08 - Ehrenschuld
wahren Unterhändler es nicht riskieren wollten, Erklärungen abzugeben, die gut, das waren die Regeln, erinnerte er sich selbst. Und die andere Seite hatte sie sehr geschickt benutzt. Er beobachtete, wie die beiden Männer miteinander sprachen. Der japanische Botschafter wirkte viel besorgter als sein Hauptuntergebener. Was denkst du wirklich? Um das zu erfahren, hätte Adler gemordet. Es war zu einfach, den Mann jetzt als einen persönlichen Feind anzusehen, das wäre ein Fehler. Er war ein Profi, diente seinem Land, wie er es geschworen hatte, und wurde dafür bezahlt. Ihre Augen trafen sich kurz, beide vermieden es, zu Nagumo und Cook zu schauen, und die geschäftsmäßige Emotionslosigkeit bekam für einen Moment einen Riß, gerade einen Pulsschlag lang, als die beiden Männer erkannten, daß das, worüber sie sprachen, Krieg bedeutete, Leben und Tod, Dinge, die ihnen von anderen auferlegt worden waren. Es war ein gespenstischer Augenblick der Kameradschaft, in dem die beiden Männer sich fragten, wie es zu einem so furchtbaren Zusammenbruch der Angelegenheiten hatte kommen können und wie gründlich ihre professionellen Fähigkeiten von anderen gerade mißbraucht wurden.
»Das wäre ein ausgesprochen törichter Schachzug«, sagte Nagumo liebenswürdig, und zwang sich zu einem Lächeln.
»Wenn Sie einen Kanal zu Koga haben, fangen Sie besser an, ihn zu benutzen.«
»Den habe ich, aber es ist zu früh dafür, Christopher. Wir brauchen eine Gegenleistung. Verstehen das Ihre Leute nicht?«
»Durling wird nicht wiedergewählt, wenn er dreißigtausend US-Bürger und mehr zur Disposition stellt.« Es war wirklich so simpel. »Wenn es bedeutet, ein paar tausend Ihrer Leute umzubringen, wird er das machen. Und möglicherweise glaubt er, daß es ein billiger Ausweg ist, Ihre Wirtschaft direkt zu bedrohen.«
»Das würde sich ändern, wenn Ihr Volk wüßte ...«
»Und wie werden eure Bürger reagieren, wenn sie es herausfinden?« Cook kannte Japan gut genug, um zu wissen, daß die einfachen Männer und Frauen auf der Straße Nuklearwaffen mit Abscheu betrachteten. Interessanterweise waren die Amerikaner zur gleichen Ansicht gelangt. Vielleicht kamen sie doch zur Vernunft, dachte der Diplomat, wenn auch nicht schnell genug und nicht in diesem Zusammenhang.
»Sie werden verstehen, daß diese Waffen für unsere neuen Interessen lebensnotwendig sind«, antwortete Nagumo zur Überraschung des Amerikaners. »Doch Sie haben recht, es ist auch lebensnotwendig, daß diese niemals eingesetzt werden, und wir müssen Ihre Anstrengungen, unsere Wirtschaft zu strangulieren, verhindern. Wenn das geschieht, werden Menschen sterben.«
»Seiji, nach dem, was Ihr Boß vorhin gesagt hat, sterben jetzt schon Menschen.« Mit diesen Worten gingen die beiden Männer zurück zu ihren jeweiligen Delegationsleitern.
»Nun?« fragte Adler.
»Er sagt, daß er mit Koga Kontakt hatte.«
Dieser Teil war so offensichtlich, daß das FBI nicht daran gedacht hatte und dann beinahe ausgeflippt wäre, als er es erwähnte, doch Adler kannte Cook. Diesen Teil der diplomatischen Anstrengungen genoß er, genoß ihn gerade ein bißchen zu sehr, genoß die Bedeutung, die er erlangt hatte. Selbst in diesem Moment war Cook nicht klar, was er da, so mir nichts, dir nichts, ausgeplaudert hatte. Nicht gerade ein definitiver Beweis für ein Fehlverhalten, doch genug, Adler davon zu überzeugen, daß Cook mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die undichte Stelle war, und nun hatte Cook möglicherweise etwas anderes durchsickern lassen, doch diesmal etwas, das Ryan sich ausgedacht hatte. Adler erinnerte sich, daß Ryan vor Jahren - damals Mitglied einer externen Gruppe, die hereingeholt worden war, um die Vorgehensweisen der CIA zu untersuchen -, durch die Erfindung der Kanarienfalle zu hohem Ansehen gekommen war. Nun, sie war wieder zugeschnappt.
Das Wetter an diesem Morgen war so kühl, daß die Delegationen ein bißchen zeitiger zum nächsten Teil der Gespräche hineineilten. Dieser Teil, dachte Adler, könnte uns tatsächlich weiterbringen.
Colonel Michael Zacharias leitete die Einweisungsbesprechung der Operation. Es war eine Routineangelegenheit, ungeachtet der Tatsache, daß die B-25 noch nie einen Schuß im Ernstfall abgefeuert, genauer gesagt, einen Schuß abgeworfen hatte, doch das Prinzip war das gleiche. Die Geschichte der 509. Bomberstaffel reichte zurück bis ins Jahr 1944, wo sie unter dem Kommando eines Colonel Paul Tibbets, U.S. Army Air Force,
Weitere Kostenlose Bücher