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08-Die Abschussliste

08-Die Abschussliste

Titel: 08-Die Abschussliste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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stand.
    »Erzählen Sie uns von der Dinnerparty gestern Abend«, begann ich.
    »Von welcher Dinnerparty?«
    »Sie haben mit einigen Stabsoffizieren der Panzertruppe, die zu Besuch hier waren, gegessen.«
    Sie nickte.
    »Vassell und Coomer«, sagte sie. »Und?«
    »Die beiden sind aus General Kramers Stab.«
    Sie nickte wieder. »Ja, ich weiß.«
    »Erzählen Sie uns von dem Dinner.«
    »Vom Essen?«
    »Von der Atmosphäre«, sagte ich. »Der Unterhaltung. Der Stimmung.«
    »Es war nur ein Abendessen im O Club.«
    »Jemand hat Vassell und Coomer einen Aktenkoffer gegeben.«
    »Tatsächlich? Wie, als Geschenk?«

    Ich schwieg.
    »Daran kann ich mich nicht erinnern«, sagte Norton. »Wann denn?«
    »Während des Essens«, antwortete ich. »Oder als sie gegangen sind.«
    Niemand sprach.
    »Einen Aktenkoffer?«, fragte Norton.
    »Waren Sie’s?«, wollte Summer wissen.
    Norton sah sie verständnislos an. Sie war entweder ehrlich verwirrt oder eine ausgezeichnete Schauspielerin. »War ich was?«
    »Die Überbringerin des Aktenkoffers.«
    »Wieso sollte ich ihnen einen Aktenkoffer geben? Ich habe sie kaum gekannt.«
    »Wie gut haben Sie sie gekannt?«
    »Ich bin vor Jahren einige Male mit ihnen zusammengekommen.«
    »In Irwin?«
    »Ich glaube schon.«
    »Weshalb haben Sie mit ihnen gegessen?«
    »Ich war in der Bar. Sie haben mich eingeladen. Es wäre unhöflich gewesen, die Einladung auszuschlagen.«
    »Wussten Sie, dass sie kommen würden?«, fragte ich.
    »Nein«, erwiderte sie. »Ich hatte keine Ahnung. Ich war überrascht, dass sie nicht in Deutschland waren.«
    »Sie kannten die beiden also gut genug, um zu wissen, wo sie stationiert waren.«
    »Kramer war einer der Kommandeure der Panzertruppe in Europa. Sie gehörten zu seinem Stab. Ich würde nicht erwarten, sie in Hawaii stationiert zu sehen.«
    Niemand sprach. Ich beobachtete Norton. Sie hatte sich Kramers Aktentasche nur ganz kurz angesehen.
    »Was geht hier vor?«, fragte sie.
    Ich gab keine Antwort.
    »Sagen Sie’s mir.«

    Ich deutete auf den Aktenkoffer. »Der hier hat General Kramer gehört. Er hat ihn an Silvester verloren, und heute ist der Aktenkoffer wieder aufgetaucht. Wir versuchen festzustellen, wo er sich in der Zwischenzeit befand.«
    »Wo hat er ihn verloren?«
    Summer beugte sich leicht nach vorn.
    »In einem Motel«, erklärte sie. »Bei einem Rendezvous mit einer Frau, die hier stationiert ist. Diese Frau hat ein Humvee gefahren. Deshalb suchen wir Frauen, die Kramer gekannt und ständigen Zugang zu Humvees haben, an Silvester nicht auf dem Stützpunkt waren und gestern Abend bei der Dinnerparty dabei gewesen sind.«
    »Ich war gestern Abend die einzige Frau.«
    Schweigen.
    Summer nickte. »Das wissen wir. Und wir können Ihnen zusichern, dass die ganze Sache unter uns bleibt - aber erst müssen Sie uns bestätigen, wem Sie den Aktenkoffer gegeben haben.«
    Wieder Schweigen. Norton betrachtete Summer, als habe sie einen Witz erzählt, dessen Pointe sie nicht ganz begriff.
    »Sie glauben, dass ich mit General Kramer geschlafen habe?«, fragte sie.
    Summer gab keine Antwort.
    »Nun, das habe ich nicht«, sagte Norton. »Gott bewahre.«
    Niemand sprach.
    »Ich weiß nicht, ob ich lachen oder weinen soll«, fuhr sie fort. »Meine Empfindungen sind völlig widersprüchlich. Diese Anschuldigung ist gänzlich absurd. Mich erstaunt, dass Sie sie vorgebracht haben.«
    Erneut langes Schweigen. Norton lächelte, als sei die Hauptkomponente ihrer Reaktion nicht Zorn, sondern Belustigung. Sie schloss die Augen und öffnete sie sofort wieder, als habe sie dieses Gespräch aus ihrer Erinnerung getilgt.
    »Fehlt aus dem Aktenkoffer etwas?«, fragte sie mich.
    Ich schwieg.
    »Helfen Sie mir auf die Sprünge«, sagte sie. »Bitte. Ich versuche,
den Zweck dieses höchst ungewöhnlichen Besuchs zu erkennen. Fehlt aus dem Aktenkoffer etwas?«
    »Vassell und Coomer sagen, dass nichts fehlt.«
    »Aber?«
    »Ich glaube ihnen nicht.«
    »Das sollten Sie aber. Die beiden sind hohe Offiziere.«
    Ich sagte nichts.
    »Was meint Ihr neuer Kommandeur dazu?«
    »Er will nicht, dass diese Sache verfolgt wird. Er fürchtet peinliche Enthüllungen.«
    »Sie sollten sich an ihm orientieren.«
    »Ich bin Ermittler. Ich muss Fragen stellen.«
    »Die Army ist eine große Familie«, erklärte sie. »Wir stehen alle auf derselben Seite.«
    »Ist Vassell oder Coomer gestern Abend mit diesem Aktenkoffer weggegangen?«
    Norton schloss erneut die Augen. Ich glaubte erst, sie sei wütend,

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