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08 - Ehrenschuld

08 - Ehrenschuld

Titel: 08 - Ehrenschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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versucht. Dort drüben regiert die Wirtschaft.
Parlament und Ministerien, das ist bei ihnen die >Legende<, die
maskirowka für die Industrieimperien.«
»Wenn das so ist, dann gibt es wenigstens eine Regierung, die
anständige Autos zu bauen versteht.« Chavez kicherte. Er hatte darauf
verzichtet, den Corvette zu kaufen, von dem er träumte die Dinger waren
einfach zu teuer -, und sich für einen »Z« entschieden, der fast genauso
sportlich war und die Hälfte kostete. Und den würde er nun auch aufgeben
müssen, dachte Ding. Wenn er heiraten wollte, mußte er doch etwas
respektabler und gesetzter werden.
»Njet. Eines müssen Sie kapieren: Der Gegensatz zwischen Staat und
Wirtschaft, von dem Ihre Regierung ausgeht, existiert dort nicht. Was
glauben Sie denn, warum die Verhandlungen mit ihnen so schwierig sind?
Ich bin sehr früh auf diese Tatsache gestoßen, und der KGB hat es sofort
kapiert.«
Für sie war es ja auch klar, dachte Clark und nickte. Genau diese
»Tatsache« wurde ja von der kommunistischen Theorie vorausgesagt. War
gar nicht so verkehrt! »Wie war der Fang?« fragte er.
»Ausgezeichnet«, versicherte Ljalin. »Aufgrund ihrer Erziehung können sie Kränkungen leicht einstecken, haben aber Schwierigkeiten, darauf zu reagieren. Sie sind voller Zorn, den sie in ihrem Inneren verbergen. Man
braucht bloß ein bißchen Mitgefühl zu zeigen.«
Clark nickte wieder und dachte: Dieser Kerl ist ein echter Profi.
Vierzehn gut plazierte Agenten, die Namen und Adressen und
Telefonnummern hatte er noch im Kopf. Und in Langley hatte - für ihn
wenig überraschend - keiner daran gedacht, das zu nutzen. Wegen dieser
saublöden ethischen Regeln, die der Agency von den Juristen aufgedrängt
wurden - einer Sorte von Beamten, die sich überall wie Unkraut
ausbreiteten. Als ob irgend etwas, was die Agency machte, im strengen
Sinne ethisch war. Klar, er und Ding hatten Corp gekidnappt, allerdings im
Interesse der Justiz. Hätten sie ihn aber, statt ihn seinen Landsleuten zu
überlassen, nach Amerika gebracht und dort vor Gericht gestellt, dann hätte
irgendein hochbezahlter und äußerst ethischer Verteidiger, der es vielleicht
sogar noch unentgeltlich machte - und gratis die Justiz behinderte, dachte
Clark -, gegeifert und getobt und sich schwülstig darüber ausgelassen, wie
dieser Patriot sich doch gegen die Besetzung seines Landes zur Wehr
gesetzt habe und so weiter und so fort.
»Eine interessante Schwäche«, erkannte Chavez. »Im Grunde sind die
Menschen doch überall gleich, stimmt's?«
»Die Masken sind verschieden, doch darunter steckt dasselbe Fleisch«,
verkündete Ljalin und fühlte sich noch mehr als Lehrer. Die
Stegreifbemerkung war die beste Lektion, die er heute gegeben hatte.
    Die häufigste aller menschlichen Klagen ist zweifellos: Hätte ich es doch nur vorher gewußt. Aber das ist uns verwehrt, und daher beginnen Tage, die Tod und Verderben bringen, oft nicht anders als Tage der Liebe und Freundlichkeit. Pierce Denton belud das Auto für die Fahrt nach Nashville. Für die Zwillingsmädchen waren hinten im Cresta Sicherheitssitze installiert, und dazwischen ein kleinerer Sitz für ihr neues Brüderchen Matthew. Die Zwillinge Jessica und Jeanine waren dreieinhalb und hatten das »schreckliche Alter« von zwei Jahren überstanden (genaugenommen hatten's ihre Eltern überlebt), in dem man gleich zwei Abenteuer besteht: gehen und sprechen lernen. Beide in roten Kleidchen und weißen Strumpfhosen, ließen sie sich jetzt von Mama und Papa in ihre Sitze heben. Dann kam Matthew dran, unruhig und quengelig, aber die Mädchen wußten, daß die Vibrationen des Autos ihn rasch in den Schlaf wiegen würden, und schlafen tat er ohnehin die meiste Zeit, außer wenn er von Mama gestillt wurde. Es war ein großer Tag, denn sie fuhren übers Wochenende zu Großmutter.
    Pierce Denton, siebenundzwanzig, war Polizeibeamter in der kleinen städtischen Polizeistation von Greeneville, Tennessee, und er besuchte noch Abendkurse, um seinen Collegeabschluß zu machen, hatte aber keinen größeren Ehrgeiz, als seine Kinder aufzuziehen und in den bewaldeten Bergen ein behagliches Leben zu führen, wo ein Mann mit seinen Freunden jagen und angeln gehen konnte, wo man sonntags die Kirche einer freundlichen Gemeinde besuchte und im großen und ganzen ein Leben führte, wie man es sich nur wünschen konnte. Der Beruf belastete ihn längst nicht so wie seine Kollegen andernorts, und er bedauerte das keineswegs. Auch in Greeneville gab

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