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08-Die Abschussliste

08-Die Abschussliste

Titel: 08-Die Abschussliste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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Pflanzenbewuchs am Boden war niedrig und braun und zum Glück nicht mit Schnee bedeckt. Die Landschaft sah eben und übersichtlich aus. Das war ein guter Ausgangspunkt für eine Suche. Ich überlegte mir, dass ein Behälter für ein Molkereiprodukt rein weiß sein würde. Oder beige. Oder bei Erdbeer- oder Himbeergeschmack vielleicht rosa. Jedenfalls würde er sich farblich gut vom Untergrund abheben.
Lag der Joghurtbecher also hier, kamen wir zufällig in seine Nähe, würden wir ihn entdecken.
    Wir suchten das Gelände in drei Metern Umkreis um den Tatort ab. Fanden nichts. Also kehrten wir zu der unbefestigten Straße zurück und folgten ihr nach Nordosten. Summer ging etwa anderthalb Meter vom linken Straßenrand, und ich blieb gut anderthalb Meter links neben ihr. So konnten wir einen fünf Meter breiten Streifen kontrollieren und hatten die wichtige Zone, in der der Joghurtbecher meiner aerodynamischen Theorie zufolge hätte landen müssen, dabei zwischen uns.
    Wir gingen langsam. Ich machte kurze Schritte und gewöhnte mich daran, bei jedem Schritt den Kopf nach links oder rechts zu drehen. Dabei kam ich mir ziemlich dämlich vor. Ich musste wie ein Pinguin aussehen. Aber das war eine effiziente Methode. Ich verfiel in eine Art Automatismus, bei dem der Boden unter mir verschwamm. Ich sah keine einzelnen Blätter, Zweige und Grashalme mehr, blendete alles aus, was hier sein sollte. Fiel mein Blick auf etwas, das nicht hergehörte, würde es mir sofort ins Auge springen.
    Wir gingen zehn Minuten lang, ohne etwas zu entdecken.
    »Tauschen wir?«, fragte Summer.
    Wir wechselten die Plätze und suchten weiter. Wir sahen viele Tonnen Laub und Zweige, aber sonst nichts. Militärstützpunkte werden gewissenhaft sauber gehalten. Das wöchentliche Einsammeln von Abfällen wird mit religiöser Andacht durchgeführt. Außerhalb des Stacheldrahts wären wir über allen möglichen Müll gestolpert. Hier drin gab es nichts, was nicht hergehörte. Überhaupt nichts. Wir gingen zehn Minuten weiter, legten weitere dreihundert Meter zurück, dann machten wir eine Pause und tauschten erneut die Position. Bei langsamer Bewegung in kalter Luft kühlte ich allmählich aus. Ich starrte wie besessen auf den Boden und hatte das Gefühl, wir seien dicht an unserer besten Chance dran. Anderthalb Meilen waren rund zweitausendfünfhundert Meter. Ich rechnete mir aus, dass die ersten und die letzten paar hundert Meter wenig Erfolg versprachen.
Anfangs dürfte der Kerl nur vom Drang zur Flucht beherrscht gewesen sein. Später dann, in der Nähe der vertrauten Gebäude, würde er sich bereits unter Kontrolle haben und ruhig wirken. Deshalb war der mittlere Bereich das Gebiet, in dem er sich von bestimmten Dingen befreit haben würde. Jeder halbwegs vernünftige Mensch hätte den Wagen dort am Straßenrand angehalten, ein paar Mal tief durchgeatmet und sich alles durch den Kopf gehen lassen. Er hätte das Fenster geöffnet und die kalte Nachtluft auf seinem Gesicht gespürt. Ich wurde langsamer und suchte den Boden rechts und links vor mir noch aufmerksamer ab. Sah aber nichts.
    »War Blut an seiner Kleidung?«, fragte ich.
    »Vielleicht ein bisschen«, antwortete Summer rechts von mir.
    Ich sah nicht zu ihr hinüber, ließ meinen Blick auf den Boden gerichtet.
    »An den Handschuhen«, erklärte sie. »Vielleicht auch an den Schuhen.«
    »Vielleicht weniger als erwartet«, sagte ich. »Falls er nicht gerade ein Arzt war, muss er mit ziemlich viel Blut gerechnet haben.«
    »Und?«
    »Und deshalb hat er keinen Wagen von der Fahrbereitschaft gefahren. Er hat mit Blut gerechnet und wollte keins in einem Wagen zurücklassen, den am nächsten Tag jemand anderer fahren würde.«
    »War er mit dem eigenen Fahrzeug unterwegs, hat er den Becher auf den Rücksitz geworfen, wie Sie schon sagten. Also werden wir hier draußen nichts finden.«
    Ich nickte. Schwieg. Ging weiter.
     
    Wir suchten den gesamten mittleren Bereich ab, ohne etwas zu finden. Zweitausend Meter mit im Winterschlaf liegender Vegetation und dazwischen kein einziger Gegenstand von Menschenhand. Keine Kippe, kein Fetzen Papier, keine rostigen Bierdosen, keine leeren Flaschen. Dafür gebührte dem Stützpunktkommandeur
ein dickes Lob. Aber es war enttäuschend. Wir machten Halt, als die ersten Gebäude in zweihundertfünfzig Metern Entfernung deutlich sichtbar vor uns auftauchten.
    »Ich möchte zurückgehen«, sagte ich. »Ich will den mittleren Bereich noch mal absuchen.«
    »Okay!«,

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