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08 - Im Angesicht des Feindes

08 - Im Angesicht des Feindes

Titel: 08 - Im Angesicht des Feindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Wagen aus. Wir müssen jetzt dringend nach Marylebone.«

    Zumindest seiner geographischen Lage nach erwies sich das Knabeninternat Baverstock nicht, wie Barbara gehofft hatte, als Dreh- und Angelpunkt des Falles Bowen. Es war zwar in der Nähe des Fundorts der Leiche und des Verstecks, in dem Charlotte festgehalten worden war. Aber das Anwesen stieß nicht, wie sie gemutmaßt hatte, an das Grundstück, auf dem die Windmühle stand. Vielmehr war das Internat gleich außerhalb von Wootton Cross, umgeben von riesigen Ländereien, die früher einmal zum Besitz eines Weizenbarons gehört hatten.
    Robin hatte ihr das alles bereits in der vergangenen Nacht auf der Rückfahrt nach Wootton Cross erklärt. Sie würden direkt am Tor zu Baverstock vorbeikommen, hatte er gesagt und ihr wenig später das Tor gezeigt - ein gewaltiges schmiedeeisernes Ding, dessen Flügel in zwei stolzen, von Falken gekrönten Pfeilern verankert waren. »Was für eine Rolle spielt Baverstock denn in dieser Geschichte?« hatte er wissen wollen.
    »Das ist mir selbst nicht klar.« Seufzend zündete sie sich eine Zigarette an. »Es war nur ein Gedanke von mir ... Einer unserer Verdächtigen in London ist ein ehemaliger Baverstock-Schüler. Luxford. Der Journalist.«
    »Da muß er aber schon zu den ganz feinen Leuten gehören«, hatte Robin gesagt. »Nach Baverstock kommt man nur rein, wenn man ein Stipendium oder die richtige Blutgruppe hat.«
    Sein Ton weckte bei Barbara den Eindruck, daß er von diesen Schulen die gleiche Meinung hatte wie sie.
    »Und Sie hatten wohl nicht die richtige?« sagte sie.
    »Ich war auf der Dorfschule. Und danach auf der Gesamtschule in Marlborough.«
    »Also keine Ehemaligen von Baverstock in Ihrem Stammbaum?«
    Er warf ihr einen kurzen Blick zu und sagte einfach: »Meinen Stammbaum gibt's gar nicht, Barbara. Wenn Sie wissen, was ich meine.«
    Das wußte sie tatsächlich. Sie hatte ihr Leben nicht umsonst in England verbracht. Ihre eigenen Vorfahren waren, gesellschaftlich gesehen, so bedeutend wie Staubkörnchen, wenn auch nicht ganz so zahlreich. »Meine Familie«, sagte sie, »geht bis zur Magna Charta und noch weiter zurück, aber zum Angeben ist da nichts dabei. Da hat sich nie einer durchgebissen, weil sie nie was zu beißen hatten.«
    Robin lachte leise und warf ihr wieder einen Blick zu. Die Bewunderung darin war schwer zu übersehen. »Das hört sich an, als machte es Ihnen gar nichts aus, ein Niemand zu sein.«
    »Ich bin der Meinung, daß man nur dann ein Niemand ist, wenn man sich selbst so sieht.«
    In Lark 's Haven waren sie ihrer Wege gegangen, Robin ins Wohnzimmer, wo seine Mutter trotz der späten Stunde noch auf ihn gewartet hatte, Barbara nach oben in ihr Zimmer, um in ihr Bett zu kriechen. Aber sie hörte noch, wie Corrine sagte:
    »Robbie, Celia war heute abend nur hier, weil -« und Robin sie mit den Worten unterbrach: »Keine Diskussion über Celia. Beschäftige du dich mit Sam Corey und nicht mit mir.« Corrine quittierte das mit einem weinerlichen »Aber Bübel«, worauf Robin scharf erwiderte: »Bübel ist Sam, Mama, oder hattest du das vergessen?«
    Bevor Barbara einschlief, dachte sie noch, wie glücklich Robin über die Erlösung sein mußte, die Sam Coreys Verlobung mit seiner Mutter verhieß. Und sie dachte es wieder am folgenden Morgen, als sie nach ihrem Telefongespräch mit Lynley die drei - Sam Corey, Corrine und Robin - im Eßzimmer vorfand.
    Corrine und Sam saßen über irgendein Boulevardblatt gebeugt, und Corrine sagte gerade mit ihrer pfeifenden Stimme:
    »Stell dir das nur vor, Sammy. Mein Gott, mein Gott!« Sam hielt ihre Hand und rieb ihr den Rücken, als wollte er ihr beim Atmen helfen, und schüttelte dabei die ganze Zeit düster den Kopf über die Enthüllungen der Zeitung. Es war die Source, wie Barbara sah. Sam und Corrine lasen gerade das Bekenntnis, das Dennis Luxford verfaßt hatte, um seinen Sohn zu retten.
    Robin war dabei, das Frühstücksgeschirr auf ein Tablett zu stapeln. Als er fertig war und das Tablett in die Küche trug, folgte Barbara ihm. Es war besser, an der Spüle zu essen, als das Frühstück in Gegenwart der beide Turteltauben hinunterzuschlingen, denen es wahrscheinlich sowieso lieber war, wenn man sie allein ließ.
    Robin ging zum Herd und erhitzte eine Pfanne, vermutlich für ihre Eier. Sein Gesicht war verschlossen und unzugänglich, ganz anders als am vergangenen Abend bei ihren freundschaftlichen Gesprächen. Seine Worte schienen die Veränderung

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