08 - Ehrenschuld
daß alle Mann an ihren Plätzen und bereit seien, und dann wurde es auf dem Boot so still wie auf einem Friedhof an Halloween.
»Der Kontakt stabilisiert sich«, sagte der Sonarmann über sein Kopfhörermikrofon. »Er bewegt sich mehr nach Westen, Peilung des Zielobjekts jetzt null-sieben-fünf. Schwaches Schraubengeräusch, die Kontaktgeschwindigkeit beträgt schätzungsweise zehn Knoten.«
Damit war klar, daß es sich um ein U-Boot handelte, was allerdings ohnehin zu erwarten gewesen war. Das Diesel-U-Boot hatte sein eigenes Schleppsonar und fuhr abwechselnd mit Höchstgeschwindigkeit und verlangsamte dann wieder, damit es auch die Geräusche auffangen konnte, die es durch die höheren Strömungsgeräusche womöglich verpaßte.
»Rohre eins, drei und vier sind mit ADCAPs geladen«, meldete ein
Waffenkontrolltechniker. »Rohr zwei mit einem LEMOSS.«
»Alle scharf machen.« Die meisten Kommandanten sagten
»aufwärmen«, aber ansonsten hielt er sich genau an die Vorschriften. »Geschätzte Distanz zur Zeit zwanzigtausend Meter«, meldete der
Feuerleitoffizier.
Der Sonarmann entdeckte etwas Neues auf dem Bildschirm und rückte
seinen Kopfhörer zurecht.
»Achtung, Geräusche - klingt nach Rumpfgeräuschen von Sierra zehn.
Der Kontakt verändert seine Tiefe.«
»Ich wette, er taucht auf«, sagte der Captain hinter ihm. So wird es wohl
sein, dachte der Sonarmann und nickte. »MOSS ins Wasser lassen, Kurs
null-null-null. Die ersten zehntausend Meter ruhig halten, dann auf normale
Zielerfassung gehen.«
»Aye, Sir.« Die Technikerin gab die entsprechenden Daten in das
Leitsystem ein und der Waffenoffizier überprüfte die Anweisungen. »Zwei ist bereit.«
»Kontakt Sierra zehn läßt etwas nach, Sir. Ist jetzt wahrscheinlich
oberhalb der Schicht.«
»Auf jeden Fall ein direkter Kontakt, Sir«, meldete als nächstes der
Strahlenwegtechniker. »Es ist mit Sicherheit kein CZ-Kontakt.« Ein kaum wahrnehmbares Beben durchlief die Pennsylvania, als das
LEMOSS abgeschossen wurde. Vom Sonar sofort erfaßt, beschrieb es
zunächst eine Linkskurve, um dann in die entgegengesetzte Richtung
abzudrehen und mit gerade mal zehn Knoten nach Norden zu laufen. Das
LEMOSS basierte auf dem alten Mark-48-Torpedo und bestand im
wesentlichen aus einem riesigen Tank mit OTTO-Treibstoff, wie ihn auch
die amerikanischen »Fische« benutzten, sowie einem kleinen
Antriebssystem und einem Schallerzeuger, der das Geräusch eines
Triebwerks ausstrahlte. Das Geräusch hatte die gleiche Frequenz wie ein
Atomantrieb, war allerdings um einiges lauter als der Antrieb der OhioKlasse. Es schien niemandem etwas auszumachen, daß die Dinger zu laut
waren. Angriffs-U-Boote fielen fast immer darauf herein, selbst
amerikanische, die es eigentlich besser wissen müßten. Das neue Modell
mit dem neuen Namen konnte über fünfzehn Stunden lang in Bewegung
bleiben, und es war ein Jammer, daß es erst zu einem Zeitpunkt entwickelt
worden war, als die Boomer wenige Monate später vollständig und
endgültig entwaffnet wurden.
Jetzt war Geduld angesagt. Das japanische U-Boot verlangsamte noch
etwas mehr, zweifellos nahm es noch eine letzte Sonarkontrolle vor, bevor
es die Dieselmotoren für seine schnelle Fahrt nach Westen einschaltete. Der
Sonarmann verfolgte das LEMOSS auf seinem Weg Richtung Norden. Das
Signal war schon fast verschwunden, als sich in fünf Meilen Entfernung der Schallerzeuger einschaltete. Zwei Meilen später durchbrach es die
Thermoklinale, und jetzt wurde die Sache ernst.
»Sir, Sierra zehn hat gerade die Geschwindigkeit verändert, andere
Schraubendrehzahl, wird langsamer.«
»Er hat ein gutes Sonarsystem«, sagte der Captain, der direkt hinter dem
Sonarmann stand. Die Pennsylvania war etwas gestiegen und schleppte ihr
Sonar über der Schicht, um den Kontakt besser erfassen zu können,
während das U-Boot selbst darunter blieb. Er drehte sich um und fragte mit
erhobener Stimme: »Waffen?«
»Eins, drei und vier sind abschußbereit, alle programmiert.« »Suchraster für vier einstellen, Kurs null-zwo-null.«
»Befehl ausgeführt, Sir. Rohr vier bereit gemacht.«
»Ziel auffassen und los!« befahl der Captain von der Tür des
Sonarraums aus und fügte dann hinzu: »Einen weiteren ADCAP laden.« Wieder durchlief ein Beben die Pennsylvania, als die neueste Version
des altehrwürdigen Mark-48-Torpedos ins Wasser gestoßen wurde und sich
Richtung Norden wandte, wobei das Geschoß mittels eines aus seinem
Heck austretenden Leitkabels gesteuert wurde.
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