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08 - Old Surehand II

08 - Old Surehand II

Titel: 08 - Old Surehand II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Segel sein kann.“
    „Also hier im Hafen finden wir wirklich kein passendes Fahrzeug?“
    „Keins. Diese Holztröge schleichen wie die Schnecken und sind selbst für Geld nicht zu haben. Seht Ihr nicht, daß sie ihre Ladung löschen?“
    „Und das da draußen?“
    „Müssen es ruhig abwarten. Vielleicht geht es vorüber, vielleicht kommt es herein. Macht Euch keine Hoffnung. Auf ein Kriegsschiff kommen dreißig Kauffahrer, und diese Dinger taugen den Teufel zur Verfolgung eines Kapers, selbst wenn der Patron bereit wäre, uns das Fahrzeug zu vermieten. Der Punkt, daß es in den Grund gebohrt werden kann, wiegt schwer, macht viele Umstände und kostet ungeheures Geld.“
    „Und dennoch wird's versucht; es ist das einzige, was uns übrig bleibt. Wieviel Zeit kann vergehen, ehe das Schiff einläuft?“
    „Eine Stunde und noch mehr, vielleicht gar zwei oder drei, je nachdem es gebaut ist und befehligt wird.“
    „So haben wir Zeit. Finden wir ein Fahrzeug, so gehen wir in See; finden wir keins, so müssen wir allerdings das Resultat der Verfolgung ruhig abwarten, ehe wir uns entschließen können über das, was ferner zu tun ist. Wären wir nur zehn Minuten eher eingetroffen, so hätten wir die Halunken festgehabt. Jetzt laßt uns vor allen Dingen unsre Pferde einstellen und ein Store aufsuchen, um unsre abgerissenen Fetzen mit etwas Besserem zu vertauschen!“
    Allerdings sahen sie alle mehr Strauchdieben als ehrlichen Männern ähnlich. Sie begaben sich in ein Gasthaus, wo sie ihre Tiere versorgten und ihren eigenen Durst und Hunger stillten; dann traten sie in ein Store, wo sie alles fanden, was ihnen notwendig war.
    Darüber war einige Zeit vergangen, so daß sie nach dem Hafen zurückkehrten, um nach dem Segel auszuschauen, welches vorhin zu sehen gewesen war.
    Der Steuermann schritt voran. Als er an eine Stelle gelangte, welche einen freien Blick auf den Hafen und die Reede bot, blieb er mit einem lauten Ausruf der Überraschung stehen.
    „Behold, welch ein Segler! Da schießt er eben in den Hafen herein wie ein – mille tonnerre, sacre bleu, heiliger Schiffsrumpf, ein Klipper mit Schonertakelage, es ist die ‚Swallow‘, hurrrrrjeh, juchheisassassassa!“
    Er schlug vor Freude die sehnigen Hände zusammen, daß es wie ein Böllerschuß knallte, packte mit dem einen Arm Hammerdull, den Dicken, mit dem andern Pitt Holbers, den Dünnen, und tanzte mit ihnen im Kreis herum, daß die Menge aufmerksam wurde und die Gruppe der Jäger neugierig umringte.
    „Ob juchheisassassassa oder nicht, das bleibt sich gleich“, brüllte der sich gegen den unfreiwilligen Tanz sträubende Hammerdull; „laß mich los, du unsinniges Seeungeheuer. Was haben wir mit deiner ‚Swallow‘ zu schaffen!“
    „Was ihr damit 'zu schaffen habt? Alles, alles sage ich“, erklärte Peter Polter, die beiden Bedrängten freigebend. „Die ‚Swallow‘ ist ein Kriegsschiff und noch dazu das einzige, welches im Segeln dem ‚l'Horrible‘ überlegen ist. Und wer ist sein Kommandeur? Lieutenant Parker, den ich kenne. Ich sage euch, jetzt können uns die beiden Halunken nicht mehr entgehen; jetzt sind sie unser!“
    Die Freude des Steuermanns teilte sich allerdings auch den andern mit. Es war ja gar kein Irrtum möglich, denn unter dem Spriet des nahenden schmucken Fahrzeuges breitete eine aus Holz geschnitzte blaue Schwalbe ihre spitzen, vergoldeten Flügel aus. Lieutenant Parker mußte ein kühner, außerordentlich gewandter Seemann sein und sich vollständig auf jeden einzelnen seiner gut geschulten Leute verlassen können, denn er hatte noch nicht ein einziges Reff geschlagen, obgleich er sich schon am Eingang des Hafens befand. Tief auf der Seite liegend, flog das scharf gebaute Fahrzeug unter der schweren Last seiner Segel, wie vom Dampf angetrieben, herbei. Ein leichter Rauch stieg an seinem Vorderkastell empor; die üblichen Salutschüsse ertönten; vom Hafen aus kam die Antwort. Dann hörte man die laute, klangvolle Stimme des Befehlshabers:
    „Mann am Steuer, nach Back fall ab!“
    Das Schiff beschrieb einen kurzen, graziösen Bogen.
    „Die Reffs, Jungens. Laßt los!“
    Die Leinwand ließ den Wind fahren und fiel laut schwappend an die Masten. Das Schiff stieg nach vorn, dann hinten in die Höhe, legte sich tief auf die andre Seite, stand wieder auf und lag dann ruhig auf den breiten Ringen, welche die hereingebrochene Flut gegen die mächtigen Quadern des Quais spülte.
    „Hurra, die ‚Swallow‘, hurra!“ klang es aus

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