08 - Ehrenschuld
schnell wie möglich. Die Dienste sind alle alarmiert.«
»Was machen die Jagdflieger da draußen?« fragte Fiedler. Sie flogen jetzt auf gleicher Höhe mit der Air Force One, in einer engen Zweierformation im Abstand von etwa einer Meile, und ihre Piloten fragten sich, wozu das Ganze gut war. Ryan fragte sich, ob die Presse davon Notiz nehmen würde. Tja, wie lange konnte diese Angelegenheit geheim bleiben?
»War meine Idee, Buzz«, sagte Ryan. Warum sollte er nicht die Verantwortung auf sich nehmen?
»Ein bißchen dramatisch, finden Sie nicht?« fragte der Außenminister.
»Wir haben auch nicht damit gerechnet, daß man unsere Flotte angreifen würde, Sir.«
»Meine Damen und Herren, hier spricht Colonel Evans. Wir nähern uns jetzt Andrews Air Force Base. Wir alle hoffen, daß Sie einen angenehmen Flug hatten. Bitte stellen Sie Ihre Sitze aufrecht und ...« Im hinteren Teil der Kabine weigerten sich die jüngeren Mitarbeiter des Weißen Hauses ostentativ, sich anzuschnallen. Die Kabinenbesatzung tat natürlich, was von ihr erwartet wurde.
Ryan spürte, wie das Fahrwerk auf der Landebahn aufsetzte. Für die Mehrheit der Mitreisenden, die Presse, war es das Ende. Für ihn war es erst der Anfang. Die ersten Anzeichen waren das größere Aufgebot an Sicherheitspolizei am Abfertigungsgebäude und einige ausgesprochen nervöse Secret-Service-Agenten. In einem gewissen Sinne war es für den Nationalen Sicherheitsberater eine Erleichterung. Nicht jeder hielt es für einen Irrtum, aber wieviel schöner wäre es, dachte Ryan, wenn er sich getäuscht hätte, nur dieses eine Mal. Anderenfalls standen sie vor der komplexesten Krise in der Geschichte seines Landes.
24 / In der Klemme
Wenn es ein schlechteres Gefühl gab als dieses, dann wußte Clark jedenfalls nicht, was es sein könnte. Er hatte angenommen, daß ihre Mission in Japan einfach sein würde: eine amerikanische Bürgerin herausholen, die sich selbst in eine unangenehme Lage gebracht hatte, und die Möglichkeit ausloten, ein altes und ein wenig angestaubtes Nachrichtennetz wieder zu aktivieren.
Na ja, das war die Idee gewesen, sagte sich der Agent auf dem Weg zu ihrem Zimmer. Chavez stellte das Auto ab. Sie hatten sich entschlossen, ein anderes zu mieten, und wieder hatte sich die Haltung des Angestellten am Schalter komplett geändert, als er sah, daß ihre Kreditkarte auch mit kyrillischen Buchstaben bedruckt war. Es war eine ganz neuartige Erfahrung. Selbst auf den Höhepunkten (oder Tiefpunkten) des Kalten Krieges hatten Russen amerikanische Bürger respektvoller behandelt als ihre eigenen Landsleute, und ob das nun auf Neugier beruhte oder nicht, war das Privileg, ein Amerikaner zu sein, für einen einsamen Fremdling in einem feindseligen Land immer eine wichtige Hilfe gewesen. Nie hatte Clark eine solche Furcht empfunden, und es war nur ein geringer Trost, daß Ding Chavez nicht die Erfahrung hatte, um zu erkennen, wie ungewöhnlich und gefährlich ihre Lage war.
Es war daher eine gewisse Erleichterung, als er das Stück Klebeband an der Unterseite des Türknaufs spürte. Vielleicht konnte Nomuri ihm brauchbare Informationen geben. Clark ging nur kurz hinein, um die Toilette zu benutzen, und eilte dann wieder hinaus. Er sah Chavez in der Halle und bedeutete ihm, dort zu bleiben. Lächelnd bemerkte er, daß sein Juniorpartner bei einem Buchladen haltgemacht und sich eine russische Zeitung besorgt hatte, die er als eine An Schutzmaßnahme ostentativ bei sich trug. Zwei Minuten später schaute Clark wieder einmal in die Auslage des Fotogeschäfts. Es war nicht viel Verkehr, aber doch genug, daß er nicht auffiel. Während er das neueste Kamerawunder von Nikon bestaunte, wurde er angerempelt.
»Passen Sie doch auf«, fuhr ihn jemand barsch auf Englisch an und ging weiter. Clark ließ einige Sekunden verstreichen, bevor er in die andere Richtung ging, um an der Ecke abzubiegen und eine Seitenstraße hinunterzueilen. Nach einer Minute fand er ein schattiges Plätzchen und wartete. Nomuri stellte sich rasch ein.
»Das ist gefährlich, Bursche.«
»Was glauben Sie, warum ich Sie benachrichtigt habe?« sagte Nomuri leise mit zittriger Stimme.
Es war wie ein Agententreff in einer TV-Serie, ungefähr so realistisch und professionell, wie wenn zwei Halbwüchsige heimlich auf der Schultoilette rauchten. Das sonderbare war, daß, so wichtig sie auch war, Nomuris Mitteilung nur eine Minute in Anspruch nahm; die übrige Zeit ging für die Tarnung drauf.
»Also erstens:
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