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08 - Old Surehand II

08 - Old Surehand II

Titel: 08 - Old Surehand II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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wieder fesseln, ist alles verloren. Sie werden uns in einen andern Raum stecken und die Indsmen an unsrer Stelle empfangen.“
    „Sicher! Aber eine Gegenwehr ist gar nicht notwendig.“
    „Wieso?“
    „Sie wäre sogar vollständig zwecklos, da wir doch nur bezwungen würden. Der einfachste und zugleich der einzige Weg zu unsrer Rettung ist der, daß wir sofort fliehen.“
    „Aber wenn Ihr Euch irrt, Kapitän, wenn der Alte gar nichts gemerkt hätte?“
    „So wäre es ganz gleich. Sie kämen dann vor der Ankunft der Indianer ganz gewiß nicht wieder hierher, so daß unsre Flucht entdeckt und der Plan des Überfalls verraten würde. Ich mache mich davon; wir haben ja gehört, welcher Weg zu nehmen ist. Rasch, Jean, ehe es zu spät ist!“
    Sie standen von der Erde auf und befreiten sich von den Riemen; dann folgten sie dem Rauschen des Falles und fanden, allerdings erst nach einem längeren und hastigen Suchen, das Seil, an welchem sie sich hinunterließen. An der wallenden und brausenden Oberfläche des Beckens angelangt, untersuchte der vorangekletterte Sanders, sich mit den Händen fest am Seil haltend, die engen Felsenwände mit den Füßen und fand die niedere Seitenöffnung, durch welche sich die abfließenden Wellen drängten. Ein Schwung brachte ihn in dieselbe hinein; er zog das Seil fest an sich, um seinem Begleiter die Richtung zu geben. Es war ein gefährlicher Augenblick für die beiden Flüchtlinge, welche sich wegen des Tobens des Falles keine hörbare Mitteilung machen konnten; aber das mutige Unternehmen gelang, und in tief gebückter Stellung im Wasser fortwatend, gelangten sie in einigen Minuten zwar vollständig durchnäßt, aber sonst ganz wohlbehalten in das Freie.
    Hier reckten sie sich in die Höhe und blieben, von der Anstrengung einen Moment ausruhend, mit keuchendem Atem halten.
    „Hier müssen wir warten, bis die Indsmen kommen“, meinte Letrier.
    „Das geht nicht. Der Colonel würde uns verfolgen lassen, sobald er ja unsre Flucht entdeckte. Wir müssen weiter fort.“
    „Aber wir wissen das Lager der Indianer nicht!“
    „Tut nichts! Wir brauchen uns ja nicht weit zu entfernen, sondern suchen ein Versteck hier in der Nähe und warten das Weitere ruhig ab.“
    „Das Richtige ist es eigentlich, Kapitän; denn wenn wir jetzt auf die Roten treffen, so müssen wir wieder zurück, und dazu habe ich verteufelt wenig Lust. Jedenfalls ist es geratener, wir schicken die guten Leute für uns in das Feuer und sehen dann zu, wie wir auf eine praktische Weise zu den Kastanien gelangen.“
    „Ganz meine Meinung! Komm!“ Sie drangen einige Schritte weit in das Gesträuch ein und verbargen sich in dem wirren Dickicht desselben. Hier verhielten sie sich so regungslos wie möglich und lauschten mit angestrengter Aufmerksamkeit in die Nacht hinaus. Da klang ein leises Geräusch, ähnlich dem Rascheln eines kleinen Insektes, an ihr Ohr.
    „Die Indianer!“ flüsterte Sanders. Er hatte sich nicht getäuscht. Mit dem weißen Jäger und dem Sohn des Häuptlings Matto-Sih an der Spitze, nahten sie sich, einer hinter dem anderen, in einer langen, mit außerordentlicher Behutsamkeit sich vorwärts bewegenden Linie. An dem verborgenen Ausgang Halt machend, hielten sie eine kurze Beratung; dann verschwand einer nach dem anderen in der kleinen Öffnung des Wasserlaufes. Zwei aber blieben zurück, um Wache zu halten.
    Es verging eine lange, lange Zeit. Der Himmel, den man in der Finsternis vorher nicht von dem Laubdach des Waldes zu unterscheiden vermochte, begann, von demselben abzustechen; die einzelnen Stämme erst, sodann auch die Äste und Zweige ließen sich erkennen; hier und da erhob ein erwachender Vogel seinen noch schläfrigen Morgenruf – die Nacht begann dem Tag zu weichen, und die Dämmerung brach herein.
    Die zwei wachhaltenden Indianer standen regungslos am Ufer des Baches, da wo derselbe aus dem Berg trat. Sie erlitten gewiß nicht geringe Ungeduld über das unerwartet lange Verbleiben der Ihrigen, aber kein Zug ihrer jugendlichen, bronzenen Gesichter verriet dies. Sie waren schon als Knaben an die unbedingteste Selbstbeherrschung und die Überwältigung selbst der gewaltigsten Gefühle gewöhnt worden. Sie hatten ganz das Aussehen zweier auf den Lauf ihrer Büchsen gestützten und mit allen indianischen Waffen versehenen Statuen.
    Da krachten plötzlich zwei Schüsse zu gleicher Zeit, so daß sie wie ein einziger Schuß erklangen; die beiden Wachen stürzten, durch die Köpfe getroffen,

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