08 - Ehrenschuld
Englisch. Ein Zucken. »Stimmt was nicht?«
»Ich weiß nicht«, sagte Kimura, als die Getränke kamen. Diesen Satz konnte man auf sehr unterschiedliche Weise aussprechen, und so, wie er, ausgesprochen wurde, gab er zu verstehen, daß Kimura etwas wußte. »Heute ist eine Ministerkonferenz. Goto hat sie einberufen. Sie ist schon seit Stunden im Gange. Ein Freund von mir im Verteidigungsministerium hat seit Donnerstagabend seine Dienststelle nicht verlassen.«
»Da - so?«
»Sie haben es nicht erlebt, wie? Die Art, wie Goto über Amerika gesprochen hat.« Der MITI-Beamte trank sein letztes Glas aus und hob den Arm, um noch eins zu bestellen. Die Bedienung kam sofort.
Sie hätten sagen können, daß sie die erste Rede miterlebt hatten, aber »Klerk« interessierte es mehr, wie Kimura die Situation einschätzte.
»Ich weiß nicht«, erwiderte der Mann, und obwohl er damit wiederholte, was er zuvor gesagt hatte, sprachen seine Augen und sein Tonfall eine etwas andere Sprache. »So etwas habe ich noch nicht erlebt. Die - wie sagt man? - Rhetorik. In meinem Ministerium warten wir seit einer Woche auf Instruktionen. Wir müssen die Handelsgespräche mit Amerika wiederaufnehmen, um zu einer Verständigung zu gelangen, aber wir haben keine Instruktionen. Unsere Leute in Washington tun nichts. Goto widmet die meiste Zeit dem Verteidigungsministerium, konferiert dort dauernd, und er ist ständig mit seinen Freunden, den zaibatsu, zusammen. Das alles ist äußerst ungewöhnlich.«
»Mein Freund«, sagte Clark lächelnd, der sein Bier nach einem kurzen Schluck nicht mehr angerührt hatte, »wenn man Sie hört, könnte man meinen, es liegt etwas Ernstes in der Luft.«
»Sie verstehen nicht. Es liegt nichts in der Luft. Was auch immer vorgehen mag, das MITI ist nicht daran beteiligt.«
»Ja und?«
»Gewöhnlich ist das MITI hier an allem beteiligt. Jetzt ist mein Minister endlich dabei, aber berichtet hat er uns nichts.« Kimura schwieg. Hatten diese beiden denn gar keine Ahnung? »Wer, glauben Sie, macht hier unsere Außenpolitik? Diese Trottel im Außenministerium? Sie unterstehen uns. Und das Verteidigungsministerium - glauben Sie, irgendeinen interessiert deren Meinung? Die politischen Leitlinien unseres Landes werden bei uns entworfen. Wir arbeiten mit den zaibatsu, wir koordinieren, wir, hm, na, wir repräsentieren die Wirtschaft in unseren Beziehungen mit anderen Ländern und deren Märkten, wir schreiben die Positionspapiere, die der Ministerpräsident nach außen vertritt. Deshalb bin ich überhaupt in dieses Ministerium gegangen.«
»Und das ist jetzt anders?« fragte Clark.
»Jetzt? Goto trifft sich persönlich mit ihnen, und die übrige Zeit verbringt er mit Leuten, die nicht zählen, und erst jetzt wurde mein Minister hinzugezogen, das heißt, gestern«, korrigierte sich Kimura. »Und er ist immer noch dort.«
Der Mann, dachte Chavez, regt sich furchtbar auf, aber ging es nicht bloß um bürokratisches Kompetenzgerangel? Irgend jemand manövrierte das MITI aus, ja und wenn schon.
»Sie stoßen sich daran, daß die Industriellen sich mit dem Ministerpräsidenten direkt treffen?« wollte er wissen.
»In dem Umfang und derart ausgiebig, ja. Sie sollten sich zunächst an uns wenden, aber Goto ist immer Yamatas Schoßhund gewesen.« Kimura zuckte die Achseln. »Vielleicht möchten sie ja jetzt selbst die Politik machen, aber wie sollen sie das ohne uns schaffen?«
Ohne mich, meint der Mann, dachte Chavez lächelnd. Blöder Bürokrat. Davon gab es auch bei der CIA jede Menge.
Irgend etwas war bei der ganzen Sache nicht bedacht worden, aber so war es ja immer. Die meisten Touristen, die nach Saipan kamen, waren Japaner, aber eben nicht alle. Man konnte auf der Pazifikinsel vieles tun, zum Beispiel Hochseefischerei. Hier waren die Gewässer nicht so überlaufen wie um Florida herum oder am Golf von Kalifornien. Pete Burroughs war sonnengebräunt, erschöpft und hochzufrieden nach einem elfstündigen Tag auf dem Meer. Es war genau das Richtige, dachte der Computeringenieur, während er im Angelsitz saß und ein Bier trank, genau das Richtige, um einem über eine Scheidung hinwegzuhelfen. Die ersten zwei Stunden hatte er sich abgemüht, vom Ufer wegzukommen, dann hatte er drei Stunden mit der Schleppangel gekämpft, dann vier Stunden mit dem größten Thunfisch, den er jemals gesehen hatte. Das eigentliche Problem würde sein, seine Kollegen davon zu überzeugen, daß es nicht gelogen war. Das Monster war zu groß, um es über
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