08 - Ehrenschuld
Wirkung war es nicht. Es war alles eine Illusion gewesen. Sein Land war auf einen Krieg nicht vorbereitet gewesen, weder im psychologischen noch im materiellen Sinne, und jetzt wurde den Leuten plötzlich klar, was sich da tatsächlich gerade abspielte. Die Gerüchte über die Ermordung - wie sonst sollte man es nennen? - eines prominenten zaibatsu hatten die Regierung in Aufruhr versetzt. Ministerpräsident Goto tat fast nichts, hielt keine Reden, zeigte sich nicht einmal in der Öffentlichkeit, damit ihm keine Fragen gestellt werden konnten, auf die er keine Antworten wußte. Das Vertrauen seines Kapitäns allerdings war, wie der Kopilot sehen konnte, nach wie vor ungebrochen.
»Nein, das werden wir nicht! Wie können Sie so etwas sagen? Diese Inseln gehören uns!«
»Das wird sich zeigen«, bemerkte der Kopilot, der es dabei bewenden ließ und sich wieder um seine Arbeit kümmerte. Er hatte ja auch zu tun, mußte den Treibstoff, den Wind und andere technische Details überprüfen, die für den erfolgreichen Verlauf des Fluges mit einer Passagiermaschine von Bedeutung waren, all das, was die Passagiere nie sahen und was sie annehmen ließ, daß die Besatzung einfach erschien und das Flugzeug in Gang setzte, als sei es ein Taxi.
»Gut geschlafen?«
»Und wie, Captain. Ich habe von einem heißen Tag und einer heißen
Frau geträumt.« Richter stand auf, und seine Bewegungen straften die
Behauptungen über sein Wohlbefinden Lügen. Ich bin eigentlich wirklich zu
alt für diesen Mist, dachte der Chief Warrant Officer. Nur Schicksal und
Glück - wenn man es so nennen konnte - hatten dazu geführt, daß er
überhaupt an diesem Einsatz teilnahm. Niemand sonst war so lange
Comanche geflogen wie er und seine Kollegen, und irgend jemand hatte
entschieden, daß sie clever genug waren, um die Sache zu erledigen, ohne
irgendeinen verdammten Colonel, der alles vermasselte. Und jetzt konnte er
hier rausschwirren. Er schaute auf und sah, daß der Himmel klar war. Hätte
besser sein können. Um hin- und wieder zurückzukommen, wären Wolken
besser.
»Die Tanks sind voll.«
»Ein Kaffee wäre jetzt nicht schlecht«, dachte er laut.
»Hier, Mr. Richter.« Es war Vega, der First Sergeant. »Ein schöner
Eiskaffee, wie sie ihn in den besten Hotels in Florida servieren.« »Oh, vielen Dank, Mann.« Richter nahm die Blechtasse mit einem
vergnügten Glucksen. »Irgendwas Neues über draußen?«
Das war nicht gut, dachte Claggett. Die Aegis-Kolonne hatte sich zerstreut, und jetzt war eins der verdammten Dinger zehn Meilen entfernt. Dazu kam noch, daß kurz davor ein Hubschrauber in der Luft gewesen war, wie er über seinen ESM-Mast herausgefunden hatte, den er dem weitbesten Überwachungsradar zum Trotz kurz ausgefahren hatte. Aber da waren nun mal drei Army-Hubschrauber, die sich darauf verließen, daß er hier war, so war es eben. Es hatte ja nie jemand behauptet, daß man sich ohne Risiko in Gefahr begeben könnte. Er konnte es nicht. Sie auch nicht.
»Und unser anderer Freund?« fragte er seinen Sonar-Chief. Der
wesentliche Teil der Antwort bestand in einem Kopfnicken. Die Worte bekräftigten es lediglich noch.
»Wieder außer Reichweite.«
Die Windgeschwindigkeit über Wasser betrug dreißig Knoten, so daß sich die Wellen hoch auftürmten und die Sonarleistung behinderten. Es wurde sogar schwierig, den Zerstörer zu halten, da er nur noch mit einer Patrouillengeschwindigkeit von fünfzehn Knoten fuhr. Das U-Boot im Norden war wieder verschwunden. Vielleicht war es wirklich verschwunden, aber es war riskant, sich darauf zu verlassen. Claggett warf einen Blick auf die Uhr. In weniger als einer Stunde mußte er entscheiden, was zu tun war.
Sie würden blind hineinfliegen, was ungünstig, aber notwendig war. Normalerweise hätten sie erst mit Aufklärern Informationen gewonnen, aber hier ging es vor allem darum, einen Überraschungseffekt zu erzielen, und der durfte nicht aufs Spiel gesetzt werden. Die TrägerflugzeugKampftruppe hatte die Flugrouten der zivilen Luftfahrt gemieden, sich in den Wolken versteckt und überhaupt alles Erdenkliche getan, um sich ein paar Tage lang wirklich rar zu machen. Jackson war sicher daß seine Anwesenheit ein Geheimnis war, doch damit das auch so blieb, mußte er sich auf vereinzelte Meldungen der U-Boote über elektronische Aufklärung auf den Inseln verlassen, und diese bestätigten letzten Endes nur, daß der Gegner mehrere E-2C-Flugzeuge sowie eine monströse LuftabwehrRadaranlage hatte. Es
Weitere Kostenlose Bücher