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08 - Im Angesicht des Feindes

08 - Im Angesicht des Feindes

Titel: 08 - Im Angesicht des Feindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Schmerz durchzuckte ihren Magen. Auf der feuchten Decke liegend, zog sie ihre Knie hoch und schlang ihre Arme um ihre Mitte. Dabei rutschte die Decke ein wenig weg, und die klamme Luft ihres lichtlosen Gefängnisses traf ihren Körper.
    »Kalt«, flüsterte sie mit ihren verklebten Lippen und nahm ihre Hände von ihrem Magen, um ihre Strickjacke fester um sich zu ziehen. Eine Hand schob sie zwischen ihre Beine, um sie warmzuhalten. Die andere stopfte sie in die Tasche der Strickjacke.
    Und da fand sie ihn, in dieser Tasche. Sie öffnete die Augen in der Finsternis, die sie umschloß, und fragte sich, wie sie den kleinen Widgie hatte vergessen können. Eine schöne Freundin bin ich, denke dauernd nur an mich und wünsche mir, ich könnte mit Breta reden, und vergesse ganz den armen kleinen Widgie, der bestimmt genauso friert und genausoviel Angst und Hunger und Durst hat wie ich.
    »'tschuldige, Widgie«, murmelte sie und schloß ihre Finger um die kleine Tonfigur, die - wie Cito ihr gewissenhaft erklärt hatte - vor langer Zeit gebrannt und glasiert und in ein Weihnachtsknallbonbon für ein Kind gepackt worden war, das viele Jahre vor Charlottes Geburt gelebt hatte. Sie fuhr die Rillen auf Widgies Rücken nach und die Spitze an einem Ende, die seine Schnauze war. Sie und Cito hatten ihn eines Tages unter ähnlichen winzigen Figürchen in einem Laden in der Camden Passage gesehen, wo sie ein Geschenk für Mama zum Muttertag gesucht hatten. »Ein Igel, ein Igel«, hatte Lottie aufgeregt gerufen und auf das kleine Tontier gedeutet. »Cito, er sieht genauso aus wie Mrs. Tiggy-Winkle.«
    »Na, nicht ganz genauso, Charlie«, hatte Cito gesagt.
    Und er hatte recht. Im Gegensatz zu Mrs. Tiggy-Winkle trug dieser kleine Igel keinen gestreiften Petticoat und keine Haube und kein Kleid. Er hatte gar nichts an, er hatte nur seine Stacheln und sein niedliches kleines Igelgesicht. Auch wenn er keine Kleider trug, so war er immerhin ein Igel, und Igel waren Lotties ganz besondere Lieblingstiere. Cito hatte ihn ihr gekauft und feierlich überreicht, und seitdem hockte er wie ein Glücksbringer in ihrer Jackentasche und begleitete sie überallhin. Wie hatte sie Widgie nur vergessen können, wo er doch die ganze Zeit bei ihr gewesen war?
    Sie holte ihn aus der Tasche und drückte ihn an ihre Wange. Bei der Berührung wurde sie ganz niedergeschlagen. Er war so kalt wie Eis. Sie hätte ihn wärmer halten müssen. Sie hätte besser auf ihn aufpassen müssen. Er war auf sie angewiesen, und sie hatte ihn im Stich gelassen.
    Sie tastete in der Dunkelheit nach einem Zipfel der Decke, auf der sie lag, und wickelte den Igel darin ein. Mit steifen Lippen sagte sie leise: »So ist es gemütlich, Widgie. Keine Angst. Wir kommen bald wieder nach Hause.«
    Ganz bestimmt würden sie bald nach Hause kommen. Sie wußte, daß Cito die Geschichte erzählen würde, wie der Mann es wollte, und dann würde das alles hier vorbei sein. Keine Dunkelheit mehr. Keine Kälte mehr. Keine Ziegelsteine mehr als Bett, kein Eimer mehr als Klo. Sie hoffte nur, Cito würde Mrs. Maguire bei seiner Geschichte um Hilfe bitten, ehe er sie erzählte. Er war kein besonders guter Geschichtenerzähler, und seine Geschichten fingen immer gleich an. »Es war einmal ein häßlicher und böser Zauberer und eine wunder-wunderschöne kleine Prinzessin mit kurzem, braunem Haar und einer Brille ...« Wenn der fremde Mann eine andere Geschichte haben wollte, würde Cito auf jeden Fall Mrs. Maguires Hilfe brauchen.
    Lottie versuchte zu schätzen, wie lange es her war, seit sie das Tonband für Cito aufgenommen hatte. Sie versuchte zu schätzen, wie lange Cito brauchen würde, um sich seine Geschichte auszudenken, nachdem er das Band abgehört hatte. Sie überlegte, was für eine Geschichte dem fremden Mann am besten gefallen und wie Cito sie ihm zukommen lassen würde. Würde er sie auf Band sprechen wie sie die Nachricht für ihn? Oder würde er sie am Telefon erzählen?
    Sie war zu müde, um sich Antworten auf ihre Fragen auszudenken. Sie war sogar zu müde, um Vermutungen anzustellen. Eine Hand tief in der Jackentasche, die andere zwischen den Beinen und die Knie hochgezogen, damit ihr der Bauch nicht weh tat, schloß sie die Augen und dachte an Schlaf. Weil sie so müde war. Sie war so schrecklich müde ...
    Licht und lautes Getöse weckten sie. Wie bei einem Gewitter, nur umgekehrt. Erst ein Knarren und ein lauter Knall, und danach das Licht, das rotglühend ihre Augenlider

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