Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
08 - Old Surehand II

08 - Old Surehand II

Titel: 08 - Old Surehand II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
verderben?“
    „Richtig, wir müssen die Tiere zurücklassen! Aber wo?“
    „Da drüben ist ein Wildkirschengebüsch; dort sind sie sicher, wenn Ihr sie fest anhobbelt.“
    So geschah es, und dann gingen wir zu Fuß wieder vorwärts. Lincoln schritt voran; wir mußten ihn ganz unwillkürlich als unsern Führer anerkennen. Seine Vermutung hatte ihn nicht getäuscht, denn wir waren noch nicht weit vorgedrungen, so witterten wir einen brenzlichen Geruch und sahen dann auch einen hellen Rauch, der sich droben zwischen den Kronen der Bäume einen Ausweg suchte.
    Jetzt galt es, auch das kleinste Geräusch zu vermeiden. Hinter jedem Baum Deckung suchend und die Zwischenräume blitzschnell überspringend, schlichen wir uns immer näher und bemerkten nun das Feuer und elf Männer, welche sich um dasselbe gelagert hatten. Zwischen ihnen saß Mary, totenbleich, an den Händen gefesselt und mit tief zur Erde gesenktem Kopf.
    Diesen Anblick konnte ich nicht ertragen. Ohne nach der Ansicht der andern zu fragen, erhob ich das Gewehr.
    „Halt“, warnte Lincoln, „es fehlt einer und – – –“
    Da krachte aber schon mein Schuß. Die Kugel war dem Mann, auf den ich gezielt hatte, mitten in die Stirn gedrungen. Im Nu standen die andern auf den Füßen und hatten die Waffen ergriffen.
    „Feuer und dann drauf!“ kommandierte Lincoln.
    Mir galt dieser Ruf nicht mehr, denn ich hatte schon die Büchse fortgeworfen, war zu Mary hingesprungen und kniete bei ihr, um den Riemen zu durchschneiden, der ihre Hände umschlungen hielt.
    „Tim, ist's möglich!“ rief sie und schlug vor Entzücken die befreiten Arme um mich, daß ich mich kaum zu rühren vermochte.
    „Laß los, Mary, es gibt jetzt mehr zu tun!“ bat ich sie.
    Ich zog das Messer und sprang auf. Gerade vor mir schlug Lincoln einem die Axt über den Kopf, daß der Mann lautlos zusammenbrach. Es war der letzte der Elf. Man hatte von beiden Seiten nur einmal geschossen und dann zur Klinge gegriffen.
    „Tim, um Gottes Willen!“ rief in diesem Augenblick Mary und stürzte sich, nach einem Baum zeigend, an meine Brust.
    Ich warf den Blick hinüber und gewahrte den Lauf eines Gewehres, welches gerade gegen uns gerichtet war. Der Schütze stand hinter dem Stamm verborgen.
    „Das ist für das ‚three carde monte‘!“ rief eine Stimme.
    Noch ehe ich eine Bewegung machen konnte, blitzte es auf; ein schneller Ruck ging mir durch die Muskel des Oberarmes, ein Schrei von Marys Lippen: ihre Arme ließen mich los, und sie glitt zu Boden. Die Kugel war mir durch den Arm und ihr in das Herz gegangen.
    „Drauf!“ knirschte es neben mir.
    Es war der Vater. Den Büchsenkolben erhebend, stürzte er sich gegen den Stamm, ich ihm nach. Da blitzte es aus dem zweiten Lauf; eine Gestalt, die ich nicht genau erkennen konnte, eilte von dannen; der Vater lag, durch die Brust getroffen, zu meinen Füßen. Fast wahnsinnig vor Wut, stürzte ich mich dem Entfliehenden nach. Zu sehen vermochte ich ihn nicht mehr, aber die Richtung wußte ich doch. Schon nach wenigen Sprüngen kam ich an den Platz, wo sie die Pferde angehobbelt hatten. Die Tiere waren weg, und nur die Enden der rasch durchschnittenen Lassos staken an den Pflöcken in der Erde. Ich mußte erkennen, daß ich den Mann nun nicht mehr erreichen könne; er war beritten und ich nicht.
    Als ich zum Kampfplatz zurückkehrte, hatte man die beiden Leichen nebeneinander gelegt, und Lincoln war beschäftigt, sie zu untersuchen.
    „Kein Leben mehr, Mesch'schurs, keine Spur von Leben!“ sagte er.
    Ich konnte kein Wort hervorbringen, auch Fred Hammer nicht; es gibt eine Qual, die das Herz verkohlt, ohne daß nach außen ein einziger Laut zu hören ist. Lincoln erhob sich, bemerkte, daß ich wieder zurück war, und sagte zürnend zu mir:
    „Das wäre nicht geschehen, wenn Ihr mit dem Schuß bis zur rechten Zeit gewartet hättet. Ich rechne, das wenige Pulver und die kleine Kugel kosten Euch die Braut und den Vater, und es wird gut sein, wenn Ihr ein anderes Mal die Vorsicht mehr zu Rat zieht!“
    „Könnt Ihr es beweisen, Sir?“ fragte ich.
    „Beweisen? Pshaw! Nach dem Tod hört der Beweis auf! Wir mußten sie umzingeln und auf ein Zeichen unsere Büchsen alle zugleich losdrücken. Jeder von uns hatte einen Doppellauf, macht zehn Mann, ehe sie nur an Widerstand hätten denken können. Und Euren ‚three carde monte-Mann‘ hätten wir während des Umschleichens sicher auch abgefangen, so daß er nicht zum Schuß gekommen wäre!“
    „Das

Weitere Kostenlose Bücher