08 - Im Angesicht des Feindes
wollte eine Journalistin ein Interview mit mir haben. Am liebsten auf der Stelle. Ist das nicht angesichts der Umstände ein merkwürdiges Zusammentreffen?«
»Das hat doch überhaupt nichts zu sagen«, versetzte Luxford.
»Lieber Himmel, Eve, du bist Staatssekretärin! Die Journalisten wollen doch bestimmt dauernd was von dir.«
»So bald wie möglich, hat sie gesagt«, fuhr Eve fort, als hätte Luxford gar nicht gesprochen. »Wir könnten einen Termin ja ganz privat vereinbaren, denn es wäre mir doch sicher lieber, wenn meine Mitarbeiter nicht erführen, daß sie mit mir gesprochen habe.«
»War sie von meiner Zeitung?« fragte Luxford.
»Na, so dumm wärst du bestimmt nicht. Aber von deiner früheren Zeitung. Und das finde ich sehr interessant.«
»Es ist reiner Zufall! Das mußt du doch einsehen!«
»Vielleicht würde ich das, wenn es ein Einzelfall geblieben wäre.«
»Wieso?« fragte Stone. »Eve, was ist los?«
»Seit heute nachmittag um halb vier haben fünf Journalisten angerufen. Joel hat die Gespräche entgegengenommen. Er sagte, sie witterten irgendwas. Alle hätten sie mich sprechen wollen. Nun wollte er wissen, ob ich eine Ahnung hätte, was denen in die Nase gestiegen sei, und wie sollte er mit diesem plötzlichen Interesse an ... Ja, woran sind sie denn eigentlich plötzlich so interessiert, Mrs. Bowen?«
Luxford sagte beschwörend: »Nein, Evelyn. Ich habe keiner Menschenseele etwas gesagt. Das hat nichts mit -«
»Verschwinde aus meinem Haus, du Schwein«, entgegnete sie leise. »Ich würde lieber sterben, als dir noch in die Hände zu spielen.«
St. James ging mit Luxford hinaus, um noch einen Moment mit ihm zu sprechen, ehe er in seinen Wagen stieg. Er hätte nie geglaubt, daß ihm der Chefredakteur der Source einmal leid tun würde, aber jetzt verspürte er Mitleid mit ihm. Der Mann sah müde und abgekämpft aus. Auf seinem eleganten blauen Hemd waren riesige Schweißflecken zu sehen. Sein ganzer Körper roch nach Schweiß.
»Und jetzt?« fragte er wie betäubt.
»Ich werde noch einmal mit ihr sprechen.«
»Wir haben keine Zeit.«
»Ich spreche jetzt gleich mit ihr.«
»Sie gibt bestimmt nicht nach.« Sein Blick flog zum Haus, das ihnen beiden nichts weiter sagte, als daß nun außer im Wohnzimmer in einem der oberen Räume Licht gemacht worden war.
»Sie hätte damals abtreiben sollen«, sagte er. »Ich weiß nicht, warum sie es nicht getan hat. Ich habe immer vermutet, weil sie einen konkreten Grund brauchte, mich zu hassen.«
»Wofür?«
»Daß ich sie verführt habe. Oder daß ich in ihr den Wunsch geweckt habe, sich verführen zu lassen. Das letztere, vermute ich. Das eigene Begehren hat für viele Menschen etwas Beängstigendes.«
»Das ist wahr.« St. James schlug leicht auf das Verdeck von Luxfords Wagen. »Fahren Sie nach Hause. Ich will sehen, was ich tun kann.«
»Nichts«, prophezeite Luxford.
»Trotzdem - lassen Sie mich sehen.«
Er wartete, bis Luxford abgefahren war, ehe er zum Haus zurückging. Stone öffnete ihm auf sein Läuten.
»Ich glaube, es ist höchste Zeit, daß Sie verschwinden«, sagte er. »Sie hat genug mitgemacht. Herrgott! Wenn ich mir vorstelle, daß ich beinahe selbst auf sein Theater reingefallen wäre! Unglaublich!«
»Ich stehe auf niemandes Seite, Mr. Stone«, erklärte St. James. »Lassen Sie mich mit Ihrer Frau sprechen. Ich habe ihr noch nicht alles gesagt, was sie über die Nachforschungen des heutigen Tages wissen sollte. Sie hat ein Recht auf diese Informationen. Da werden Sie mir doch zustimmen.«
Mit zusammengekniffenen Augen ließ sich Stone St. James' Worte durch den Kopf gehen. Er sah so abgekämpft aus wie Luxford. Eve Bowen hingegen hatte überhaupt nicht so ausgesehen. Sie hatte den Eindruck gemacht, als wäre sie bereit, weitere fünfzehn Runden zu kämpfen und den Ring als Siegerin zu verlassen.
Schließlich nickte Stone und trat von der Tür zurück. Mit schwerem Schritt stieg er die Treppe ins obere Stockwerk hinauf, während St. James ins Wohnzimmer ging und überlegte, was er sagen, was er tun sollte, wie er die Frau dazu bringen sollte, etwas zu unternehmen, ehe es zu spät wäre.
Auf dem Couchtisch, auf dem Mrs. Maguire bei seinem letzten Besuch ihren Altar aufgebaut hatte, stand jetzt ein Schachspiel von unkonventioneller Art. St. James nahm die beiden gegnerischen Könige zur Hand. Der eine war Harold Wilson, der andere Margaret Thatcher.
»Er hat es geschafft, Sie glauben zu machen, daß ihm an Charlotte
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