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08 - Ehrenschuld

08 - Ehrenschuld

Titel: 08 - Ehrenschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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verwaltet, deren Aufgabe es war, zu verstehen, was auf dem bewegtesten und am wenigsten vorhersehbaren Marktplatz der Welt vor sich ging.
    Der erste Kurssturz hatte gerade knapp fünfzig Punkte erreicht, als die Notierungen sich festigten, weil die drei großen Autohersteller mit Erklärungen an die Öffentlichkeit gingen, daß sie mit den meisten Zulieferteilen hinreichend eingedeckt seien, um die inländische Autoproduktion auf dem bisherigen Stand zu halten und sogar auszuweiten. Trotzdem kratzten sich die Fachleute in den großen Maklerfirmen am Kopf und berieten beim Kaffee die verworrene Lage. Hast du 'ne Idee, wie man damit fertig wird? Daß nur die Hälfte der Leute diese Frage stellte, lag einzig daran, daß es die Aufgabe der anderen Hälfte war, zuzuhören, kollektiv den Kopf zu schütteln und zu erwidern: Verdammt, nein.
    In der Washingtoner Zentrale der Fed gab es andere Fragen, aber genauso wenige eindeutige Antworten. Das beunruhigende Gespenst der Inflation war noch nicht gebannt, und die derzeitige Situation sprach nicht dafür, daß es künftig gelingen werde. Das nächstliegende und unübersehbare Problem war, daß mehr Kaufkraft vorhanden sein würde als Gelegenheiten, sie für Waren zu verausgaben. Ach, verdammt, stellte der Zentralbankrat fest, der Kaufkraftüberhang war schon da! Damit war ein weiterer Inflationsschub vorprogrammiert, und wenn der Dollar auch zweifellos gegenüber dem Yen klettern würde, so bedeutete das doch, daß der Yen sich für eine Weile im freien Fall befinden würde und daß auch der Dollar gegenüber anderen Weltwährungen tatsächlich nachgeben würde. Und das konnten sie nicht gebrauchen. Also beschlossen sie, den Diskontsatz nochmals um einen viertel Punkt zu senken, wirksam unmittelbar nach Börsenschluß. Es würde wohl die Aktienmärkte ein bißchen durcheinanderbringen, aber das war schon in Ordnung, weil die Fed wußte, was sie tat.
    Fast die einzige gute Nachricht in dieser Beziehung war, daß amerikanische Schatzwechsel auf einmal starken Absatz fanden. Vermutlich bei japanischen Banken, das wußten sie, ohne zu fragen, denn die machten Hedgegeschäfte auf Deubel komm raus, um sich selbst zu schützen. Ein kluger Schachzug, das war die einhellige Meinung. Ihr Respekt vor ihren japanischen Kollegen war aufrichtig und ungeschmälert durch die aktuellen Störungen, die, so hofften alle, rasch vorübergehen würden.
    »Sind wir uns einig?« fragte Yamata.
»Wir können jetzt nicht aufhören«, sagte ein Banker. Er hätte außerdem
sagen können, daß das ganze Land am Rande eines Abgrunds stand. Er
brauchte es nicht zu sagen. Sie alle standen dort, und wenn sie
hinunterblickten, sahen sie nicht den Lacktisch, um den sie versammelt
waren, sondern eine unauslotbare Tiefe, in der das wirtschaftliche Aus auf
sie wartete.
Das wurde rund um den Tisch mit Kopfnicken bestätigt. Nach einem
langen Schweigen ergriff Matsuda das Wort.
»Wie ist es überhaupt dazu gekommen?«
»Es war von Anfang an unausweichlich, meine Freunde«, sagte Yamatasan mit einem Anflug von Trauer. »Unser Land gleicht einer Stadt ohne
Umland, einem starken Arm ohne ein Herz, das ihn mit Blut versorgt. Wir
haben uns seit Jahren eingeredet, dies sei normal, aber es ist nicht normal,
und wir müssen entweder dieser Lage ein Ende machen oder untergehen.« »Damit gehen wir aber ein großes Wagnis ein. «
»Hai.« Es kam ihn hart an, nicht zu lächeln.
    Der Tag war noch nicht angebrochen, und sie würden mit der Flut auslaufen. Die Vorbereitungen nahmen ohne großes Trara ihren Lauf. Die eine oder andere Familie kam zum Kai und gab einem Matrosen nach einer letzten Nacht an Land den Abschied.
    Die Namen der Schiffe waren traditionell wie in fast jeder Marine, sofern sie lange genug existierte, um überhaupt eine Tradition zu haben. Die neuen Zerstörer der Aegis-Klasse, die Kongo und ihre Schwesterschiffe, trugen herkömmliche Namen von Schlachtschiffen, die zumeist auf altüberlieferte Bezeichnungen von Regionen ihres Landes zurückgingen. In westlichen Ohren mußte es merkwürdig klingen, wenn Kriegsschiffe in dieser Weise benannt wurden, doch im Einklang mit den poetischen Traditionen hatten die meisten Namen eine lyrische Bedeutung und faßten eine bestimmte Schiffsklasse zusammen. Die Namen von Zerstörern endeten traditionell auf -kaze, womit eine bestimmte Art von Wind bezeichnet wurde; Hatakaze bedeutete zum Beispiel »Morgenbrise«. Etwas logischer waren die Namen der Unterseeboote, die alle

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