08 - Im Angesicht des Feindes
wie zwei mißtrauische Ringer, die einander abtasten, und dann enthüllte Barbara den Grund ihres Besuchs.
Sie erzählte Celia von der Entdeckung von Charlotte Bowens Schuluniform - wo sie gefunden worden war und wie - und stellte fest, daß Celias Gesicht sich entspannte. Der Ausdruck mißtrauischer Wachsamkeit wich Überraschung. Barbara nahm das Foto Dennis Luxfords aus ihrer Tasche, als sie zum Schluß kam, und sagte: »Ich würde deshalb gern wissen, ob dieser Mann Ihnen bekannt vorkommt. Haben Sie ihn vielleicht auf dem Basar gesehen? Oder irgendwann vor dem Basar in der Nähe der Kirche?«
Sie schob das Foto über den Tisch. Celia stellte ihre Teetasse ab und strich das Bild erst einmal glatt. Ihre Hände auf die beiden Seitenränder gedrückt, sah sie es sich aufmerksam an. Dann schüttelte sie den Kopf. »Ist das an seinem Kinn eine Narbe?« fragte sie.
Barbara selbst war die Stelle noch gar nicht aufgefallen. Sie sah sie sich an. Celia hatte recht. »Ja, ich denke schon.«
»An die Narbe würde ich mich bestimmt erinnern«, erklärte Celia. »Ich habe ein ganz gutes Gedächtnis für Gesichter. Es kommt hier bei den Kunden immer gut an, wenn man sie mit Namen anspricht. Meistens präge ich mir irgendeine Besonderheit als Eselsbrücke ein. Ich hätte mir diese Narbe ganz sicher gemerkt.«
Barbara wollte lieber nicht wissen, was Celia sich in ihrem Fall für eine Besonderheit gemerkt hatte, aber sie hielt es doch für gut, einen kleinen Gedächtnistest zu machen. Sie nahm ein Foto von Howard Short heraus, das sie aus der Dienststelle mitgenommen hatte, und fragte Celia, ob sie diesen Mann wiedererkenne.
Diesmal kam die Antwort prompt. »Ja, er war bei uns an der Ramschbude«, sagte sie und fügte mit entwaffnender Aufrichtigkeit, die ihren Eltern sicher sehr gefallen hätte, hinzu:
»Aber ich hätte ihn sowieso erkannt. Das ist Howard Short. Seine Großmutter kommt zu uns in die Kirche.«
Sie trank einen Schluck Tee. Barbara stellte fest, daß sie überhaupt nicht schlürfte, obwohl der Tee noch heiß war. Es ging eben nichts über eine gute Erziehung.
»Er ist ein sehr netter Junge«, bemerkte Celia, als sie Barbara das Foto zurückgab. »Er hat sich doch nicht in Schwierigkeiten gebracht?«
Barbara dachte, daß Celia nicht viel älter sein könne als Howard Short, und fand es etwas gönnerhaft von ihr, ihn als »netten Jungen« zu bezeichnen. Aber sie erwiderte nur: »Im Moment sieht es aus, als wäre er in Ordnung, auch wenn wir bei ihm die Schuluniform gefunden haben.«
»Bei Howard?« rief Celia ungläubig. »O nein, der kann unmöglich etwas mit dem Tod dieses kleinen Mädchens zu tun haben.«
»Das behauptet er auch. Er sagt, die Uniform sei unter den Lumpen in einem der Säcke gewesen, die er an Ihrer Bude gekauft hat.«
Celia bestätigte Howard Shorts Aussage, daß er die Lumpen bei ihr gekauft habe. Sie bestätigte aber auch, was ihre Mutter über die Herstellung und Aufbewahrung der Lumpen gesagt hatte. Dann beschrieb sie Barbara noch die Ramschbude selbst, die eigentlich weniger eine Bude als ein Stand sei. Auf den Seiten stünden Kleiderstangen, an denen gebrauchte Kleidungsstücke hingen, vorn stünden Tische mit gefalteten Textilien und Schuhen - »Von denen verkaufen wir allerdings nie viele«, bekannte sie -, und die Plastiksäcke mit den Lumpen befänden sich in einem großen Karton in der hintersten Ecke des Standes. Man brauchte nicht groß auf sie aufzupassen, denn es waren ja nur Lumpensäcke. Wenn wirklich einer von ihnen gestohlen wurde, war das für die Kirche kein großer Verlust, aber daß jemand eine Wohltätigkeitsveranstaltung wie den alljährlichen Basar von Stanton St. Bernard dazu benutzt habe, ein Kleidungsstück loszuwerden, das mit einem Mord zu tun hatte, sei natürlich ein trauriger Gedanke.
»Es könnte also jemand die Uniform in einen Sack gesteckt haben, ohne daß das an der Kasse jemand gemerkt hätte?« fragte Barbara.
Celia mußte zugeben, daß das möglich war. Unwahrscheinlich, aber möglich. Die Ramschbude gehörte jedes Jahr zu den großen Attraktionen des Basars. Mrs. Ashley Havercombe aus Wyman Hall in der Nähe von Bradford-on-Avon steuerte stets großzügige Spenden aus ihrer eigenen Garderobe bei, und es gab immer gleich zu Beginn des Basars einen großen Ansturm auf diese Sachen. In dieser Zeit hätte leicht jemand ... Ja, es war möglich.
»Aber diesen Mann haben Sie nicht gesehen? Da sind Sie ganz sicher?«
Celia war sicher. Aber sie
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