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08 - Im Angesicht des Feindes

08 - Im Angesicht des Feindes

Titel: 08 - Im Angesicht des Feindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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in den Abendnachrichten zitiert zu werden: »Wir haben sie gewählt; wir behalten sie. Fürs erste.« Und seit diese beiden Parteipriester das Urteil über ihr weiteres Schicksal gesprochen hatten, gierten die Reporter danach, ihre Reaktion festzuhalten, sei es in Worten oder in Bildern. Beides wäre recht gewesen.
    Sie fragte den Beamten am Steuer des Golf nicht, ob die Presseleute wußten, daß sie in New Scotland Yard mit Dennis Luxford zusammengetroffen war. Es spielte sowieso kaum noch eine Rolle. Ihre Verbindung zu Luxford war schon in dem Moment Schnee von gestern geworden, als seine Zeitung sie der Öffentlichkeit zum Fraß vorgeworfen hatte. Das einzige, was für die Boulevardjournalisten zählte, war, der Story irgendeinen neuen, aufregenden Aspekt abzugewinnen. Luxford hatte sämtliche Zeitungen in London ausgetrickst, und es gab von Kensington bis zur Isle of Dogs nicht einen einzigen Redakteur, der seinen Leuten das nicht einhämmerte. Bis zu dem Augenblick also, wo die nächste Sensationsnachricht das Interesse der Öffentlichkeit erregte, würde die Meute sie jagen, um irgendwie auch noch ein Knöchelchen zu schnappen. Sie konnte versuchen, sie zu überlisten, aber sie konnte nicht hoffen, daß sie Erbarmen zeigen würden.
    Für morgen hatten sie dank dem Premierminister und dem Vorsitzenden der Bezirksgruppe von Marylebone mehr als genug für eine saftige Story. Sie hatten so viel, daß ihr gegenwärtiges Bemühen, Eve Bowen auf den Fersen zu bleiben, eigentlich überflüssig war. Aber es bestand ja immer die Chance, daß ein kleiner zusätzlicher Leckerbissen abfallen würde. Und sie würden sich bestimmt keine Gelegenheit entgehen lassen, noch eine Schaufel Dreck auf ihr Grab zu werfen.
    Der Constable bemühte sich immer noch, die Verfolger abzuschütteln. Er kannte sich in Westminster so gut aus, daß Eve sich fragte, ob er vielleicht früher einmal Taxifahrer gewesen war. Aber dem vierten Stand war er dennoch nicht gewachsen. Als die Reporter trotz all seiner Manöver spitzbekamen, daß er in Richtung Marylebone fuhr, riefen sie einfach ihre Kollegen an, die sich an der Devonshire Place Mews die Füße vertraten. Kein Wunder, daß Eve, als der Golf schließlich von der Marylebone High Street abbog, von einer brüllenden Phalanx mit Fotoapparaten und Notizblöcken bewaffneter Individuen empfangen wurde.
    Eve hatte, wie das von einer Angehörigen der Konservativen Partei erwartet wurde, stets ihre Sympathien für die königliche Familie bekundet. Trotz ihrer heimlichen inneren Überzeugung, daß diese Leute eine hirnlose Gesellschaft waren, die nur die Wirtschaft belastete, ertappte sie sich jetzt bei dem Wunsch, einer von ihnen - ganz gleich wer - hätte heute irgendein Stückchen geliefert, das die Presse angelockt hätte. Irgend etwas, damit sie selbst sie loswurde.
    Die Devonshire Place Mews war immer noch abgesperrt. Der Zugang wurde von einem Constable bewacht, der dafür sorgte, daß ihr Haus unbehelligt blieb. Trotz ihres Rücktritts und ganz gleich, was in den nächsten Tagen auf diesen Rücktritt folgen würde, würde die Straße abgesperrt bleiben, bis der ganze Aufruhr sich legte. Das immerhin hatte Sir Richard Hepton ihr versprochen. »Ich werfe die Meinen nicht den Wölfen zum Fraß vor«, hatte er erklärt.
    Nein. Er warf sie nur in Richtung der Wölfe, dachte Eve. Aber so war nun mal die Politik.
    Der Fahrer fragte sie, ob er sie ins Haus begleiten solle. Um für ihre Sicherheit zu sorgen, sagte er. Sie antwortete ihm, das sei nicht nötig. Ihr Mann erwarte sie. Zweifellos hatte er das Schlimmste schon gehört. Sie wollte nur noch allein und ungestört sein.
    Sie hörte das rasende Klicken der Kameras, als sie geduckt vom Wagen zur Haustür rannte. Die Reporter hinter der Absperrung schrien ihr Fragen hinterher, aber ihre Stimmen vermischten sich mit den Verkehrsgeräuschen der Hauptstraße und dem Lärmen der Gäste des Devonshire Arms, die draußen vor dem Pub ihr Bier kippten. Sie ignorierte es alles. Und sobald sie die Haustür hinter sich zugeschlagen hatte, hörte sie es auch nicht mehr.
    Sie legte die Riegel vor. Sie rief: »Alex?« und ging in die Küche. Auf ihrer Uhr war es genau fünf Uhr achtundzwanzig. Die Teezeit war vorüber, zum Abendessen war es noch zu früh. In der Küche stand weder schmutziges Geschirr von einer eingenommenen Mahlzeit, noch war etwas für den Abend vorbereitet. Nun, das machte nichts. Sie war sowieso nicht hungrig.
    Sie stieg die Treppe hinauf in

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