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08 - Im Angesicht des Feindes

08 - Im Angesicht des Feindes

Titel: 08 - Im Angesicht des Feindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Blick zu gönnen, sagte sie: »Gehen Sie zum Abendessen. Ich brauche Sie erst um acht wieder.« Zu St. James gewandt, fügte sie hinzu: »Bitte, kommen Sie« und führte ihn in ihr Zimmer.
    Sie ging direkt zu einer Kredenz hinter dem großen Schreibtisch in der Mitte des Zimmers und goß sich aus einer Thermosflasche Wasser in einen Plastikbecher. Sie kramte in einer Schreibtischschublade, nahm ein Fläschchen mit Aspirin heraus, schüttete vier Tabletten in ihre Hand. Nachdem sie sie geschluckt hatte, ließ sie sich in den grünen Ledersessel hinter dem Schreibtisch sinken, nahm ihre Brille ab und sagte:
    »Also?«
    St. James berichtete ihr zuerst, was Helen und Deborah bei ihrem Streifzug durch Marylebone ausfindig gemacht hatten. Er hatte sich um fünf Uhr im Rising Sun Pub mit ihnen getroffen. Wie er hatten auch sie den Eindruck, daß die Informationen, die sie gesammelt hatten, sich zu einem Muster zusammenzufügen begannen, das ihnen vielleicht den Weg zu Charlotte Bowen zeigen würde.
    In mehr als einem Geschäft war das kleine Mädchen anhand der Fotografie erkannt worden. »Ein richtiges kleines Plappermaul« oder »Redet wie ein Buch, die Kleine« lautete das allgemeine Urteil über sie. Zwar hatte niemand ihren Namen gewußt, die Leute jedoch, die sie erkannten, konnten immerhin mit einiger Gewißheit sagen, wann sie sie zuletzt gesehen hatten. Und im California Pizza in der Blandford Street ebenso wie im Chimes Musikladen in der Marylebone High Street und dem Golden Hind Fish & Chips in der Marylebone Lane hatte man sogar ganz genau angeben können, wann die Kleine das letztemal dagewesen war. In der Pizzeria und im Musikgeschäft war Charlotte in Begleitung eines anderen kleinen Mädchens von der St.-Bernadette-Grundschule gewesen, das gar nichts dagegen gehabt hatte, daß Charlotte eine ganze Handvoll Fünf-Pfund-Noten für sie ausgegeben hatte: hier eine Pizza und eine Cola und dort mehrere CDs. Das war am Montag und am Dienstag vor Charlottes Verschwinden gewesen. Im Golden Hind - dem Laden, der dem Haus des Musiklehrers am nächsten war, daher vermutlich auch dem Ort von Charlottes Entführung am nächsten - erfuhren sie, daß das kleine Mädchen mittwochs regelmäßig vorbeikam. Sie pflegte eine Handvoll klebriger Münzen über die Theke zu schieben und stets das gleiche zu bestellen: eine Tüte Fritten und eine Cola. Sie übergoß die Fritten immer mit so viel Essig, daß einem Geschöpf mit empfindsamen Geschmacksnerven schon beim Zuschauen übel wurde, und nahm sie mit, um sie unterwegs zu essen. Auf die Frage, ob Charlotte bei den Einkäufen in Begleitung eines anderen Mädchens gewesen sei, sagte der Ladeninhaber zuerst nein, dann ja, dann vielleicht und erklärte schließlich, mit Sicherheit könne er gar nichts sagen, weil sich jeden Tag nach der Schule das »ganze kleine Volk« in seinem Laden herumdrücke und er dieser Tage nicht mal die Mädchen von den Jungen unterscheiden, geschweige denn erkennen könne, wer nun mit wem da sei.
    In der Pizzeria und im Musikgeschäft hatten Helen und Deborah jedoch eine Beschreibung des Mädchens erhalten, das Charlotte an den Nachmittagen vor ihrem Verschwinden begleitet hatte. Sie hatte krauses Haar, trug mit Vorliebe knallrote Mützen oder neonfarbene Stirnbänder, hatte ein sommersprossiges Gesicht und abgekaute Fingernägel. Und wie Charlotte trug sie die Uniform der St.-Bernadette-Grundschule.
    »Wer ist das?« fragte Eve Bowen. »Und wieso treibt sich Charlotte mit ihr herum, wenn sie eigentlich in der Tanzstunde oder ihrer Therapie sein sollte?«
    Vermutlich, antwortete St. James, sei Charlotte meist vor ihren Terminen mit dem Mädchen zusammen. In beiden Geschäften hatte man bestätigt, daß die Mädchen in der halben Stunde unmittelbar nach Schulschluß gekommen waren. Bei der Freundin handle es sich um Brigitta Walters. Ob Eve Bowen sie kenne?
    Die Staatssekretärin verneinte. Sie hatte das Mädchen nie gesehen. Sie erklärte, sie selbst habe so selten Gelegenheit, sich Charlotte zu widmen, daß sie es, wenn die Zeit es erlaube, vorziehe, mit ihrer Tochter allein oder mit ihrer Tochter und ihrem Mann zusammen etwas zu unternehmen, nicht aber in Gesellschaft der Freundinnen ihrer Tochter.
    »Dann werden Sie wahrscheinlich auch Breta nicht kennen«, sagte St. James.
    »Breta?«
    Er berichtete, was er über diese Freundin Charlottes wußte.
    »Zunächst«, sagte er, »glaubte ich, Breta und Brigitta seien ein und dieselbe, da Mr. Chambers uns

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