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08-Die Abschussliste

08-Die Abschussliste

Titel: 08-Die Abschussliste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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aber dann wurde mir klar, dass sie sich die Szene an der Garderobe des O Clubs vorstellte.
    »Nein«, sagte sie. »Keiner der beiden ist mit diesem Aktenkoffer weggegangen.«
    »Wissen Sie das bestimmt?«
    »Hundertprozentig.«
    »In welcher Stimmung waren sie beim Dinner?«
    Sie öffnete wieder die Augen.
    »In guter«, sagte sie. »Als verbrächten sie einen freien Abend in angenehmer Gesellschaft.«
    »Haben sie erwähnt, weshalb sie wieder in Bird waren?«
    »General Kramers Beerdigung fand gestern Mittag statt.«
    »Das wusste ich nicht.«
    »Soviel mir bekannt ist, hat das Walter Reed die Leiche zur Bestattung freigegeben, und das Pentagon hat die Beisetzung organisiert.«
    »Wo liegt er?«
    »Nationalfriedhof Arlington«, antwortete sie. »Wo sonst?«

    »Der ist dreihundert Meilen von hier.«
    »Ungefähr. Luftlinie.«
    »Weshalb sind die beiden also zum Dinner hergekommen?«
    »Das haben sie mir nicht erzählt«, sagte sie.
    Ich schwieg.
    »Sonst noch was?«, fragte sie.
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Ein Motel?«, meinte sie. »Sehe ich aus wie eine Frau, die sich mit einem Mann in einem Motel trifft?«
    Ich gab keine Antwort.
    »Wegtreten«, sagte sie.
    Ich stand auf. Summer folgte meinem Beispiel. Ich nahm Kramers Aktenkoffer und verließ den Raum. Summer schloss die Tür hinter uns.
     
    »Glauben Sie ihr?«, fragte Summer mich.
    Wir saßen im Humvee vor dem Gebäude der Schule für psychologische Kriegführung. Der Motor lief im Leerlauf. Der Heizungslüfter blies nach Dieselabgasen riechende schale heiße Luft ins Fahrzeuginnere.
    »Völlig«, antwortete ich, »nachdem sie den Aktenkoffer kaum eines Blickes gewürdigt hat. Hätte sie ihn jemals zuvor gesehen, wäre sie unsicher geworden. Und das mit dem Motel nehme ich ihr erst recht ab. Um sie rumzukriegen, müsste man schon eine Suite im Ritz springen lassen.«
    »Was haben wir also erfahren?«
    »Nichts«, sagte ich. »Rein gar nichts.«
    »Nein, wir haben erfahren, dass Bird offenbar ein höchst attraktiver Ort ist. Jedenfalls nehmen Vassell und Coomer ohne erkennbaren Grund immer wieder die weite Fahrt hierher auf sich.«
    »Hört, hört«, sagte ich.
    »Und dass Norton glaubt, wir seien eine große Familie.«
    »Offiziere«, erklärte ich. »Was ist von denen anderes zu erwarten?«

    »Sie sind Offizier. Ich bin Offizier.«
    Ich nickte.
    »Ich war vier Jahre in West Point«, sagte ich. »Ich hätte es besser wissen müssen. Ich hätte einen anderen Namen annehmen und als einfacher Soldat zur Army gehen sollen. Nach drei Beförderungen wäre ich jetzt ein E4-Specialist. Vielleicht sogar ein E5-Sergeant. Ich wollte, ich wäre einer.«
    »Was machen wir jetzt?«
    Ich sah auf meine Armbanduhr. Kurz vor zweiundzwanzig Uhr.
    »Schlafen«, sagte ich. »Bei Tagesanbruch ziehen wir los und suchen einen Joghurtbecher.«

13
    Ich hatte in meinem Leben noch keinen Joghurt gegessen, aber schon einige gesehen, und mein Eindruck war, dass die Portionspackungen kleine Becher mit sechs bis sieben Zentimeter Durchmesser waren. Das bedeutete, dass mindestens zweihundertfünfzig auf einen Quadratmeter passten - oder rund zweieinhalb Millionen auf einen Hektar. Was wiederum bedeutete, dass man auf dem eingezäunten Gelände von Fort Bird weit über hundert Milliarden solcher Becher hätte verstecken können. Ebenso gut hätte man im Yankee-Stadion eine einzelne Milzbrandspore suchen können. Diese Überschlagsrechnung stellte ich an, während ich vor Tagesanbruch duschte und mich anzog.
    Dann setzte ich mich auf mein Bett und wartete darauf, dass es hell wurde. Es hatte keinen Zweck, rauszufahren und eine Chance hundert Milliarden zu eins zu verpassen, nur weil’s noch nicht hell genug war. Aber während ich so dasaß, begann ich zu überlegen, wie unsere Chancen sich verbessern ließen, indem wir das Suchgebiet intelligent eingrenzten. Der Kerl mit
dem Joghurtbecher war offenbar von A nach B zurückgekehrt. Wo A lag, wussten wir. A war der Tatort, an dem Carbone ermordet wurde. Und für B gab es nur eine begrenzte Auswahl. B war entweder irgendein Loch im Stacheldrahtzaun oder ein Punkt zwischen den Hauptgebäuden des Stützpunkts. Waren wir also clever, konnten wir aus Milliarden Millionen machen und das Ding statt in tausend Jahren schon in hundert finden.
    Es sei denn, irgendein hungriger Waschbär hatte es schon lange in sein Versteck geschleppt.
    Ich traf mich mit Summer bei der MP-Fahrbereitschaft. Sie war munter und energiegeladen, aber wir sprachen nicht. Es

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