08 - Ehrenschuld
auswärtigen Dienst seines Landes, was ihnen mehr Verlegenheit bereitete als ihm. »Sie dürfen nicht vergessen, Genosse Minister, daß dies die Schätzung ist, die uns die Japaner überlassen haben. Sie rechnen fest damit, auf die Hälfte dessen, was sie entdecken, Zugriff zu erhalten, und da sie zwangsläufig den größten Teil der Entwicklungsgelder aufbringen werden ...«
Ein Lächeln. »Ja, während wir die größten strategischen Risiken eingehen. Widerwärtige kleine Leute«, fügte der Minister hinzu. Wie diejenigen, mit denen Zhang in Tokio verhandelt hatte, waren auch der Minister und der Marschall Veteranen der 8. Armee. Auch sie hatten Kriegserinnerungen, aber nicht an den Krieg mit Amerika. Er zuckte die Achseln. »Was soll man machen; wir sind schließlich auf sie angewi esen.«
»Ihre Waffen sind beeindruckend«, bemerkte der Marschall. »Aber nicht ihre Mannschaftsstärke.«
»Das ist ihnen bewußt«, erklärte Zhang Han San seinen Gastgebern. »Es ist, wie mein Hauptkontakt sagt, eine Zweckehe zwischen Notwendigkeiten und Erfordernissen, aber er hofft, daß es sich entwickeln werde zu einer, wie er sagt, wahren und herzlichen Beziehung zwischen Völkern mit einer tiefen ...«
»Wer wird die Führung haben?« fragte der Marschall mit einem hinterhältigen Lächeln.
»Die Japaner natürlich. Denkt er«, fügte Zhang Han San hinzu.
»In dem Fall müssen sie, da sie um uns werben, die ersten offenen Schritte machen«, sagte der Minister und definierte damit die Haltung seines Landes auf eine Weise, die bei seinem Vorgesetzten keinen Anstoß erregen würde, einem kleinen Mann mit koboldhaften Augen und einer Entschlossenheit, die einen Löwen zurückweichen läßt. Er schaute hinüber zum Marschall, der unauffällig nickte. Es war, dachten die beiden anderen, bemerkenswert, was der Mann an Alkohol vertragen konnte.
»Wie ich erwartet hatte«, erklärte Zhang lächelnd. »Das heißt, sie erwarten es, weil sie mit dem größten Profit rechnen.«
»Lassen wir ihnen ihre Illusionen.«
»Ich bewundere Ihr Selbstbewußtsein«, bemerkte der NASA-Ingenieur auf der Besuchergalerie über der Produktionsstätte. Er bewunderte zugleich die finanzielle Ausstattung. Die Regierung hatte diesem Industriekonzern das Geld vorgestreckt, damit er die sowjetische Konstruktion erwerben und bauen konnte. Die Privatindustrie hatte hier doch einen erheblichen Einfluß.
»Wir haben das Problem der Transportstufe vermutlich aufgeklärt. Ein mangelhaftes Ventil«, erklärte der japanische Ingenieur. »Wir haben eine sowjetische Konstruktion verwendet.«
»Was wollen Sie damit sagen?«
»Ich will damit sagen, daß wir für die Treibstofftanks der Transportstufe ihre Ventilkonstruktion verwendet haben. Sie taugte nichts. Sie haben dort versucht, alles mit extrem leichtem Gewicht zu machen, aber ...«
Der NASA-Vertreter konnte es nicht fassen. »Sie wollen mir doch nicht erzählen, daß die ganze Produktionsserie ihrer Rakete ...«
Ein wissender Blick ließ den Amerikaner verstummen. »Doch. Wenigstens ein Drittel davon hätte versagt. Meine Leute glauben, daß die Testraketen speziell gefertigt wurden, während die Serienmodelle, tja, wie soll ich sagen: typisch russisch waren.«
»Hm.« Die Sachen des Amerikaners waren schon gepackt, und draußen wartete ein Auto, das ihn für den endlosen Flug nach Chicago zum Narita International Airport bringen sollte. Er blickte in die Fertigungshalle hinunter. So mochte es in den sechziger Jahren, auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges, bei General Dynamics ausgesehen haben. Die Booster lagen wie Würstchen Seite an Seite aufgereiht, fünfzehn an der Zahl in verschiedenen Fertigungsstadien, und Techniker im weißen Kittel gingen ihren komplizierten Aufgaben nach. »Die zehn dort scheinen fast fertig zu sein.«
»Sie sind fertig«, versicherte ihm der Betriebsleiter.
»Wann machen Sie den nächsten Test?«
»Nächsten Monat. Die ersten drei Nutzlasten stehen bereit«, erwiderte der Konstrukteur.
»Wenn Sie mal was anpacken, dann geht's aber zur Sache.«
»Auf diese Weise ersparen wir uns unnötige Arbeit.«
»Die Dinger gehen also fertig montiert raus?«
Ein Nicken. »Richtig. Die Treibstofftanks werden natürlich mit Edelgas gefüllt. Das Gute an dieser Konstruktion ist, daß die Dinger als fertige Einheiten transportiert werden. So spart man sich die Endmontage auf der Abschußbasis.«
»Gehen sie per Lkw raus?«
»Nein«, sagte der japanische Ingenieur, »per Eisenbahn.«
»Und die
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