in dem eine Menge Röntgenaufnahmen steckten. Ich schaltete die Beleuchtung ein und sah mir die Aufnahmen an. Alle waren am fünften Januar gemacht und trugen handschriftlich den Namen Pickles am Rand. Die Bilder zeigten seine Arme, seinen Brustkorb, sein Becken und seine Beine. Der menschliche Körper enthält über zweihundert Knochen, und dieser Kerl schien sich die meisten davon gebrochen zu haben. Er hatte ganz allein ein ziemliches Loch ins Röntgenbudget des Krankenhauses gerissen.
    Ich knipste das Licht wieder aus und trat kräftig an das Bettgestell. Zweimal. Der Kerl darin bewegte sich. Wachte auf. Als er sich auf uns konzentrierte, war der Gesichtsausdruck, mit dem er Trifonow anstarrte, das beste Alibi, das Trifonow sich hätte wünschen können. Aus seinem Blick sprach nacktes Entsetzen.
    »Ihr beide wartet draußen«, sagte ich.
    Summer begleitete Trifonow hinaus, und ich trat ans Kopfende des Betts.
    »Na, wie geht’s, Arschloch?«, fragte ich.
    Der Kerl namens Pickles war leichenblass. Er schwitzte und zitterte in seinen Verbänden.
    »Das war der Mann«, jammerte er. »Der große Typ. Er hat mir das angetan!«

    »Was angetan?«
    »Er hat mir in die Beine geschossen.«
    Ich nickte. Sah mir die Knieverbände an. Dort war Pickles getroffen worden. Zwei Knie, zwei Kugeln. Zwei Schüsse abgegeben.
    »Frontal oder seitlich?«, fragte ich.
    »Seitlich.«
    »Frontal ist schlimmer«, erklärte ich. »Glück gehabt, auch wenn Sie’s nicht verdient haben.«
    »Ich hab nichts getan.«
    »Wirklich nicht? Wir kommen gerade von Ihrer Frau.«
    »Ausländerschlampe.«
    »Sagen Sie das nicht.«
    »Sie ist selbst schuld. Sie tut nicht, was ich ihr sage. Aber die Frau hat dem Mann zu gehorchen. Wie’s in der Bibel steht.«
    »Schnauze«, sagte ich.
    »Wollen Sie denn nichts unternehmen?«
    »Doch«, sagte ich. »Sehen Sie her.«
    Ich schwang eine Hand, als wollte ich eine Fliege von der Bettdecke wischen. Traf ihn mit einer leichten Rückhand an der Außenseite des rechten Knies. Er schrie vor Schmerz auf. Ich ging zur Tür und trat auf den Korridor hinaus. Sah die Stationsschwester besorgt in meine Richtung blicken.
    »Er ist wirklich sehr krank«, sagte ich.
     
    Wir fuhren mit dem Lift nach unten, umgingen die Notaufnahme, indem wir den Hauptausgang benutzten und kehrten schweigend zu dem Humvee zurück. Ich öffnete Trifonow die hintere Tür und schüttelte ihm die Hand, als er einsteigen wollte.
    »Bitte entschuldigen Sie«, sagte ich.
    »Bekomme ich Ärger?«, wollte er wissen.
    »Nicht mit mir«, antwortete ich. »Sie sind ein Mann nach meinem Geschmack. Aber Sie haben verdammtes Glück gehabt. Sie hätten eine Oberschenkelarterie treffen können, und er wäre verblutet. Dann hätte alles anders ausgesehen.«

    Er lächelte flüchtig, blieb völlig gelassen.
    »Ich bin fünf Jahre bei der GRU ausgebildet worden«, erklärte er. »Ich weiß, wie man Leute umbringt. Und wie man’s vermeidet.«

16
    Wir händigten Trifonow seine Steyr aus und ließen ihn am Tor der Delta-Station aussteigen. Er gab die Pistole wahrscheinlich in der Waffenkammer ab und beeilte sich dann, in seine

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