Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
08 - Im Angesicht des Feindes

08 - Im Angesicht des Feindes

Titel: 08 - Im Angesicht des Feindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
Vom Netzwerk:
auf. Barbara war unter denen, die zur Generalstabskarte stürzten. Frank deutete mit einem Zeigefinger, unter dessen Nagel ein Senfrand saß, auf den genauen Ort.
    »Da.« Er wies auf einen Knick in der Landstraße, die von dem Dorf Coate in nördlicher Richtung nach Bishop's Canning führte. Auf der Landstraße waren es fünfeinhalb Kilometer von Spaniel's Bridge bis zu der Stelle, wo Charlotte Bowens Leiche im Wasser gefunden worden war; knapp zweieinhalb Kilometer zur selben Stelle, wenn man Feldwege, Fahrwege und Fußpfade benutzte, anstatt sich auf die kurvenreiche Landstraße zu verlassen. »Der Kerl behauptet, er habe keine Ahnung, aber wir haben alles, was wir brauchen, in der Hand, und jetzt wird er erst mal durch die Mangel gedreht.«
    »Gut.« Sergeant Stanley rieb sich die Hände. »Welcher Vernehmungsraum, haben Sie gesagt?«
    »Drei.« In verächtlichem Ton fügte Frank hinzu: »Der Kerl schlottert vor Angst, Sergeant. Dem brauchen Sie nur noch einen kleinen Tritt zu geben, dann klappt er zusammen, das schwör' ich.«
    Sergeant Stanley straffte die Schultern, bereit, die Aufgabe in Angriff zu nehmen. Barbara sagte: »Was haben Sie denn überhaupt gefunden?« Ihre Frage ging unter. Stanley marschierte zur Tür. In Barbara begann es zu kochen. So haben wir nicht gewettet, dachte sie. »Augenblick mal, Reg«, sagte sie scharf zu Stanley, und als der sich absichtlich langsam umdrehte, fügte sie hinzu: »Frank, Sie haben gesagt, wir hätten alles, was wir gegen den Mann brauchen ... wie heißt er eigentlich?«
    »Short. Howard Short.«
    »Gut. Und was haben Sie gegen Howard Short in der Hand?«
    Frank sah Sergeant Stanley an und wartete auf Anweisung. Stanley antwortete mit einem kurzen, ruckartigen Anheben seines Kinns. Die Tatsache, daß der Constable es für nötig hielt, sich erst bei Stanley eine Genehmigung zu holen, machte Barbara wütend, aber sie beherrschte sich und wartete schweigend auf seine Antwort.
    »Die Schuluniform«, erklärte der Constable. »Dieser Short hatte sie in seiner Werkstatt. Er habe sie nur als Lumpen benützen wollen, behauptet er. Aber innen ist ein Etikett eingenäht, auf dem dick und fett der Name der kleinen Bowen steht.«
    Sergeant Stanley entsandte ein Spurensicherungsteam zu Howard Shorts Werkstatt außerhalb von Coate. Er machte sich auf den Weg zu Vernehmungszimmer drei. Barbara lief ihm hinterher und holte ihn ein. »Ich brauche ein zweites Team in Ford«, sagte sie. »Dort ist ein Taubenhaus -«
    »Ein Taubenhaus?« Stanley blieb stehen. »Sagten Sie Taubenhaus?«
    »Wir haben eine Bandaufnahme von dem Kind«, erklärte sie ihm, »die ein oder zwei Tage vor seinem Tod gemacht wurde. Darauf beschreibt es den Ort, wo es festgehalten wird. Das Taubenhaus entspricht der Beschreibung. Ich möchte, daß da ein erkennungsdienstliches Team hinfährt. Auf der Stelle.«
    Stanley neigte sich zu ihr hinunter. Zum erstenmal sah sie, daß er ein wahrhaft unattraktiver Mensch war. Aus dieser Nähe konnte sie die eingewachsenen Barthaare an seinem Hals erkennen und die Aknenarben rund um seinen Mund.
    »Das klären Sie mal mit unserem Chef«, sagte er. »Ich schick' doch nicht unsere Spurensicherungsleute durch die Weltgeschichte, nur weil Sie's gerade juckt.«
    »Sie tun, was ich Ihnen sage«, entgegnete Barbara. »Wenn nicht -«
    »Was dann? Wollen Sie mir dann auf die Schuhe kotzen?«
    Sie packte ihn bei der Krawatte. »Um Ihre Schuhe brauchen Sie keine Angst zu haben«, sagte sie kalt, »eher schon um Ihre Eier. Also, ist jetzt klar, wer was tut?«
    Er blies ihr seinen nach kaltem Tabak riechenden Atem ins Gesicht. »Regen Sie sich ab«, sagte er leise.
    »Ach, gehen Sie doch zum Teufel«, versetzte sie. Mit einem Stoß gegen seine Brust ließ sie seine Krawatte los. »Ich gebe Ihnen einen guten Rat, Reg. Lassen Sie sich nicht auf einen Kampf ein, den Sie doch nicht gewinnen können. Nehmen Sie Vernunft an und kapieren Sie das endlich, bevor ich Sie von dem Fall abziehen lasse.«
    Er zündete sich mit seinem obszönen Feuerzeug eine Zigarette an. »Ich muß jetzt zu einer Vernehmung.« Er sprach mit der Selbstsicherheit eines Mannes, der in seiner Truppe zu lange das Sagen gehabt hatte. »Wollen Sie mitkommen?« Damit drehte er sich um und ging durch den Korridor weiter.
    »Bringen Sie uns Kaffee«, rief er einer Schreibkraft zu, die mit ihrem Block in der Hand vorbeieilte.
    Barbara drängte ihren Zorn zurück. Sie wäre Stanley am liebsten in das narbenzerfressene Gesicht

Weitere Kostenlose Bücher