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08 - Old Surehand II

08 - Old Surehand II

Titel: 08 - Old Surehand II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Wahrheit zu erzählen, um dadurch eine höhere künstlerische Wirkung oder einen guten, befriedigenden Abschluß zu erzielen. Dieses letztere war bei mir der Fall. Sanders und Letrier wurden damals freilich nicht niedergemacht, sondern gefangengenommen, denn Fire-gun befahl seinen Leuten, die zu schonen, weil er sie lebendig haben wollte, und auch Euch lag sehr viel daran, Sanders lebendig in Eure Hand zu bekommen. Aber ich hatte keine Zeit; ich konnte nicht im ‚Lager‘ bleiben und ritt mit meinen Leuten schon am anderen Tag fort. Ich habe also bis zum heutigen Tage nicht gewußt, was Ihr mit den beiden angefangen habt, und da die Gerechtigkeit ihre Bestrafung erforderte, so habe ich sie einfach bei unserm Angriff im Gutter sterben lasse. Das gab einen Schluß, mit dem man zufrieden sein konnte, und so hoffe ich, daß die Gentleman hier mir die kleine Lizenz verzeihen werden.“
    Er führte Treskow an die Tafel, wo derselbe von allen Dortsitzenden willkommen geheißen wurde. Sie wollten natürlich nun hören, welche Strafe Sanders damals bekommen hatte. Natürlich war der Agent der Neugierigste unter ihnen und drang in Treskow, die Wißbegierde der Anwesenden zu stillen.
    „Oder“, fragte er, „ist's etwa Amtsgeheimnis, was nach meiner Entfernung von Sam Fire-gun geschehen ist?“
    „Gar nicht“, antwortete Treskow. „Ich kann Euch alles ganz und gern erzählen.“
    „So tut es! Fangt an, Sir, fangt an! Ihr seht, daß wir alle darauf brennen, das weitere zu hören. Also Sanders und Letrier wurden gefangengenommen, gefesselt und mit nach dem ‚Lager‘ transportiert. Früh ritt ich fort. Was geschah nachher?“
    „Wenn ich Euch das erzählen soll, muß ich erst einige Bemerkungen machen. Zunächst waren Sanders und Letrier nicht die einzigen, welche dem Tode entgingen; es gelang noch einem seiner Leute, zu entkommen, ohne daß wir es wußten; wir erfuhren es aber sehr bald, und zwar zu unserem Schaden. Er traf auf der Flucht auf eine Schar junger Ogellallahs, welche auf eigne Faust ausgezogen waren, um ihren Kriegern entgegenzureiten und dabei Gelegenheit zu finden, sich auszuzeichnen; der Sohn des gefallenen Häuptlings führte sie an. Sie trafen auf die Spuren des Kampfes; sie sahen, was geschehen war und folgten unsrer Fährte, um die Niederlage und den Tod der Ihrigen zu rächen. Dabei stieß der erwähnte Weiße zu ihnen. Er war ein schlauer Kerl, dessen Spürsinn es gelang, das Hide-spot der Trapper zu entdecken.“
    „Hide-spot? Ihr meint das ‚Lager‘, welches wir vom Gutter aus aufsuchten?“
    „Nein. Unter dem Hide-spot war ein ganz andrer Platz, ein noch viel besseres Versteck gemeint. Das ‚Lager‘ galt, so zu sagen, nur als Filiale oder als Außenfort des Hide-spot, welches eine viel größere Sicherheit gewährte und wohin die beiden Gefangenen geschafft wurden, als ihr euch von uns getrennt hattet. Das Hide-spot hatte zwei Ein- oder Ausgänge, nämlich den gewöhnlichen, den alle Mitglieder der Gesellschaft kannten, und einen anderen, den Sam Fire-gun entdeckt und bisher geheimgehalten hatte. Und grad diesen geheimen Zugang spürte der Weiße auf und verriet ihn den jungen Ogellallahs, was unsern Absichten und den Verhältnissen überhaupt eine ganz andre Wendung gab. Ihr werdet es erfahren, Mesch'schurs.
    Die zweite Bemerkung ist die, daß wir an Sanders einen noch viel bedeutenderen Fang gemacht hatten, als wir dachten. Wir glaubten, den von der Polizei so lange vergeblich gesuchten Dieb und Betrüger ergriffen zu haben; er war aber mehr, weit mehr als das.“
    „Was, Mr. Treskow? Ein Mörder?“
    „Noch mehr!“
    „Noch mehr? Etwas Schlimmeres als einen Mörder kann es doch eigentlich gar nicht geben!“
    „Hm! Hat vielleicht jemand von euch einmal von einer gewissen ‚Miß Admiral‘ gehört?“
    „‚Miß Admiral‘? ‚Miß Admiral‘? ‚Miß Admiral‘?“ wurde von mehreren ausgerufen. „Natürlich, natürlich! Wer von uns hätte nicht von diesem Frauenzimmer gehört, die ein Teufel in Menschengestalt gewesen ist!“
    „Kennt ihr ihr Ende?“
    „Ja. Sie wurde in New York aufgehängt.“
    „Und kennt ihr ihre Verbrechen?“
    Der frühere Indianeragent antwortete: „Es ist ganz unmöglich, alle ihre Verbrechen zu kennen. Sie ist das einzige Kind eines alten, originellen Seefahrers gewesen, der die Schrulle hatte, sich nicht von ihr trennen zu wollen. Er steckte sie in Knabenkleider und nahm sie auf allen seinen Reisen mit an Bord. Da lernte sie den Dienst von unten

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