08 - Ehrenschuld
Parlamentspräsident, nachdem Al Trent seine Rede zum Abschluß der Debatte beendet hatte, »wir schreiten jetzt zur elektronischen Abstimmung.«
Der Sender C-SPAN ging nach den sich eintönig wiederholenden Reden zu klassischer Musik über, in diesem Fall zu Bachs Italienischem Konzert. Jeder Abgeordnete hatte eine Plastikkarte - es war wirklich wie bei einem Geldautomaten. Die Stimmen wurden von einem einfachen Computer gezählt, den man in aller Herren Länder auf dem Fernsehbildschirm sehen konnte. Für die Annahme des Gesetzes waren 218 Stimmen erforderlich. Diese Zahl wurde in knapp zehn Minuten erreicht. Dann kam es noch einmal zu einer plötzlichen Häufung von Jastimmen, als Abgeordnete aus Ausschußberatungen und Besprechungen mit Besuchern aus ihrem Wahlbezirk herbeieilten, um ihre Stimme abzugeben und gleich wieder zu ihren vorherigen Tätigkeiten zurückzukehren.
Al Trent blieb während der ganzen Prozedur im Saal; meist sah man ihn im freundlichen Gespräch mit einem Mitglied der Oppositionsführung, seinem Freund Sam Fellows. In wie vielen Punkten sie doch einer Meinung waren, dachten beide. Dabei waren sie grundverschieden, der eine ein schwuler Liberaler aus Neuengland, der andere ein konservativer Mormone aus Arizona.
»Das wird den kleinen Scheißkerlen eine Lehre sein«, meinte Al Trent zu Fellows.
»Sie haben das Gesetz aber auch wirklich durchgepeitscht«, sagte Sam. Beide dachten daran, wie es sich wohl langfristig auf die Beschäftigung in ihren Wahlbezirken auswirken würde.
Weniger erfreut waren die Vertreter der japanischen Botschaft, die das Ergebnis an ihr Außenministerium durchgaben, als die Musik unterbrochen wurde und der Präsident des Repräsentantenhauses verkündete: »HR-12313, der Trade Reform Act, ist angenommen.«
Das Gesetz mußte nun noch den Senat passieren, eine reine Formsache, wie es hieß. Dagegen würden allenfalls solche stimmen, deren Wiederwahl noch in weiter Ferne lag. Der Außenminister erfuhr es gegen neun Uhr Tokioter Ortszeit von einem Mitarbeiter und unterrichtete Ministerpräsident Koga. Dieser hatte bereits sein Rücktrittsschreiben an den Kaiser formuliert. Ein anderer hätte vielleicht geweint, nun da alle seine Träume zuschanden waren. Der Ministerpräsident weinte nicht. Rückblickend hatte er als Oppositionsabgeordneter mehr Einfluß gehabt als in diesem Amt. Sein Blick fiel auf die gepflegten Anlagen, die sich im Schein der Morgensonne vor seinem Fenster ausbreiteten, und ihm wurde klar, daß nun ein angenehmeres Leben für ihn beginnen würde.
Soll Goto sich doch damit herumschlagen.
»Weißt du, die Japaner machen ein paar ganz tolle Sachen, die wir in Wilmer benutzen«, meinte Cathy Ryan beim Abendessen. Jetzt, wo das Gesetz halbwegs durch war, mußte sie sich auch einmal dazu äußern.
»Ach ja?«
»Beispielsweise den Diodenlaser, den wir beim grauen Star einsetzen. Sie haben die amerikanische Firma, die ihn erfunden hat, aufgekauft. Auch von der Produktpflege verstehen sie wirklich was. Praktisch alle Monate kreuzen ihre Ingenieure mit einem Software-Upgrade auf.«
»Wo hat die Firma ihren Sitz?« fragte Jack.
»Irgendwo in Kalifornien.«
»Dann ist es ein amerikanisches Erzeugnis, Cathy.«
»Aber nicht die ganzen Teile«, erklärte seine Frau.
»Schatz, das Gesetz sieht spezielle Ausnahmen für Produkte vor, die von besonderem Wert sind und ...«
»Die Ausnahmen werden doch von der Regierung festgelegt, nicht wahr?«
»Richtig«, sagte Jack. »Moment mal, du sagtest doch, ihre Ärzte ...«
»Ich habe nie gesagt, daß sie dumm sind, sondern nur, daß sie kreativer sein müßten. So kreativ«, fuhr sie fort, »wie die Regierung.«
»Ich habe dem Präsidenten wirklich gesagt, daß es keine besonders tolle Idee ist. Er sagt, das Gesetz würde bloß ein paar Monate mit voller Härte angewandt.«
»Na, warten wir mal ab.«
13 / Winde und Gezeiten
»So was habe ich noch nicht gesehen.«
»Aber Ihr Land hat davon Tausende hergestellt«, wandte der PR
Direktor erstaunt ein.
»Stimmt«, räumte Klerk ein, »aber die Fabriken waren nicht allgemein
zugänglich, nicht einmal für sowjetische Journalisten.«
Chavez kümmerte sich um die Fotoarbeit und zog dabei eine richtige
Schau ab, wie John Clark lächelnd zur Kenntnis nahm. Er tänzelte um die
Arbeiter in ihren weißen Overalls und ihren Schutzhelmen herum, drehte
sich, bog sich, hockte sich nieder, immer seine Nikon ans Gesicht gepreßt,
wechselte alle paar Minuten den Film und machte auf
Weitere Kostenlose Bücher