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08 - Im Angesicht des Feindes

08 - Im Angesicht des Feindes

Titel: 08 - Im Angesicht des Feindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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gesagt hatte, daß Breta Charlotte im allgemeinen zu ihrer Musikstunde begleitet.«
    »Aber es sind zwei verschiedene Mädchen?«
    Zur Antwort erzählte St. James ihr von seinem Besuch bei Brigitta, die mit einer dicken Erkältung in ihrem Zuhause in der Wimpole Street im Bett gelegen hatte. Er hatte im Beisein der kraushaarigen Großmutter, die wie ein argwöhnischer Anstandswauwau in einem Schaukelstuhl in der Ecke gesessen hatte, mit dem Mädchen gesprochen. Sobald er sie sah, wußte er, daß dies das Mädchen war, mit dem Charlotte in der Pizzeria und im Musikgeschäft gesehen worden war. Ihr Haar war so kraus wie frisch geschorene Wolle, ihr Stirnband neongrün, und sie kaute mit der verbissenen Hingabe einer PerformanceKünstlerin auf ihren Fingernägeln. Sie hielt nur inne, wenn eine seiner Fragen eine Antwort erforderte.
    Anfangs hatte er geglaubt, er hätte sein Ziel erreicht und Breta gefunden. Aber sie war nicht Breta, und Breta war kein Spitzname von ihr. Sie habe überhaupt keine Spitznamen, teilte sie ihm mit. Sie sei nach ihrer Großtante benannt, die Schwedin war und mit ihrem vierten Mann, sieben Windhunden und massenhaft Geld, viel mehr, als Lottie Bowen je gehabt habe, in Stockholm lebte. Brigitta besuchte sie mit ihrer Oma jedes Jahr in den Sommerferien. Und hier sei ein Foto von Tantchen, wenn es ihn interessiere.
    St. James hatte das Mädchen gefragt, ob sie Breta kenne. Ja, das sei eine Freundin von Lottie, die auf eine der staatlichen Schulen in Marylebone gehe, vertraute sie ihm mit einem vielsagenden Blick in Richtung ihrer Großmutter an, wo sie normale Lehrer hätten, die wie normale Menschen angezogen seien, und nicht so uralte Schachteln, die beim Reden sabberten.
    »Haben Sie eine Ahnung, welche Schule das sein könnte?« fragte St. James Eve Bowen.
    Sie überlegte. »Es könnte die Geoffrey-Shenkling-Schule sein«, antwortete sie. Das sei eine Grundschule am Crawford Place, nicht weit von der Edgware Road. Die Abgeordnete meinte, es sei durchaus wahrscheinlich, daß St. James Breta dort finden würde, denn Charlotte hätte diese Schule selbst gern besucht. »Sie wollte von Anfang an lieber auf die Shenkling-Schule gehen als auf die St. Bernadette. Tatsächlich will sie das immer noch. Ich bin sicher, sie macht viele Dummheiten nur, weil sie hofft, daß die Nonnen sie dann hinauswerfen und ich sie auf die Shenkling-Schule schicke.«
    »Ja, Schwester Agnetis hat mir schon erzählt, daß Charlotte erst neulich einen kleinen Aufruhr verursacht hat, als sie mit Ihren Kosmetika zur Schule kam.«
    »Sie geht dauernd an meine Schminksachen. Oder an meine Kleider.«
    »Und das gibt dann Streit?«
    Die Staatssekretärin rieb sich die Stirn, als wollte sie die Kopfschmerzen vertreiben. Sie setzte ihre Brille wieder auf.
    »Es ist nicht leicht, sie unter Kontrolle zu halten. Ihr liegt offenbar überhaupt nichts daran, zu gefallen oder brav zu sein.«
    »Schwester Agnetis erzählte mir, daß Charlotte dafür bestraft wurde, daß sie Ihre Kosmetika genommen hatte. Sie sagte ›streng bestraft‹.«
    Eve Bowen sah ihn ruhig an, ehe sie antwortete. »Ich lasse meiner Tochter Ungehorsam nicht durchgehen, Mr. St. James.«
    »Wie reagiert sie im allgemeinen auf Strafe?«
    »Sie spielt die Beleidigte. Und danach läßt sie sich meistens neue Dummheiten einfallen.«
    »Ist sie schon einmal weggelaufen? Oder hat sie damit gedroht, es zu tun?«
    »Ich sehe, daß Sie einen Ehering tragen. Haben Sie Kinder? Nein? Nun, wenn Sie welche hätten, wüßten Sie, daß ein Kind, das von seinen Eltern wegen irgendeiner Ungezogenheit bestraft wird, ihnen meist damit droht, daß es weglaufen würde. Nach dem Motto, wartet nur, wenn ich nicht mehr da bin, dann wird's euch leid tun.«
    »Wie kann Charlotte mit diesem anderen kleinen Mädchen - Breta - bekannt geworden sein?«
    Eve Bowen stand auf. Mit verschränkten Armen ging sie zum Fenster. »Mir ist natürlich klar, worauf Sie hinauswollen. Charlotte erzählt Breta, daß ihre Mutter sie schlägt - wie ich meine Tochter kenne, würde sie fünf kräftige Klapse auf den Hosenboden so beschreiben, die sie im übrigen erst bekommen hat, nachdem sie das drittemal meinen Lippenstift genommen haue. Breta meint daraufhin, das beste wäre es, Mama einmal richtig zu erschrecken, und die beiden brennen durch und warten, bis Mama ihre Lektion gelernt hat.«
    »Es ist eine Möglichkeit, die wir in Betracht ziehen sollten. Kinder handeln oft unbedacht, ohne zu begreifen, wie ihr

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