08 - Ehrenschuld
war ein Vizeadmiral und in genauso schlechter Stimmung wie jeder andere Offizier auf dem Marinestützpunkt Pearl Harbor. Er war verantwortlich für die Marineflugzeuge und die Decks der Flugzeugträger westlich von Nevada und hätte den Oberbefehl in einem Krieg haben sollen, der gerade vor ein paar Tagen begonnen hatte. Nicht nur, daß er seinen beiden Flugzeugträgern im Indischen Ozean nicht mitteilen konnte, was er von ihnen wollte; seine anderen beiden Flugzeugträger lagen Seite an Seite in den Trockendocks. Und dort würden sie vermutlich auch noch drei Monate bleiben, wie ein Kamerateam von CNN gerade Zuschauern in aller Welt erklärte.
»Was gibt's?« fragte er seine Besucher.
»Gibt es irgendwelche Pläne für den Westpazifik?« fragte Sanchez. »Nicht in nächster Zeit.«
»Ich kann in weniger als zehn Tagen einsatzbereit sein«, sagte der Erste
Offizier der Johnnie Reb.
»Ist das wahr?« hakte der AirPac in scharfem Ton nach.
»Welle eins ist in Ordnung. Wenn wir Nummer vier stabilisieren,
schaffe ich neunundzwanzig, vielleicht dreißig Knoten. Vermutlich mehr. Bei den Versuchen mit den beiden Wellen waren die Schrauben der kaputten Wellen noch dran. Wenn man diesen Widerstand ausschaltet, vielleicht zweiunddreißig.«
»Machen Sie weiter«, sagte der Admiral.
»Okay, zuerst müssen ihre Flugzeuge ausgeschaltet werden, richtig?« sagte Sanchez. »Dafür brauche ich weder Hoovers noch Truders. Johnnie Reb kann vier Staffeln Tomcats und vier weitere von diesen Hornets aufnehmen, Robbers-Queers-Kommando, um das Radar zu stören, plus ein zusätzliches Kommando Hummers. Und wissen Sie was?«
Der AirPac nickte. »Das entspricht beinahe der Kampfstärke auf den Inseln.« Es war eine gewagte Sache. Ein Flugzeugträger gegen zwei Hauptstützpunkte auf den Inseln war nicht gerade ... Aber die Inseln lagen schließlich ziemlich weit auseinander. Japan hatte andere Schiffe dort draußen, auch U-Boote, was ihn besonders beunruhigte. »Vielleicht ist es ein Anfang.«
»Wir brauchen noch ein paar andere Einheiten«, stimmte Sanchez zu. »Wird irgend jemand nein sagen, wenn wir um Hilfe bitten?«
Der Admiral dachte einen Moment nach. »Nicht in diesem Bereich.«
Die CNN-Reporterin hatte ihren ersten Live-Bericht oben auf einer Ecke des Trockendocks gesendet; die Bilder zeigten die beiden atomgetriebenen Flugzeugträger, die nebeneinander in ihren Trockendocks lagen. Jemand im CINCPAC-Büro hatte schon den Preis dafür bezahlt, daß er die Fernsehleute hereingelassen hatte, dachte Ryan, denn die zweite Einstellung war aus viel größerer Entfernung geschossen. Die Flugzeugträger drüben im Hafen waren hinter der Reporterin noch deutlich sichtbar, als sie im wesentlichen noch einmal wiederholte, was sie bereits gesagt hatte, und hinzufügte, sie habe aus gut informierten Kreisen erfahren, daß es bis zu sechs Monate dauern könnte, bis die Stennis und die Enterprise wieder seetüchtig wären.
Ist das nicht großartig, knurrte Jack vor sich hin. Ihr Bericht war so gut wie der in der Mappe auf seinem Schreibtisch, auf dem in roten Buchstaben »Streng Geheim« stand. Vielleicht war er sogar besser, denn ihre Quelle war vermutlich einer der Werftarbeiter, der eine Menge Erfahrung bei dieser Art Chirurgie in größten Dimensionen hatte. Nach ihr sprach ein Kommentator - diesmal ein Admiral im Ruhestand, der in irgendeiner »Denkfabrik« in Washington arbeitete -, der meinte, im günstigsten Fall sei es extrem schwierig, die Marianen zurückzuerobern.
Das Problem mit der freien Presse war, daß sie ihre Informationen an alle weitergab. In den letzten zwanzig Jahren war sie zu einer guten Informationsquelle geworden, die der Geheimdienst seines Landes für alle Arten zeitkritischer Daten nutzte. Die Ansprüche der Öffentlichkeit an die Qualität der Nachrichten waren gestiegen, und die Sender hatten darauf reagiert, indem sie sowohl die Auswahl als auch die Analyse der Nachrichten verbesserten. Natürlich hatte die Presse ihre Schwächen. Um an echte Insider-Informationen heranzukommen, waren sie mehr auf undichte Stellen als auf Sohlenleder angewiesen, und für die Analysen wurden oft Leute ausgesucht, die weniger von den Fakten als von einer bestimmten Absicht motiviert wurden. Aber in Fällen, wo es wirklich etwas zu sehen gab, arbeitete die Presse oft besser als ausgebildete Nachrichtenoffiziere, die auf der Gehaltsliste der Regierung standen.
Die andere Seite verließ sich auch darauf, dachte Jack. In dem
Weitere Kostenlose Bücher