Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
08 - Old Surehand II

08 - Old Surehand II

Titel: 08 - Old Surehand II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
entschließen.“
    „Señor, Sie sind ein Ehrenmann!“ sagte die Mexikanerin warm.
    „Ich tue nur, was ich muß, und unterlasse alles Unrecht.“
    „Ihr Bruder ist so arm?“
    „Ja. Er ist ein Seemann, der es wohl nie zu einer Selbständigkeit bringen kann, so lange er auf seine eigne Kraft angewiesen ist. Ich selbst besitze nur eine kleine Summe, welche ich aus dem Ertrag meiner Jagdstreifereien gelöst habe.“
    „Sie besitzen mehr!“ sagte sie.
    „Da möchte ich doch fragen!“
    „Sollte ein ‚Donnerpfeil‘ wirklich so arm sein? Gibt es nicht Reichtümer, welche mit dem Besitz des Goldes nichts zu tun haben? Der Besitz von Gold und Silber macht nicht den Wert des Menschen aus. Die wahren Schätze ruhen im Herzen: der Glaube an Gott, die Liebe zum Nächsten und das Bewußtsein, stets seine Pflicht erfüllt zu haben. Doch kommen Sie; ich muß Vater noch gute Nacht sagen!“
    Sie entfernten sich. Da schlich sich Tecalto wieder fort und schwang sich wieder über die Palisaden. Draußen murmelte er leise vor sich hin: „Uff, uff! Was habe ich da gehört! ‚Donnerpfeil‘ hat eine Zeichnung unseres heiligen und verborgenen Platzes! Sein Scharfsinn wird ihn zur Entdeckung des Schatzes führen. Ich müßte ihn eigentlich töten; aber er ist mein Freund und Bruder geworden und ein guter, edler Mann. Auch hat er meine Schwester Karja gerettet. Soll ich ihn vernichten, dem ich danken muß? Nein, nein! Ich werde nachdenken, und der große, gute Geist wird mir sagen, was ich machen soll.“ – – –
    Um diese Zeit saß in einem abgelegenen Tal, vielleicht zwei Stunden von der Hacienda del Erina entfernt, eine Anzahl von vielleicht zwanzig Männern um ein Feuer. Es waren lauter wilde, verwegene Gestalten, deren jedem man zutrauen konnte, daß er einen Mord oder so etwas ähnliches auf dem Gewissen habe. Das Viertel eines Kalbes briet am Spieß, und die Reste des Tieres, welche danebenlagen, bewiesen, daß man bereits seit längerer Zeit ganz tüchtig geschmaust habe.
    „Also wie wird's, Capitano?“ fragte einer mit unmutiger Stimme. „Warten wir noch länger?“
    Der Gefragte lag neben ihm auf dem Ellbogen. Er hatte ein echtes Banditengesicht, und sein Gürtel strotzte von Waffen.
    „Wir warten“, sagte er finster und bestimmt.
    „Aber wie lange noch?“
    „So lange es mir gefällt.“
    „Oho, ich habe es satt!“
    „Schweig!“
    „Du wirst mir wohl erlauben zu reden. Wir liegen bereits seit vier Tagen hier und wissen nicht, ob man uns nur für Narren hält.“
    „Hälst du dich für einen Narren, so habe ich nichts dagegen. Wie ich mit mir daran bin, das weiß ich glücklicherweise ganz genau.“
    „Aber wie wir mit diesem sogenannten Grafen daran sind, weißt du das auch?“
    „Auch das weiß ich.“
    „Nun, wie denn?“
    „Er bezahlt uns gut, und wir warten also, bis er erklärt, was wir tun sollen.“
    „Das halte der Teufel aus! Was hätten wir während dieser Zeit tun und verdienen können!“
    „Schweig!“
    „Oho! Ich bin ein Mann und habe zu reden!“
    „Und ich bin der Capitano und verbiete es dir!“
    „Wer hat dich zum Capitano gemacht? Doch erst wir!“
    „Richtig! Und weil ich es nun einmal bin, so weiß ich es auch zu sein. Iß dein Fleisch und halte dein Maul, sonst kennst du die Gesetze!“
    „Du willst drohen?“ fragte der andre, indem er an das Messer griff.
    „Drohen? Nein, sondern handeln!“
    Der Capitano sagte dies im kalten, gleichgültigen Ton, aber mit einem blitzesschnellen Griff riß er die Pistole aus dem Gürtel und drückte ab. Der Schuß krachte, und der widersetzliche Sprecher stürzte mit zerschmettertem Kopf zu Boden.
    „So; das gehört dem Ungehorsam. Schafft ihn zur Seite!“
    Mit diesen Worten begann der Capitano seine Pistole gleichmütig wieder zu laden.
    Es erhob sich ein leises, mißbilligendes Gemurmel, doch verstummte es sofort, als der Hauptmann den Kopf erhob.
    „Wer murrt?“ fragte er. „Ich habe noch mehrere Kugeln. Was soll werden, wenn es keinen Gehorsam mehr gibt! Dieser Graf Rodriganda zahlt einem jeden von uns ein Goldstück für den Tag. Ist dies nicht genug? Er läßt uns warten, ja, aber er wird uns schon noch Arbeit bringen, denn eine solche Summe gibt selbst ein Graf nicht umsonst aus!“
    Die Leute beruhigten sich, und der Tote wurde zur Seite geschafft. Das Feuer warf seine ungewissen Schatten über die Gruppe. Man verzehrte den Rest des Fleisches, stellte eine Wache auf und hüllte sich dann in die Decken.
    Schon begann

Weitere Kostenlose Bücher