08 - Im Angesicht des Feindes
Öffentlichkeit erwarten können, werden sich, sobald wir diese Geschichte über Bowens Vorliebe, wichtige Informationen zurückzuhalten, veröffentlichen, sämtliche Feinde, die sie sich je gemacht hat, bei uns melden, um uns die Tips zu geben, die uns genau zu dem führen, was wir suchen.«
»Und was suchen wir?« fragte Luxford.
»Den Schuldigen. Ich wette, das ist die entscheidende Information, die sie zurückhält.« Corsico fuhr sich mit der Hand glättend durch sein Haar. Aber es sah danach gleich wieder so zottig aus wie vorher. »Schauen Sie, das einzige, was einen Sinn ergibt, ist, daß sie weiß, wer das Kind entführt hat. Entweder das, oder aber sie hat das Kind selbst entführen lassen. Das sind die beiden einzigen möglichen Erklärungen dafür, daß sie nicht auf der Stelle die Polizei eingeschaltet hat. Und auch die einzigen logischen Erklärungen. Wenn wir das nun mit der Tatsache in Verbindung bringen, daß sie die Identität des Kindsvaters von Anfang an verschwiegen hat ... also, ich denke, Sie verstehen, worauf ich hinauswill, oder nicht?«
»Ehrlich gesagt, nein.«
Rodney wurde augenblicklich hellhörig. Diesen Ton von Luxford kannte er. Tödlich ruhig, ausgesprochen höflich. Luxford war dabei, den Strick abzuspulen. Er wartete nur darauf, daß Corsico ihn aufnehmen, um seinen Hals schlingen und sich daran aufhängen würde. Und die Story gleich mit dazu.
Er funkte dazwischen, indem er in, wie er hoffte, entschiedenem Ton sagte: »Das ist soweit ein sauber recherchiertes Stück Arbeit. Mitch wird natürlich Schritt für Schritt vorgehen und dafür sorgen, daß alle seine Fakten gut untermauert sind. Richtig?«
Aber Corsico verstand den Wink nicht. Er sagte: »Hey, ich hab' fünfundzwanzig Pfund gewettet, daß zwischen dem Verschwinden der Kleinen und dem Vater ein Zusammenhang besteht. Und wenn wir erst mal anfangen, der Bowen auf den Zahn zu fühlen, wette ich noch mal fünfundzwanzig, daß wir ihn finden werden.«
Halt endlich die Klappe, Mitch, dachte Rodney. Er versuchte, Corsico ein Zeichen zu geben, indem er sich auf den Mund köpfte, aber der junge Reporter war viel zu begierig, seine Argumente darzulegen. Schließlich war Luxford ja sonst immer ganz begeistert von seinen Ausführungen. Aus welchem Grund hätte er vermuten sollen, daß es jetzt nicht so war? Es ging doch auch diesmal darum, den verhaßten Konservativen ein Bein zu stellen. Und hatten Corsicos Bemühungen, die Tories zu Fall zu bringen, bisher nicht stets Luxfords rückhaltlosen Beifall gefunden?
»Wie schwierig kann es schon sein, die Verbindung zu finden?« fuhr Corsico fort. »Wir haben die Geburtsurkunde des Kindes. Wir zählen vom Geburtsdatum neun Monate zurück und kümmern uns mal drum, was Eve Bowen um diese Zeit getrieben hat. Ich hab' sogar schon damit angefangen.« Er blätterte in seinem Heft, las einen Moment lautlos und sagte dann: »Genau. Hier. Sie war damals politische Berichterstatterin beim Daily Telegraph. Das ist unser Ausgangspunkt.«
»Und wie soll es weitergehen?«
»Das weiß ich noch nicht. Aber ich sag' Ihnen gern, was ich vermute.«
»Bitte, tun Sie das.«
»Ich würde sagen, sie hat mit einem hohen Tier von den Konservativen ein Verhältnis gehabt, um sich übers Bett einen Platz auf irgendeiner Kandidatenliste zu ergattern. Da kämen diverse Leute in Frage. Der Schatzkanzler, der Innenminister, der Außenminister. Irgendeiner in der Größenordnung. Als Abfindung hat sie einen Sitz im Parlament bekommen. Wir brauchen also nur rauszukriegen, mit wem sie's getrieben hat. Wenn wir das erst mal haben, brauchen wir dem Kerl nur noch so lang die Hölle heiß zu machen, bis er auspackt, und schon haben wir unsere Story. Dann haben wir nämlich die Verbindung zwischen dem hier« - er schwenkte die Geburtsurkunde -»und dem Tod der Kleinen.« »Charlotte«, sagte Luxford.
»Was?«
»Das Kind hieß Charlotte.«
»Ach so. Richtig. Ja, Charlotte.« Corsico kritzelte in sein Heft.
Luxford legte seine Fingerspitzen auf den Entwurf der ersten Seite und schob ihn leicht herum, so daß er ganz gerade auf seinem Schreibtisch zu liegen kam. In der Stille waren die Geräusche aus dem Nachrichtenraum plötzlich überlaut zu hören. Telefonläuten, Gelächter, ein einzelner Ruf: »Mensch! Hat niemand 'ne Kippe für mich? Sonst fall' ich auf der Stelle tot um.«
Ja, tot, dachte Rodney. Er wußte genau, was jetzt kommen würde. So genau, wie er wußte, daß er sich sofort nach dieser Besprechung
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