08 - Ehrenschuld
auf.
Er drehte sich um und schaute zu den beiden Präsidenten hinüber, die ungeachtet dessen, daß sie von Journalisten umringt waren, den Augenblick genossen. Er nahm zum ersten Mal an einem solchen Ereignis teil, aber er war sicher, daß es nicht immer so freundschaftlich zuging. Vielleicht war es das endgültige Wegfallen all der Spannungen, die Erkenntnis, daß es nun wirklich vorbei war. Er sah, daß noch mehr Champagner hereingebracht wurde. Es war wirklich gutes Zeug, und er hatte durchaus vor, sich seinen Anteil davon zu holen. CNN würde bald des Feierns müde werden, aber diese Leute nicht. All die Uniformen und Politiker und Spitzel und Diplomaten. Verdammt, vielleicht würden sie ja alle echte Freunde werden.
19 / Schlag zwei, 1-800 Panik
Der Zeitpunkt als solcher war zufällig, doch der Plan, den Zufall auszunutzen, war das Ergebnis jahrelangen Studierens und Basteins und Simulierens. Eigentlich hatte die Operation schon begonnen, als sechs große Handelsbanken in Hongkong begannen, amerikanische Schatzanweisungen abzustoßen. Diese waren einige Wochen zuvor erworben worden im Rahmen eines komplizierten Umtauschs von Yen-Beständen als ein klassisches Hedgegeschäft gegen Währungsschwankungen. Den Banken selbst stand ein Trauma bevor - ein Wechsel der Eigentumsverhältnisse an dem Grund und Boden, auf dem sie standen -, und wegen dieser beiden Faktoren erschienen ihre massiven Käufe als eine ganz gewöhnliche Maßnahme, um ihre Liquidität und zugleich ihre Flexibilität zu erhöhen. Mit der Abstoßung der Schatzanweisungen profitierten sie lediglich - wenn auch reichlich - von der Änderung des Wertverhältnisses zwischen Dollar und Yen. Sie strichen, genauer gesagt, einen Gewinn von siebzehn Prozent ein, um Yen zu kaufen, der nach Ansicht von Währungsexperten in aller Welt einen Tiefpunkt erreicht hatte und sich bald wieder erholen würde. Trotzdem waren noch amerikanische Schatzanweisungen von zweihundertneunzig Milliarden Dollar kurzfristig auf dem Markt und obendrein noch unterbewertet. Sie wurden rasch von europäischen Banken weggeschnappt. Die Banker in Hongkong machten die entsprechenden elektronischen Eingaben, und die Transaktion war abgeschlossen. Diese Tatsache kabelten sie sogleich nach Beijing, ängstlich und froh, daß sie Befehle ausgeführt und gegenüber ihren künftigen politischen Gebietern Gehorsam demonstriert hatten. Um so besser, dachten alle, daß sie bei dem Geschäft einen Profit mitgenommen hatten.
In Japan wurde die Transaktion vermerkt. In Tokio mit seinem vierzehnstündigen Zeitunterschied gegenüber New York City, dem noch immer bedeutendsten Börsenplatz der Welt, war es für die Händler nicht so furchtbar ungewöhnlich, zu einer Zeit zu arbeiten, die man in der Regel mit Nachtwächtern assoziierte, und die Nachrichtenagenturen, die Finanzinformationen übermittelten, spuckten ohnehin pausenlos Daten aus. Manchen hätte es überrascht zu erfahren, daß die Leute in den Handelshäusern wirklich sehr, sehr hochgestellte Leute waren und daß man in der letzten Woche im obersten Stockwerk eines großen Bürogebäudes einen speziellen Raum für sie eingerichtet hatte. Diejenigen, die sich jetzt darin aufhielten, nannten ihn den »War Room«, er war über Telefonleitungen mit jedem bedeutenden Handelsplatz der Welt verbunden, und was sich dort abspielte, wurde auf Computerbildschirmen angezeigt.
Jetzt wiederholten andere asiatische Banken dieselbe Prozedur wie in Hongkong, und die Leute im War Room beobachteten ihre Maschinen. Am Freitag kurz nach Mittag New Yorker Zeit, was 2.03 Uhr am Samstag in Tokio entsprach, sahen sie, daß nochmals amerikanische Schatzanweisungen für dreihundert Millionen Dollar auf den Markt geworfen wurden, und zwar zu einem noch attraktiveren Preis als kurz zuvor in Hongkong, und auch diese wurden rasch von europäischen Bankern aufgekauft, für die der Arbeitstag und die Arbeitswoche gerade zu Ende gingen. Bislang war noch nichts ganz und gar Ungewöhnliches passiert. Nun erst machten die japanischen Banken ihren Schachzug, gut getarnt durch die Aktivität anderer. Auch die Tokioter Banken begannen, ihre amerikanischen Schatzanweisungen zu verkaufen, wie es schien, mit dem klaren Ziel, den Yen zu stärken. Dadurch wurden jedoch die kurzfristig verfügbaren Dollarbestände der ganzen Welt innerhalb von Minuten aufgebraucht. Man mochte das als einen bloßen Zufall abtun, doch die Währungshändler - zumindest die, die in New York nicht
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